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Ex-Staatschef Taylor muss 50 Jahre hinter Gitter

30. Mai 2012

Ein hartes Urteil in Den Haag: Der frühere liberianische Diktator Charles Taylor ist für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu einer Gefängnisstrafe von 50 Jahren verurteilt worden.

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Taylor vor Sondergerichtshof (foto:ap)
Charles Taylor Urteil Den Haag Sondergerichtshof für Sierra LeoneBild: AP

Das Sondertribunal für Sierra Leone im niederländischen Leidschendam bei Den Haag verkündete das Strafmaß, nachdem Taylor am 26. April wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gesprochen worden war. Die Kammer habe Taylor einstimmig verurteilt, sagte der Vorsitzende Richter Richard Lussick. Der Verurteilte sei für die Planung einiger der "hasserfülltesten Verbrechen der Menschheitsgeschichte" verantwortlich, sagte Lussick weiter. Taylor, in einen schwarzen Anzug gekleidet, nahm das Urteil mit geschlossenen Augen zur Kenntnis.

Taylor ist damit das erste Ex-Staatsoberhaupt seit den Nürnberger Prozessen nach dem Zweiten Weltkrieg, das von einem internationalen Gericht bestraft wird. Er kann aber in Berufung gehen. Die Anklage hatte Anfang Mai vor dem Kriegsverbrecher-Tribunal für Sierra Leone 80 Jahre Haft für den Politiker gefordert. Der Prozess gegen Taylor, der als einer der brutalsten Warlords Afrikas gilt, fand aus Sicherheitsgründen in den Niederlanden statt. Seine Strafe soll er in Großbritannien absitzen.

50 Jahre Haft für Liberias Ex-Diktator Taylor

Langwieriges Verfahren

Der 64-jährige Charles Taylor dankte nach der Anklageerhebung im Jahr 2003 ab und floh nach Nigeria. Dort wurde er 2006 festgenommen. Das Verfahren mit mehr als 100 Zeugen wurde am 4. Juni 2007 eröffnet Unter anderem sagten Prominente wie die US-Schauspielerin Mia Farrow, der frühere südafrikanische Präsident Nelson Mandela und das britische Top-Model Naomi Campbell vor dem Gericht aus. Campbell hatte einst nach einem Benefiz-Dinner in Kapstadt Diamanten geschenkt bekommen, die laut Anklage von Taylor stammten.

Die Richter betonten in ihrer Urteilsbegründung allerdings, dass die Staatsanwaltschaft nicht zweifelsfrei bewiesen habe, dass der Liberianer der Hauptdrahtzieher des blutigen Konfliktes (1991-2002) im Nachbarland Sierra Leone gewesen sei und direkte Befehle gegeben habe.

Zeugen verfolgen Tribunal gegen Charles Taylor

Er sei jedoch an der Planung der Straftaten beteiligt gewesen und habe die Kämpfer der "Revolutionären Vereinigten Front" (RUF) unterstützt, befanden die Richter. Die Rebellen waren dafür bekannt, Zivilisten Gliedmaßen abzuhacken. Im Gegenzug für seine Hilfe habe Taylor von einem Rebellenführer sogenannte Blutdiamanten erhalten. Der Bürgerkrieg in Sierra Leone dauerte über ein Jahrzehnt. Taylor musste sich für seine Rolle in der Zeit von November 1996 bis Januar 2002 verantworten. In dem Konflikt wurden mehr als 120.000 Menschen getötet.

Zwei beinamputierte Jugendliche spielen am Strand von Freetown in Sierra Leone mit Hilfe ihrer Krücken Fußball (Archivfoto: picture-alliance/dpa)
Jugendliche Kriegsopfer spielen an Strand von Freetown in Sierra Leone auf Krücken FußballBild: picture-alliance/dpa

Taylor weist Verantwortung von sich

Vor knapp zwei Wochen hatte Taylor nochmals Gelegenheit erhalten, zu den Vorwürfen und dem Schuldspruch Stellung zu nehmen. Wortgewaltig und in einen eleganten Maßanzug gekleidet stellte sich der ehemalige Präsident als Opfer einer von den USA angeführten politischen Intrige des Westens dar.

"Mein Handeln war wahrhaft und geschah mit nur Einem im Sinn: In der Hoffnung, Frieden nach Sierra Leone zu bringen", erklärte er. Er habe keine der ihm zur Last gelegten Kriegsverbrechen begangen. Taylor warf der internationalen Justiz vor, Konflikte in Afrika aus einer rein westlichen Perspektive zu beurteilen.

rv/hp/kle (dpa/apfd)