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Europäische Stahlhersteller klagen gegen Dumping-Preise

Illa Kovarik/mik28. November 2001

Die Europäischen Stahlhersteller klagen bei der Europäischen Kommission gegen Billig-Importe aus Osteuropa und Nahost. Stein des Anstoßes sind Einfuhren von Warmbreitbandstahl, dem wichtigsten Produkt der Stahlbranche.

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Bild: AP

Sie stammen aus Ägypten, Libyen, dem Iran und der Türkei, aber auch aus den EU-Beitrittskandidaten Slowakei und Ungarn und machem dem europäischen Stahlherstellern schwer zu schaffen. Albrecht Kormann, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Wirtschaftsvereinigung Stahl, begründet die Klage mit dem starken Anstieg der Billigimporte. "Diese Länder haben sich eben in den letzten Monaten als sehr aggressiv erwiesen, was ihre Exportpolitik anbelangt. Und sie haben inzwischen in der Summe einen Marktanteil von zwölf Prozent an der europäischen Marktversorgung, was für so relativ kleine Länder beträchtlich ist."

Stahl zum Schnäppchenpreis

Grundsätzlich werde das Instrument der Dumpingklage sowohl von der europäischen wie von der deutschen Stahlindustrie "äußert behutsam" gehandhabt, betonte Kormann. Geklagt werde nur dann, wenn sonst "nichts mehr gehe". In den Augen des Europäischen Dachverbandes der Stahlhersteller, Eurofer, sei dieser Punkt nun erreicht.

Nach Angaben von Kormann bieten Produzenten aus Osteuropa und Nahost Stahl in den EU-Ländern unzulässigerweise um bis zu 45 Prozent billiger an als in ihren Heimatländern. Zudem seien die Einfuhren aus diesen Staaten in den ersten sieben Monaten des Jahres um 88 Prozent gestiegen. Damit lägen die Vorrausetzung für eine Dumpingklage – Unterschreitung der jeweiligen Heimatpreise und Schädigung – vor.

Keine schnelle Entscheidung

In der Klageschrift beziffert Eurofer den Schaden für die EU-Stahlindustrie mit 360 Millionen Euro im laufenden Jahr. Doch eine Entscheidung aus Brüssel kann dauern. Selbst wenn das Verfahren, wie vorgesehen, am 22. Dezember eröffnet wird, folgt zunächst eine Untersuchungsphase von 60 Tagen. "Danach können frühestens sogenannte "vorläufige Maßnahmen" ergriffen werden. Und bis es dann zu endgültigen Maßnahmen kommt, kann es bis zu einem Jahr dauern", sagte Kormann. "Allerdings haben solche Klagen im Vorfeld schon insofern Auswirkungen, weil Importeure damit rechnen müssen, dass es zu Maßnahmen kommt und in bestimmten Fällen kann es sogar zu rückwirkenden Maßnahmen kommen", fügte er hinzu.

Stahlkonflikt auch mit den USA

Zugleich hat die EU auch noch ein Mengenproblem anderer Art durch die nach Einschätzung der Europäer protektionistische Stahlpolitik der USA. Die amerikanische Stahlindustrie arbeitet fast vollständig für den Inlandsmarkt, kann dessen Bedarf jedoch nicht decken. Dennoch bemühe sie sich seit drei Jahrzehnten und mit verschiedensten Maßnahmen, Einfuhren aus aller Welt zu begrenzen. Das jüngste Beispiel stamme vom Juni dieses Jahres. Gestützt auf ein Schutzklauselverfahren werden seitdem sämtliche Stahlimporte der USA auf eine mögliche Schädigung des Inlandmarktes geprüft, wobei erneut Quotierungsvorgaben und Einfuhrzölle drohen. Noch sind diese Verfahren offen.

Die amerikanische Internationale Handelsbehörde ( ITC) erkannte jedoch bereits bei 16 von 33 untersuchten Stahlerzeugnissen auf "Schädigungen" und wird Präsident George Bush bis zum 19. Dezember entsprechende Gegenmaßnahmen vorschlagen. Die könnten dann auch die Europäer treffen: Denn die 16 beanstandeten Stahlprodukte machen 80 Prozent der gesamten Stahleinfuhren in die USA aus.