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Euro und Franken - die Schweiz bereitet sich vor

Karsten Evers 4. Dezember 2001

In der Schweiz könnte der Euro zur Parallelwährung neben dem Franken werden. Industrie und Gastronomie bereiten sich seit langem auf den Euro vor.

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Bald in Euro? - der Tourismus in der SchweizBild: AP

Herbert Schott, der Direktor vom Genfer Hotel Intercontinental sieht der Euro-Einführung ziemlich gelassen entgegen: "Bis heute wechseln wir täglich fünf bis zehn verschiedene Devisen an der Hotelkasse für unsere Hotelgäste. Ab morgen gibt es nur noch Euro, Dollar und Yen."

Für ihn und andere Hoteliers wird es mit dem Euro eher einfacher. Der Schweizer Hotelier-Verband geht davon aus, dass in der Tourismusbranche der Euro absehbar zur Standardwährung werden wird. Deshalb hat der Verband seinen Mitgliedern schon vor geraumer Zeit empfohlen, den Gästen Dienstleistungen in Euro anzubieten.

Die Restaurantkette Mövenpick zum Beispiel schreibt schon seit mehr als zwei Jahren ihre Preise in Franken und in Euro aus. Ohnehin haben sich die Schweizer ziemlich gründlich auf die Einführung der europäischen Einheitswährung vorbereitet. Ihnen ist klar, dass sie sich als Franken-Insel mitten im Euroland dem Einfluss der neuen Währung nicht entziehen können. So wie sie jetzt schon Geschäfte in den Grenzgebieten D-Mark, französische Francs oder italienische Lira akzeptieren, werden sie künftig auch den Euro annehmen. Die kleine Schweiz ist eben fast überall Grenzgebiet.

Auch die Industrie hat sich schon seit längerem auf den Euro eingestellt, sagt zum Beispiel der Prokurist Paul Wilkinson vom Pharma-Konzern Serono. Der Pharma-Konzern habe schon vor drei Jahren damit begonnen, die Computer in der Buchhaltung umzurüsten. Rechnungen werden zum Teil heute schon in Euro ausgestellt und auch beglichen. Insofern sei die Einführung von Euro-Bargeld nur der Abschluss eines längeren Prozesses und für Serono schon zu rund 95 Prozent abgeschlossen.

Der Verband der Schweizer Maschinenindustrie hat bei einer Umfrage Anfang des Jahres herausgefunden, dass jetzt schon fast 20 Prozent der Mitgliedsunternehmen ihre Rechnungen in Euro begleichen, mehr oder weniger notgedrungen. Denn mit der europäischen Einheitswährung wird der Wettbewerb für alle Beteiligten härter, Waren werden günstiger.

Darauf muss sich auch die Schweizer Wirtschaft mit ihren vergleichsweisen höheren Preisen einstellen. Schließlich gehen fast 70 Prozent aller Schweizer Exporte in die Europäische Union. Folglich werden sie auch mit Euro bezahlt. Die Berner Firma Atwaltech zum Beispiel beliefert Osram mit Lampensockeln und hat sich schon längst darauf eingestellt in Euro abzurechnen. Das allerdings, so Fritz Gauckel, von Atwaltech, löst eine Kettenreaktion aus: "Die Euros, die wir einnehmen, die werden wir so gut, wie es geht, weitergeben und zwar an unsere Unterlieferanten hier in der Schweiz oder wir verwenden diese Euros für den Materialeinkauf aus den EU-Ländern."

Weniger Währungen bedeutet auch, dass weniger Geld gewechselt wird. Damit geht den Schweizer Banken ein Teil ihres Devisengeschäftes verloren. Doch im Vordergrund stehen für die Schweizer Banker die neuen Geschäftsmöglichkeiten, die sich mit dem Euro eröffnen. So möchte die UBS als internationale Großbank ihren Kunden die Möglichkeit geben, ein Konto in Euro zu führen. Außerdem bietet die UBS Sparkonten und Kreditkarten in Euro an. Damit könnten dann so ziemlich alle Bankgeschäfte abgewickelt werden, ohne das vorher in Franken umgetauscht werden müsse, wirbt die UBS für ihr Angebot.

Die Entwicklung ist absehbar: Der Euro wird in der Schweiz wohl zur Parallel-Währung werden. Die Nationalbank sieht diese Entwicklung gelassen entgegen. Hauptsache der Euro ist stark. Denn ein schwacher Euro würde den Druck auf den Franken erhöhen, und das wäre schlecht für den Export.

Jedenfalls haben die Nationalbanker keine Angst, dass der Euro den Franken verdrängen könnte. Grundsätzlich will sie am Franken festhalten. Deshalb versucht sie auch Kursschwankungen möglichst gering zu halten, allerdings ohne den Kurs des Franken an den Euro zu binden. So sollen die niedrigen Schweizer Zinsen als Wettbewerbsvorteil langfristig erhalten bleiben. Trotzdem könnte es nach Ansicht des Sankt Galler Wirtschaftsprofessors Heinz Hauser passieren, dass durch den Euro der Franken langfrristig schlicht und ergreifend überflüssig wird: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass ganz Europa den Euro als Währung verwendet und nur die Schweiz den Schweizer Franken, und dass das in 20 Jahren auch noch so sein wird."