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Auf nach Asien

Jochen Kürten28. Juni 2007

Auf dem Münchner Filmfest ist ein interessanter Trend zu beobachten: Renommierte europäische Regisseure zieht es mit neuen Produktionen nach Fernost. Unter ihnen sind auch Werner Herzog und Volker Schlöndorff.

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Filmszene aus 'Rescue Dawn'
Filmszene aus 'Rescue Dawn'Bild: presse/MGM

Das Münchner Filmfest feiert in diesem Jahr seinen 25. Geburtstag. Wie immer zeigt das Festival eine bunte Mischung aus internationalen und einheimischen Produktionen. Ehrengast war in diesem Jahr Werner Herzog. Dabei waren auch die Hollywood-Regisseure William Friedkin und Richard Linklater sowie US-Star Kevin Kline. Im Mittelpunkt des Festivals steht aber das Kino Europas.

Seit einigen Jahren schon nehmen Filme aus Asien einen festen Platz im internationalen Filmfestspielbetrieb ein. In jüngster Zeit ist nun ein neues Phänomen zu beobachten. Filmemacher aus aller Welt drehen in asiatischen Ländern, verlegen die Handlung ihrer Spielfilme dorthin. Beim 25. Filmfestival in München waren drei eindrucksvolle Beispiele von europäischen Regisseuren für diesen Trend zu beobachten.

Blick auf den Moloch China

Filmszene "The Missing Star"
Filmszene "The Missing Star"Bild: presse

In der ersten Hälfte der 90er-Jahre war der Italiener Gianni Amelio der wohl am meisten mit Preisen ausgezeichnete europäische Regisseur. In Deutschland hat man dann lange nichts mehr von ihm gehört, jetzt hat er sich mit seinem neuen Film "The Missing Star" eindrucksvoll zurückgemeldet. Er erzählt die Geschichte des Ingenieurs Vincenzo, der in einem italienischen Stahlwerk arbeitet. Aus der Fabrik wird ein kompletter Hochofen von einer chinesischen Wirtschaftsdelegation angekauft, demontiert und nach Asien verschifft. Nur Vincenzo weiß, dass dabei eine fehlerhafte Steuereinheit mitverkauft wurde. Auf eigene Faust macht er sich nach China auf, um das Teil auszutauschen.

Regisseur Gianni Amelio zeigt Bilder eines in Europa wenig bekannten Landes. Gigantische, aber gesichtslose Millionenstädte, dicht gedrängt in nicht enden wollenden Wolkenkratzern lebende Menschen, schier endlose Auto-Karawanen in der chinesischen Wüste und ein mittelalterlich anmutendes Leben der Dorfbevölkerung.

All das sind Szenen, die eher an Dokumentar- als an Spielfilme denken lassen. Mit fast ethnographischem Blick schaut der italienische Regisseur auf das Leben der Menschen in der aufsteigenden Weltmacht China. Ein Film, der den Zuschauer die ganze Zerrissenheit zwischen Moderne und Rückständigkeit des Riesenreiches in Erinnerung ruft.

Werner Herzog und der Vietnam-Krieg

Im Dschungel von Laos hat der Deutsche Werner Herzog seinen jüngsten Spielfilm gedreht. "Rescue Dawn" ist eine amerikanische Hollywood-Produktion, die für 60 Millionen Dollar an Original-Schauplätzen mit Stars wie Christian Bale entstand. Herzog erzählt einmal mehr die phantastische Geschichte eines Mannes, der durch die Hölle geht. Dabei beruht der Film auf Tatsachen. Der in Deutschland geborene US-Kampfflieger Dieter Dengler wurde während des Vietnam-Krieges über Laos abgeschossen. Als einziger US-Pilot gelang Dengler nach Gefangenschaft und unmenschlicher Folter die Flucht durch den Dschungel zurück zu den US-Einheiten.

"Rescue Dawn" ist ein typischer Herzog-Film geworden. Wie früher Klaus Kinski im südamerikanischen Urwald, so muss sich im neuen Film US-Schauspieler Christian Bale mit den Urkräften der Natur und den Ängsten der Einheimischen auseinandersetzen. Werner Herzog, dem bei der Jubiläumsausgabe des Münchner Filmfestes eine umfassende Retrospektive gewidmet ist, kann mit seiner ersten Hollywood-Großproduktion durchaus überzeugen. "Rescue Dawn" verzichtet vollkommen auf die historische Einbettung in einen politischen Kontext. Der Film reduziert die Erlebnisse des vom Fliegen besessenen Piloten Dengler allein auf den Überlebenskampf eines Einzelnen in der Hölle des Dschungels.

Volker Schlöndorffs Blick auf Kasachstan

Und auch ein zweiter Altmeister des ehemals Neuen Deutschen Films wirft in seinem neuesten Werk einen Blick nach Asien. Volker Schlöndorff hat seinen Film "Ulzhan" in Kasachstan gedreht. Dorthin verschlägt es einen Franzosen, der zu Hause Frau und Kinder durch einen tragischen Autounfall verloren hat. In der kasachischen Steppe irrt er nun umher, mit dem Ziel zu vergessen. Dabei trifft er auf das junge Mädchen Ulzhan, die versucht, den Lebensmüden wieder aufzurichten.

Der Oscar-Preisträger Schlöndorff betrat mit "Ulzhan" filmisches Neuland. "Zur Abwechslung mal keine Literatur, Politik und auch keine Vergangenheitsbewältigung, sondern reine Kür, eine Hymne auf das Leben." So hat Schlöndorff selbst seinen neuen Film beschrieben. Was bei Schlöndorffs Blick vor allem fasziniert - da ähnelt er dem des italienischen Kollegen Amelio - ist das scharf umrissene Bild einer Nation im Wandel. Kasachstan, groß und bevölkerungsarm, wird als Staat zwischen Ölreichtum und mittelalterlichem Nomadentum gezeigt. Auch "Ulzhan" ist somit vor allem ein Film über die Globalisierung. (kas)