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Euro-Krise alarmiert das Reich der Mitte

30. August 2012

In Peking wurden Milliardenverträge geschlossen und Merkel forderte Freiheitsrechte ein: Belastet wurden die Gespräche aber vor allem durch die EU-Schuldenkrise. Premier Wen stellte Hilfe in Aussicht.

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Angela Merkel und Wen Jiabao (Foto: AP/dapd))
Angela Merkel und Wen JiabaoBild: dapd

China will die Krisenstaaten bei der Euro-Rettung durch den Ankauf weiterer Staatspapiere und durch Investitionen unterstützen - wenn die Europäer selbst ihre Anstrengungen verstärken. Das ist nicht uneigennützig: China leidet unter wegbrechenden Exporten und fürchtet den Zerfall der Eurozone. So lobte Ministerpräsident Wen Jiabao den Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel, forderte aber zugleich mehr Tempo bei der Rettung des Euro. Wen sagte, sein Vertrauen in die Eurozone sei zwar etwas gestärkt, nachdem ihm die Kanzlerin den Stand der Hilfsmaßnahmen erläutert habe. Doch die Umsetzung der Rettungspläne komme "nicht sehr zügig voran". Merkel unterstrich, sie habe ihrem Gastgeber den Willen der Euroländer versichert, alles zu tun, um Vertrauen wiederzugewinnen. Sie wolle, dass Griechenland in der Eurozone bleibe. Italien und Spanien seien auf einem intensiven Reformweg. Sie sei überzeugt, dass dies Früchte tragen werde.

Riesenauftrag an Airbus

Merkel in China: Megadeals und Menschenrechte

Am Rande der Regierungsgespräche wurden Wirtschaftsverträge in einem Umfang von mehr als sechs Milliarden US-Dollar unterschrieben. Der europäische Flugzeugbauer Airbus besiegelte den Verkauf von 50 neuen Maschinen des Typs A320 und die Fortsetzung seiner Endmontage in China. Der Flugzeugverkauf hat schätzungsweise ein Volumen von 3,5 Milliarden US-Dollar. Das Abkommen über die Verlängerung der Montage in dem dritten und einzigen außereuropäische Werk von Airbus in Tianjin südöstlich von Peking hat einen Wert von 1,6 Milliarden US-Dollar. Die Vereinbarungen mit Airbus hatten am Morgen noch am seidenen Faden gehangen. Bis zur letzten Minute war hart verhandelt worden.

Eine Vereinbarung zum Ausbau von Breitbandnetzen in China wurde auf 1,3 Milliarden US-Dollar beziffert. Weitere Abschlüsse betreffen ein neues Getriebewerk von Volkswagen (300 Millionen Euro) sowie die Montage des europäischen Hubschraubers Eurocopter in China.

Streit um Solar-Dumping

Für Probleme zwischen Deutschland und China sorgt weiterhin die Anti-Dumping-Klage europäischer und deutscher Firmen bei der EU-Kommission gegen chinesische Solarunternehmen. Merkel befürchtet bei einer Eskalation vor Gericht Nachteile für Deutschland. Sie schlug stattdessen politische Verhandlungen vor. Chinas Ministerpräsident war begeistert und sagte, dies sei der richtige Weg zur Beilegung des Handelskonflikts. Merkel kündigte an, sie werde sich mit einem entsprechenden Vorschlag an die EU-Kommission wenden.

Merkel und Wen sitzen vor Fahnen beiderLänder (Foto: dapd)
Vor den Kameras in der großen Halle des Volkes: Kanzlerin Merkel und Ministerpräsident WenBild: dapd

Herzlichkeit und Kritik

Geprägt wurden die Gespräche, trotz vieler Probleme im Detail, von einem offenen und - wie Korrespondenten berichten - herzlichen Umgangston zwischen Merkel und Wen. Die Kanzlerin sagte, die Freundschaft sei so gut, dass sie auch Differenzen und kritische Worte aushalte. So forderte Merkel Seite an Seite mit Wen öffentlich bessere Arbeitsbedingungen für deutsche und andere ausländische Journalisten - wie zuvor schon hinter verschlossenen Türen. Merkel erklärte, sie hoffe, "dass dieses Gespräch auch eine Wirkung zeigt". Wen lächelte, wollte aber zu dem heiklen Thema nichts sagen. In einer gemeinsamen Erklärung hieß es, beide Seiten wüssten um die Bedeutung der Menschenrechte. Deutschland und China wollten ihren Dialog über Rechtstaatlichkeit fortsetzen.

Es ist die sechste Chinareise Merkels seit ihrem Amtsantritt und die zweite in diesem Jahr. Diesmal ist die Kanzlerin mit ihrem halben Kabinett und Wirtschaftsvertretern angereist: Noch nie war eine so große deutsche Delegation in Peking. Das gilt als besondere Geste gegenüber dem scheidenden Ministerpräsidenten. Mit einem Generationenwechsel in der Führung gibt der 69-jährige Wen Jiabao im Herbst seinen Posten ab.

hp/qu (dpa, rtr, afp, dapd)