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Exil-Zeitung als Sprachrohr

Thomas Kruchem12. Oktober 2005

Pressefreiheit ist im Regime von Robert Mugabe ein Fremdwort geworden. Zwei Journalisten flohen aus Simbabwe nach Großbritannien und verlegen dort eine Exil-Zeitung. Die kann auch in ihrem Heimatland gelesen werden.

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Simbabwische Zeitung - gedruckt in Großbritannien und Südafrika

Southampton, England: zwei Computer, ein Konferenztisch im Parterre eines Wohnhauses, an den Wänden Kinderbilder. Von hier aus publiziert der simbabwische Journalist Wilf Mbanga mit seiner Frau Trish die Wochenzeitung "The Zimbabwean".

"Mir wurde klar, dass wir 3,5 Millionen Simbabwer in der Diaspora alle ein gleiches Anliegen haben: Wir wollen wissen, was in unserer Heimat vor sich geht. Um diesem Bedürfnis zu entsprechen, ging ich nach Großbritannien und gründete im März 2005 den 'Zimbabwean' - eine Zeitung, die sowohl meine Landsleute im Exil erreichen als auch das Informationsbedürfnis im Lande selbst befriedigen soll", sagt Mbanga.

Mugabes Wandel

In den 1970er-Jahren war Mbanga Redakteur der Johannesburger Zeitung "Star" und glühender Bewunderer Robert Mugabes, des Kämpfers gegen jene Rassendiskriminierung, unter der der Schwarze Wilf und die Weiße Trish Tag für Tag litten. Nach Mugabes Machtübernahme wurde Wilf Chef der staatlichen Nachrichtenagentur Simbabwes.

Erst als in den 1990er-Jahren immer mehr Oppositionelle verschwanden und bei der Wahl 1995 der Betrug unübersehbar wurde, distanzierte sich der Journalist von seinem Idol. 1999 gründete er Simbabwes erste unabhängige Tageszeitung, die "Daily News". Das Blatt machte dem staatlichen "Herald" binnen weniger Monate Konkurrenz und hängte ihn ab.

Der Gang ins Exil

Das Regime handelte: Es gab Bombenanschläge, Verhaftungen von Redakteuren und 2003 das berüchtigte AIPA-Gesetz, nach dem Medien und Journalisten nur mit staatlicher Genehmigung arbeiten dürfen. Am 3. September 2003 besetzte Polizei die Redaktion der "Daily News", beschlagnahmte Computer, Möbel, Fahrzeuge; Mbanga floh ins Exil.

Das Geld für eine neue Zeitung gaben ihm die Stiftung der britischen Zeitung "Guardian", der Investor George Soros und alte Freunde aus der Anti-Rassismus-Szene, die 20 Jahre zuvor Mugabe unterstützt hatten. "Wir halten Mugabe den Spiegel vor - indem wir seine Menschenrechtsverletzungen dokumentieren, seinen Bruch der Gesetze, seine Manipulation von Wahlen, die Zerstörung der Demokratie in Simbabwe", sagt Wilf Mbanga.

Keiner kennt den anderen

Bei den Mbangas laufen täglich hunderte E-Mails ein: Korrespondenten aus Neuseeland, Australien und Kanada berichten über die simbabwische Exilszene - Journalisten, Jesuiten-Pater und einfache Bürger aus allen Ecken Simbabwes. Honorare gibt es nicht, und niemand weiß, wer die Mitarbeiter sind. Sie kennen sich auch gegenseitig nicht - aus gutem Grund, meint Wilf Mbanga: "Wenn einer verhaftet wird, kann er auch unter der Folter keinen anderen verraten. Diese Mitarbeiter mailen uns ihre Berichte; und bisweilen bitten wir sie, die Story eines Kollegen zu überprüfen. Das muss natürlich äußerst diskret geschehen, weil keiner unserer Autoren als Journalist registriert ist."

Dafür, dass der "Zimbabwean" pünktlich fertig wird, ist Wilf Mbangas Frau Trish verantwortlich. Jeden Dienstagabend mailt sie 24 Seiten per Breitband-Internet an Druckereien in London und Johannesburg. Dass die Mbangas bis heute den "Zimbabwean" nach Harare einfliegen können, verdanken sie einem der simbabwischen Diktatur innewohnenden Legalismus, gepaart mit gesetzgeberischem Dilettantismus.

Umweg über Südafrika

"Das AIPA-Gesetz schreibt vor, dass Zeitungen, die in Simbabwe produziert und gedruckt werden, registriert und lizenziert sein müssen - so wie alle im Lande tätigen Journalisten. Über ausländische Zeitungen sagt das Gesetz nichts: Wir haben in Südafrika eine Firma gegründet, die den 'Zimbabwean' in Johannesburg drucken lässt - womit er formal eine südafrikanische Zeitung ist, die ja auch in den Städten Südafrikas in Läden und an Straßenecken verkauft wird. Von dieser südafrikanischen Zeitung senden wir allerdings 15.000 Exemplare nach Zimbabwe", erzählt Wilf Mbanga.

Vor kurzem, sagt Trish Mbanga, hat Mugabes Regierungssprecher Maßnahmen gegen den "Zimbabwean" angekündigt. Doch selbst wenn das Blatt verboten werden sollte, sieht sie darin keinen Grund aufzuhören.