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Gesucht: der richtige Weg aus der Krise

Bernd Riegert2. März 2009

„Gespaltenes Europa“ schreibt die italienische Zeitung „La Stampa“, „Europa rückt zusammen“ der französische „Figaro“. Beide Medien beziehen sich auf den EU-Sondergipfel zur Finanzkrise. Und irgendwie haben beide Recht

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Polens Premierminister Donald Tusk (vorne rechts) schüttelt bei einem Gruppentreffen seinem schwedischen Amtskollegen Fredrik Reinfeldt die Hand. (01.03.2009/AP)
Zusammen oder doch jeder für sich? Die EU-Staats- und Regierungschefs bereiten sich auf den Weltfinanzgipfel vorBild: AP

Für die Pressekonferenzen nach dem Gipfeltreffen der EU hatte die tschechische Ratspräsidentschaft so genannte Sprechzettel verteilt, auf denen die beteiligten Staats- und Regierungschefs ablesen konnten, welches Bild der EU sie nach außen vermitteln sollten. Da war viel von Solidarität und Eintracht die Rede.


Düstere Prognosen hinter verschlossenen Türen

Italien Premierminister Silvio Berlusconi (links) unterhält sich mit dem französischen Präsidenten Nikolas Sarkozy (Mitte) und Luxemburgs Premier Jean Claude Juncker (rechts) (01.03.2009/AP)
Kontroverse Diskussionen: Italiens Premierminister Silvio Berlusconi (links) unterhält sich mit dem französischen Präsidenten Nikolas Sarkozy (Mitte) und Luxemburgs Premier Jean Claude Juncker (rechts)Bild: AP

Aber hinter verschlossenen Türen malte besonders der ungarische Ministerpräsident Ferenc Gyurcsany ein düsteres Bild: Fünf Millionen Osteuropäer könnten im Zuge der Rezession arbeitslos werden. Viele würden sich vermutlich gen Westen aufmachen. Wenn es nicht Hilfen in Höhe von 190 Milliarden Euro gebe, würde Europa erneut in West und Ost geteilt, orakelte Gyurcsany. Ein neuer Eiserner Vorhang würde sich herabsenken.

EU-Kommissionspräsident José Barroso widersprach: In der Krise sei sich nicht jeder selbst der nächste. Jedem Land werde von Fall zu Fall geholfen. Ein eigenes Hilfspaket für den Osten werde es aber nicht geben. Den Ländern, die in Schieflage geraten, solle mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln geholfen werden, sagte er.


Osteuropäische Länder leiden unter der Krise

Ungarn und Lettland hatten bereits in den vergangenen Monaten Finanzspritzen erhalten - auf dem Umweg über den Internationalen Währungsfonds. Weitere Hilfen von rund 25 Milliarden Euro sind geplant: In den östlichen Nachbarstaaten bleiben die Investoren aus dem Westen weg. Der Export bricht ein. Die Währungen geraten unter starken Druck.

Besonders Banken aus Österreich sind mit ihren Tochtergesellschaften in Osteuropa aktiv. Der österreichische Staat hilft diesen Banken zwar. Er dürfe diese Hilfen aber nicht daran knüpfen, dass das Geld nur in Österreich verwendet werde, so José Barroso. "Wir sollten bestätigen, dass Hilfe für Muttergesellschaften von Banken keine Beschränkungen für die Aktivitäten von Tochterbanken in anderen EU-Staaten mit sich bringen darf", erklärte er.


Der Euro ist stabil

Angela Merkel bei einer Pressekonferenz am 01.03.2009 (01.03.2009/AP)
Der Euro-Währungsraum soll sich nicht schneller als geplant verändern - dafür spricht sich Bundeskanzlerin Angela Merkel ausBild: AP

Trotz der Bitten Ungarns blieben die reicheren Staaten - zum Beispiel Deutschland, Frankreich, die Niederlande - reserviert. Sie fürchten um ihre eigene Kreditwürdigkeit. Bundeskanzlerin Angela Merkel ist auch dagegen, Länder wie Ungarn, Rumänien oder Lettland jetzt schneller als geplant in den Euro-Währungsraum aufzunehmen. "Man sollte die Kriterien jetzt nicht verändern. Die sind ja schließlich nach langer Überlegung festgelegt worden“, sagte sie.

Noch ist der Euro, die Gemeinschaftswährung von 16 Staaten, relativ stabil, aber auch einige Euroländer wie Irland, Griechenland und Italien geraten unter starken Druck. Vielleicht müssen auch hier in nächster Zeit Rettungspakete geschnürt werden.


Misstrauen unter den EU-Staaten

Der polnische Premier Donald Tusk (11.12.2007/dpa)
Der polnische Premier Donald Tusk gibt sich optimistischBild: picture-alliance/ dpa

Die osteuropäischen Staaten traten in Brüssel nicht geschlossen für ein einheitliches Hilfspaket auf. Tschechien beispielsweise plädiert für Hilfen von Fall zu Fall. Jacki Davis von der Brüsseler Denkfabrik "Europäisches Politikzentrum“ glaubt nicht, dass es eine Spaltung in Ost und West gibt. "Da wurde eine Debatte losgetreten, bei der es auch um viel politische Rhetorik geht. Viel wichtiger ist, dass die Staaten jetzt nicht in Protektionismus zurückfallen“, erklärte er. Der polnische Premier Donald Tusk gab sich einigermaßen zuversichtlich, dass dieses Risiko unter Kontrolle ist. "Ich habe gefühlt, dass es einen Geist gegen Protektionismus und Egoismus gibt. Wir können und müssen optimistisch sein.“

Tusk hielt sich also an den Sprechzettel der EU-Präsidentschaft. Insgesamt gilt aber: Das Misstrauen der EU-Staaten untereinander wächst. Schon in 18 Tagen trifft man sich zum nächsten Gipfel in Brüssel. Auch dann wird das Hauptthema sein, wie man aus der Wirtschaftskrise herauskommt.