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Europa will einfacher mit China handeln

Bernd Riegert, Brüssel30. Oktober 2003

Seit 1998 finden jährliche Gipfeltreffen zwischen der EU und China statt. Diesmal ist eine neue chinesische Führung im Amt, und die Wirtschaftsfragen stehen unter dem Vorzeichen der EU-Erweiterung.

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Bild: AP

Das erste Gipfeltreffen der Europäischen Union (EU) mit der neuen chinesischen Führung wird am Donnerstagnachmittag (30.10.2003) in Peking rund vier Stunden dauern und mehr oder weniger ein höfliches Beschnuppern sein. Auf einem minutiösen Ablaufzettel ist bereits festgelegt, in welcher Reihenfolge und zu welchen Themen der chinesische Premierminister Wen Jiabao und der amtierende EU-Ratspräsident Silvio Berlusconi sprechen werden.

Italiens Regierungschef Berlusconi wird den chinesischen Einfluss auf Nordkoreas Atomprogramm und routinemäßig die Menschenrechtsverletzungen im Ein-Parteien-Staat China ansprechen. Die EU-Vertreter erwarten, dass Wen Jiabao ein Ende des Waffenembargos anmahnen wird, das die EU 1989 nach dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking verhängt hatte. Eine Aufhebung des Embargos sei aber nicht in Sicht, so der EU-Botschafter in Peking, Klaus Ebermann.

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Arbeitslose in China
Arbeitslose in China stehen Schlange für ein BewerbungsgesprächBild: AP

Wirklich großes Interesse haben beide Seiten an Wirtschafts- und Handelsfragen. Chinas Exporte in die EU haben sich in den vergangenen zwölf Jahren auf über 80 Milliarden Euro verachtfacht. Die Europäische Union liefert Waren im Wert von 39 Milliarden Euro in den kommunistischen Staat und ist damit noch vor den USA und nach Japan der zweitwichtigste Importeur. Im chinesischen Markt sehen die europäischen Unternehmen ein enormes Potenzial.

Die EU will deshalb beim Gipfel in Peking darauf drängen, dass China möglichst schnell seine Verpflichtungen einlöst, die sich aus seinem Beitritt zur Welthandelsorganisation WTO ergeben. Die Europäische Handelskammer in Peking beklagt sogar, dass die chinesische Führung mehr denn je versuche, ihre Märkte abzuschotten. In den Sektoren Kraftfahrzeuge, Hochbau und Telekommunikation herrsche kein fairer Wettbewerb zwischen chinesischen und europäischen Anbietern, heißt es.

Problem der Plagiate

Ein enormes Problem sind nach wie vor die vielen Raubkopien und Plagiate europäischer Produkte, die den chinesischen Markt überschwemmen. Die Verletzung von Urheberrechten sei das größte Einzelproblem zwischen der EU und China, beklagte der stellvertretende Chef der EU-Handelskammer in Peking, Jan Borgonjon. Die Gründung europäischer Niederlassungen in China sei immer noch mit zu vielen Hürden versehen.

Börse China
Börse SchanghaiBild: AP

Auf der anderen Seite, so die EU-Vertreter in Brüssel, wollten die chinesischen Gesprächspartner alles über die anstehende EU-Erweiterung um zehn Staaten im Mai 2004 wissen. Dadurch wächst der einheitliche europäische Markt enorm an. Die Zoll- und Handelsbestimmungen der einzelnen Staaten werden an EU-Recht angepasst. Die EU wolle, so heißt es bei der Europäischen Kommission, ihre Märkte offen halten und erwarte dasselbe auch von China.

Menschenrechtsverletzungen

Zu diesem Zweck wollen EU-Kommissionspräsident Romano Prodi und der chinesische Premier Wen Jiabao ein Abkommen unterzeichnen, in dem der Auto-Import nach China und die künftige Herstellung von europäischen Fahrzeugmodellen in China geregelt werden soll. Der deutsche Autohersteller BMW verkauft seit zehn Tagen Fahrzeuge, die mit einem chinesischen Partner im Land hergestellt werden. Die Volkswagen-Tochter Audi setzt in diesem Jahr rund 60.000 Fahrzeuge in der Volksrepublik ab.

Die Brüssler Niederlassung der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (ai) forderte die Europäische Union auf, nicht nur auf wirtschaftliche Erleichterungen, sondern auch auf Fortschritte bei den Menschenrechten zu pochen und Druck auszuüben. Nach Angaben von ai werden in China jährlich rund 15.000 Häftlinge hingerichtet. Peking spricht offiziell von 1000 Hinrichtungen.