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"Europa muss besser zusammenarbeiten"

Kay-Alexander Scholz17. September 2012

Die Bundeskanzlerin stellte sich Fragen der In- und Außenpolitik in Berlin vor der Bundespressekonferenz. Sie zeigte sich optimistisch, dass Europa den Weg aus der Krise schaffe. Doch ums Sparen komme man nicht herum.

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Bundespressekonferenz Angela Merkel Berlin (Foto: dpa)
Bild: Reuters

Deutschland habe seinen Beitrag in der Eurokrise geleistet und sich als Stabilitätsanker erwiesen, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel vor der Bundespressekonferenz. Die Arbeitslosigkeit sei auf dem niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung. Die Reformen der letzten Jahren zahlten sich aus, so Merkel. Aber auch im sozialen Miteinander und bei Fragen der inneren Sicherheit sei Deutschand auf dem richtigen Weg. Große Aufgaben für die nächsten Jahren sieht Merkel in der erfolgreichen Durchführung der Energiewende und in der Umsetzung einer klugen Demografiestrategie.

Bei Reformen nicht nachlassen

Die Eurokrise sei im wesentlichen eine Vertrauenskrise in die Wettbewerbsfähigkeit Europas und könne nur schrittweise gelöst werden, sagte Merkel. Dennoch sei in den letzten Jahren mehr passiert als in vielen Jahren zuvor. Das Prinzip "Keine Haftung ohne Kontrolle" habe sich als richtig erwiesen.

Dennoch dürfe bei den Reformen nicht nachgelassen werden. Europa müsse zukünftig deutlich machen, "dass wir aus der falschen Schuldenpolitik gelernt haben". Nur dann könne sich Europa aus den Fängen der Verschuldung lösen und damit seine innere Freiheit wiedergewinnen. "Dann sind wir als Politiker nicht abhängig von Akteuren, die uns sagen, was wir machen müssen," sagte Merkel mit Blick auf den Einfluss des Marktes auf das politische Geschehen.

Merkel stellt sich der Presse

Der Stabilität- und Fiskalpakt müsse deshalb eingehalten werden. Dafür seien öffentliche Strukturmaßnahmen nötig, die sich zwar zunächst negativ auf das Wirtschaftswachstum auswirken könnten, aber auf lange Sicht Wachstum bringen könnten.

"Bankenaufsicht muss überzeugen"

Jetzt sei auch genau der richtige Zeitpunkt für eine stärkere politische Zusammenarbeit, so Merkel. Europa könne sich im globalen Wettbewerb nur behaupten, wenn es wettbewerbsfähig ist und "wenn wir uns einig sind". Denn Europa sei eine Überzeugungsgemeinschaft. Insgesamt werde Europa aber gestärkter aus der Krise hervorgehen, betonte Merkel.

Zur Frage einer gemeinsamen Bankenaufsicht in der Eurozone sagte Merkel, hierbei müsse Qualität vor Schnelligkeit gehen: "Wir brauchen eine Aufsicht, die man uns glaubt in der Welt, erst im zweiten Schritt kann es um die Frage gehen, wie der ESM eingesetzt wird." Die Schaffung der Bankenaufsicht zum Jahreswechsel sei deshalb wohl nicht realistisch.

Europa ist mehr als der Euro

Die aktuellen Ereignisse rund um das umstrittene Mohammed-Video zeigten auch, wie wichtig Meinungs- und Religionsfreiheit als Werte der europäischen Grundordnung seien, betonte Merkel. Das sei in Zeiten der Eurokrise etwas aus dem Blick geraten. "Doch wir sind in unserem Glück vereint und der Euro steht symbolhaft dafür."

Dennoch kenne die Meinungsfreiheit Schranken, so Merkel. So werde die Bundesregierung die Einreise des Video-Autoren nicht gestatten. Außerdem werde derzeit geprüft, ob das öffentliche Vorführen des Flms verboten werden könne. Merkel appelliert daran, den Schutz der Vertretungen in der arabischen Welt zu gewährleisten. Gewalt könne kein Mittel sein.

Griechenland soll Maßnahmen umsetzen

Befragt zur Lage in Griechenland sagte Merkel, Deutschland sei bereit dem Land zu helfen. "Wir wollen, dass Griechenland Erfolg hat, aber es ist wichtig, dass Reformen auch durchgeführt werden." Es sei ein harter Weg, den Griechenland gehen müsse. Aber es helfe nichts, wenn man sich gegen Maßnahmen auflehne, die sowieso gemacht werden müssten. Kritik an der Troika begegnete die Kanzlerin damit, dass die Troika keine "böswillige Erfindung ist, sondern unser Abgesandter, der eine Entscheidungshilfe geben soll".

Merkel zeigte sich solidarisch mit denen in Griechenland, die jetzt am stärksten von den Sparmaßnahmen betroffen sind. "Mir blutet das Herz, da viele dafür nichts können." Gerade die reichen Griechen im Ausland würden sich der Verantwortung entziehen, kritisierte Merkel. Aber auch die Exil-Griechen sollten ihren Beitrag für ihre Heimat leisten.

Ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl

Traditionell steht Merkel mindestens einmal im Jahr, meist vor der parlamentarischen Sommerpause, den Journalisten der Bundespressekonferenz Rede und Antwort. Mitglieder dieses weltweit einmaligen Vereins, der seinen Hauptsitz an der Spree gegenüber dem Kanzleramt hat, sind mehr als 900 Parlamentskorrespondenten.

Die Pressekonferenz fand ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl im September 2013 statt, zu der es allerdings noch keinen genauen Termin gibt. Derzeit erzielt Merkels Partei, die CDU, recht gute Umfragewerte und liegt mit sicherem Abstand vor den Sozialdemokraten. Auch Merkels persönliche Sympathiewerte sind derzeit sehr hoch. Ob sie sich erneut eine große Koalition wie in der vorletzten Legislaturperiode vorstellen können, fragte ein Journalist. "In einer großen Koalition gibt es immer einen Partner, der auch Kanzler sein will," antwortete die Kanzlerin. Ihr jetziger Koalitionspartner FDP sei da anders: "Herr Rösler ist gerne Vizekanzler, das kann ich verstehen".