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Europa Hautnah

Julia Elvers-Guyot 11. Mai 2007

Vor 20 Jahren wurde ERASMUS gegründet. Heute beteiligen sich 31 Länder an dem Studenten-Austauschprogramm.

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Bild: AP

Rund eineinhalb Millionen Erasmus-Studenten haben in den 20 Jahren den Schritt an eine ausländische Uni gewagt und so andere Länder, Sprachen und Kulturen kennen gelernt. Das wird im Jubiläumsjahr 2007 auf diversen Veranstaltungen und Konferenzen gefeiert. Julia Elvers-Guyot war bei verschiedenen Feiern dabei.

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Er studierte und arbeitete in Paris, Venedig, Leuven, Cambridge und Basel. Er ist das klassische Beispiel für einen vielgereisten Wissenschaftler, der im 15. und 16. Jahrhundert half, frisches und kritisches Denken in Europa zu verbreiten: Erasmus von Rotterdam. Nach ihm ist das Erasmus-Programm benannt, das die Europäische Kommission vor 20 Jahren ins Leben rief. Damit wollte sie mehr Studenten zum Studium im Ausland bewegen und das freie Denken fördern. Die Vizepräsidentin der EU-Kommission Margot Wallström sagte dazu auf der Eröffnungskonferenz zum Erasmus-Jubiläumsjahr im Januar in Brüssel: "Im Ausland zu leben und zu arbeiten - das brauche ich Ihnen als Erasmus-Studenten nicht zu sagen -, ist potentiell eine große Erfahrung. Es erweitert den Horizont, es ändert die vorgefertigte Meinung und vielleicht auch Vorurteile. Es macht Sie hoffentlich selbstbewusster und unabhängiger, und es verbessert auch Ihre Berufsaussichten."

Erasmus-Studentennetzwerk ESN

Jeder Student, der mindestens zwei Semester studiert hat, kann sich über das Akademische Auslandsamt seiner Heimatuniversität um ein Erasmus-Stipendium bewerben. Und die Studenten unterstützen sich auch gegenseitig bei der Organisation ihres Auslandsaufenthaltes. 1990 gründeten sie dafür das Erasmus-Studentennetzwerk ESN. Heute helfen 10.000 ESN-Mitglieder an über 240 Hochschulen allen Neuankömmlingen an ihrer Uni, zeigen ihnen die Stadt oder bieten Sprachtandems an. Desiree Majoor war eine der ersten Erasmus-Studenten. Sie verbrachte 1987/88 ein halbes Jahr in Bologna. Und 1990 wurde die Holländerin zur ersten Präsidentin des Studentennetzwerkes gewählt. In den letzten 20 Jahren hat sich Ihrer Meinung nach einiges geändert: "Der Unterschied zu damals ist, dass die Studenten heute täglich von Erasmus hören und mit dem Austausch konfrontiert sind. Das ist für sie etwas ganz Normales. Wir waren vor 20 Jahren noch so etwas wie Exoten. Es ist toll, dass in diesen 20 Jahren so viele tausend Studenten an dem Erasmus-Programm teilgenommen haben. So wurde eine europäische Gemeinschaft geschaffen, die vor 20 Jahren noch nicht existiert hat."

Mehr EU-Gelder für mehr EU-Studenten

Damit in Zukunft noch mehr junge Leute von diesem Austausch profitieren können, hat die EU das Budget für Erasmus aufgestockt. Statt einer knappen Milliarde wie in den letzten sieben Jahren gibt sie in den nächsten sieben Jahren über 3 Milliarden Euro aus. Die Stipendien erhöhen sich von 140 auf 200 Euro pro Monat. Doch auch immer mehr Studenten müssen sich den Kuchen teilen: seit dem Fall der Berliner Mauer beteiligen sich nämlich auch viele osteuropäische Länder am Erasmus-Programm. Eine gute Entwicklung, findet Jiří Dienstbier. Er war von 1989 bis 1993 der erste tschechoslowakische Außenminister der Nach-Wende-Zeit. Bei der Jahreshauptversammlung des Erasmus-Studentennetzwerks in Prag betont Dienstbier , wie wertvoll die Möglichkeiten sind, die den Studenten heute offen stehen. : "Wenn ich - jetzt schon 15 Jahre lang - all die Studenten im Ausland sehe, die an der Sorbonne, in Oxford, Sankt Gallen, Chapel Hill in den USA usw. studieren - das ist einfach etwas Gigantisches! Heute können Zehntausende junger Leute einen völlig anderen Eindruck gewinnen als Studenten zu kommunistischen Zeiten. Da konnte eine ganze Generation nirgendwohin!"

Nachteile müssen noch abgebaut werden

Doch ein Studium im Ausland ist manchmal mit Nachteilen verbunden, oft werden die erbrachten Leistungen von der Heimatuniversität nicht anerkannt. Ein Problem, mit dem Erasmus schon immer zu kämpfen hatte. Der Italiener Giorgio Marinoni ,der auf der ESN-Jahreshauptversammlung im März zum neuen Präsidenten gewählt worden ist betont: "Bis jetzt werden nur 50 Prozent der Examen, die im Ausland abgelegt werden, zu Hause anerkannt. Das ist ein Kommunikations-Problem zwischen den EU-Ländern und den Universitäten. Die EU-Kommission hat schon lange klargestellt, dass Auslandsstudien an der Heimatuniversität anerkannt werden müssen. Und Unis, die das nicht respektieren, handeln einfach illegal!"

Ziele für die Zukunft

Das Problem: Bildungspolitik ist immer noch eine nationale Angelegenheit, so dass die EU nicht mehr Druck auf die Länder ausüben kann. Giorgio sieht es als eine der Hauptaufgaben seiner beginnenden Amtszeit als Präsident an, dieses Problem zu lösen. Zurzeit fahren er und weitere Mitglieder des Studentennetzwerks mit einem Bus durch ganz Europa. Drei Monate lang werben sie an 40 Hochschulen für Studienaufenthalte an ausländischen Unis – und für die Anerkennung der dort erbrachten Leistungen im Inland. 20 Jahre Erasmus sind noch lange nicht genug, finden sie. Denn auch, wenn die Zahl der Erasmusstudenten hoch erscheint: Insgesamt beteiligt sich nur ein Prozent aller europäischen Studenten an dem Austauschprogramm.

Weitere Informationen über Erasmus

Wer mehr über das 20-jährige Bestehen von Erasmus wissen möchte, findet Informationen auf der Website www.20erasmus.eu . Und wer selbst mitfeiern will, kann im Oktober zur großen Abschlusskonferenz in Lissabon kommen, mit der das Festprogramm des Jubiläumsjahres endet. Hier sollen die Verbesserungswünsche und Anregungen vorgetragen werden, die während des Jubiläumsjahres gesammelt wurden.