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Ex-Militärchef in Guatemala wegen Völkermords vor Gericht

6. April 2024

Manuel Benedicto Lucas García soll für den Tod von mehr als 1200 Angehörigen der Volksgruppe der Ixil-Maya während der Militärdiktatur seines Bruders verantwortlich sein. Der 91-Jährige blieb zu Prozessbeginn wortkarg.

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Ex-General Manuel Benedicto Lucas García in Handschellen bei einem Gerichtstermin in Guatemala-Stadt (Archivbild)
Ex-General Manuel Benedicto Lucas García bei einem Gerichtstermin in Guatemala-Stadt (Archivbild) Bild: Moises Castillo/AP Photo/picture alliance

In Guatemala hat ein Gerichtsprozess gegen den früheren Generalstabschef des Heeres wegen des Vorwurfs des Völkermordes begonnen. Der inzwischen 91 Jahre alte Manuel Benedicto Lucas García wird für den Tod von mehr als 1200 Angehörigen der indigenen Volksgruppe der Ixil-Maya während der Militärdiktatur unter seinem Bruder Fernando Romeo Lucas García verantwortlich gemacht. Er war von 1978 bis 1982 an der Macht und starb 2006.

Der Angeklagte war zum Prozessauftakt aus einem Krankenhaus per Video zugeschaltet. Lucas García machte einige persönliche Angaben, verzichtete aber auf Anraten seines Anwalts auf weitere Erklärungen.

Mehr als 80 Gutachten sollen während des Verfahrens vorgelegt werden und etwa 30 Überlebende Aussagen machen, wie der Anwalt Nery Rodenas vom Menschenrechtsbüro des Erzbistums Guatemala mitteilte. "Wir hoffen, dass das Gericht diese Beweise für ausreichend hält, um eine Verurteilung auszusprechen", sagte Rodenas, dessen Gruppe Überlebende und Angehörige unterstützt.

Erster Schuldspruch 2023 aufgehoben

Lucas García war im Jahr 2018 bereits in einem anderen Verfahren zu 58 Jahren Haft wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt worden, ein Berufungsgericht hob den Schuldspruch im vergangenen Jahr jedoch auf. Noch ein weiterer General im Ruhestand, der ehemalige Leiter des militärischen Geheimdienstes, Manuel Callejas, sollte neben Lucas García vor Gericht stehen. Wegen Unzurechnungsfähigkeit wird gegen ihn aber hinter verschlossenen Türen verhandelt.

Teil eines Massengrabes mit Opfern der Militärdiktatur in Guatemala - gefunden auf dem Gelände einer Polizeistation in der Stadt Comalapa (Archivbild)
Teil eines Massengrabes mit Opfern der Militärdiktatur in Guatemala - gefunden auf dem Gelände einer Polizeistation in der Stadt Comalapa (Archivbild) Bild: Orlando Sierra/AFP

Im Bürgerkrieg zwischen staatlichen Sicherheitskräften, linken Guerillagruppen und rechten Paramilitärs kamen von 1960 bis 1996 mindestens 200.000 Menschen in Guatemala ums Leben, die meisten von ihnen indigene Zivilisten. Es gab zahlreiche Massaker und Fälle sexualisierter Gewalt.

Staatsmacht für 90 Prozent der Morde verantwortlich

Hintergrund des Konflikts waren Versuche einer Landreform Anfang der 1950er Jahre, die nach 1954 durch einen Putsch und ein US-gestütztes Regime unterdrückt wurden. Damit wurden die Interessen des US-Konzerns United Fruit Company gewahrt, der in Guatemala riesige Ländereien zum Anbau von Chiquita-Bananen besaß. Spätestens ab 1975 richtete sich die Staatsmacht planvoll vor allem gegen die ländlichen Maya-Regionen, unter dem Vorwand, die Guerilla finde dort Unterstützung.

Guatemalas damaliger Diktator Efraín Ríos Montt (Mitte) mit Getreuen bei einer Veranstaltung im März 1983
Guatemalas damaliger Diktator Efraín Ríos Montt (Mitte) mit Getreuen bei einer Veranstaltung im März 1983 Bild: AP Photo/picture alliance

Laut einem Bericht der katholischen Kirche in Guatemala gingen mehr als 90 Prozent der Morde auf Armee, Paramilitärs und Zivilpatrouillen zurück. Für neun  Prozent zeichnete demnach die Guerilla verantwortlich.

Die Gerichtsprozesse gegen einige der wichtigsten Angeklagten wurden immer wieder verschoben. Ex-Diktator Efraín Ríos Montt, der von 1982 bis 1983 als Präsident amtierte, starb vor sechs Jahren im Hausarrest, als gegen ihn noch ein Völkermord-Prozess wegen der Ermordung von 1771 Angehörigen des Maya-Volks der Ixil lief. Eine frühere Verurteilung war wegen Verfahrensfehlern aufgehoben worden.

sti/jj (afp, dpa, kna)