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Euro-Skeptiker am Bosporus

Selma Senol, Istanbul/mik26. Juli 2002

Nicht nur den Deutschen, auch den Türken fiel der Abschied von der D-Mark schwer: Bis zur Einführung des Euro waren Mark und Pfennig die Zweitwährung des Landes. Doch ganz langsam freunden sich die Türken mit Euro an.

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Noch keine Chance gegen den Dollar: der Euro in der TürkeiBild: AP

Zwischen dem 31. Dezember und dem 28. Februar hat die türkische Zentralbank rund zwei Milliarden Euro umgetauscht. Dennoch ist die neue Währung noch weit davon entfernt, zu einer Zweitwährung zu werden, wie dies bislang die D-Mark war. Der Kurs gegenüber der türkischen Lira half der neuen Währung anfangs nicht. In den ersten fünf Monaten des Jahres konnte der Euro nur moderat um rund vier Prozent zulegen. Doch seit Juni konnte der Euro an Boden gewinnen: Er schaffte die Parität zum US-Dollar und konnte auch gegenüber der Lira um etwa ein Fünftel zulegen.

Ein Grund für die schwache Anfangsresonanz sind die türkischen Anleger. Sie sind "Gewohnheitstiere" und Experimenten mit neuen Währungen abgeneigt. Deshalb war die Nachfrage nach Euro in den Wechselstuben des Landes in den ersten Monaten des Jahres gering.

Misstrauen gegenüber dem Euro

Ali Ihsan Çelebi, ein Geschäftsmann im Großen Basar von Istanbul, erklärt diesen Umstand sowohl mit dem allgemeinen Chaos während des Umtausches als auch mit dem Misstrauen gegenüber der neuen Währung. Dennoch ist er der Ansicht, dass sich der Trend seit drei Monaten dreht. Denn seit April werden in der Türkei beispielsweise auf den Preisetiketten der Importwaren auch Euro-Preise aufgeführt.

Besonders zu Beginn der Euro-Einführung habe Verwirrung geherrscht, sagt Çelebi. Jeder habe sich gefragt, wie viel wohl ein Euro in Mark oder in Francs sei. Nach diesem ersten Chaos werde an den Wechselstuben aber nun viel mehr mit Euro gehandelt.

Steigende Exporteinnahmen

Auch die türkische Wirtschaft setzt inzwischen auf den Euro. Sie hofft, dass sich die Tourismus- und Exporteinnahmen durch die Euro-Stärke erhöhen. Denn durch den Wertzuwachs der Einheitswährung in den vergangenen Wochen werden türkische Exportwaren billiger. Erste Anzeichen, dass diese Rechnung aufgeht, gibt es bereits. So legte die Zahl der Türkei-Touristen aus EU-Ländern bis Ende Mai um 2,4 Prozent zu.

Doch für die Touristik-Unternehmer ist dies erst der Anfang. Sie verweisen darauf, dass der Wert des Euro in den ersten Monaten des Jahres nur geringfügig gestiegen ist. Zudem beginne die Saison erst im Juni. Daher rechnen sie für die kommenden Monate mit noch stärker steigenden Einnahmen.

Zurückhaltung bei Euro-Anlagen

Ob der Euro in naher Zukunft den Stellenwert der D-Mark und des Dollars erreichen wird, ist fraglich. Denn das Misstrauen der konservativen türkischen Investoren ist auch weiter vorhanden. Sie verfolgen die Entwicklung des Euro, aber ihr Vermögen legen sie noch nicht in der neuen Währung an.