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Experte: Aserbaidschan will Karabach-Konflikt lösen

2. Juli 2009

So paradox es klingt: Der Krieg zwischen Russland und Georgien von vor einem Jahr könnte eine Lösung des Konflikts um die Exklave voranbringen. Eine Studie aus Mannheim zeigt, wie es gehen könnte.

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Bild: DW

Seit Ende der 80er Jahren gibt es Auseinandersetzungen um das Gebiet, das anderthalb Mal so groß ist wie das Saarland. 1991 eskalierte die Gewalt und es kam zum Krieg. 1994 kam ein Waffenstillstand zustande. Bis heute sind im Zuge des Konflikts 30.000 Menschen getötet worden.

Wie eine friedliche Lösung aussehen könnte, dazu hat Aser Babajew in Berlin eine Untersuchung zum Berg-Karabach-Konflikt nach dem Krieg um Südossetien vorgestellt. Babajew ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung. Seiner Auffassung nach hat der Krieg in Georgien im August vergangenen Jahres die aserbaidschanische Führung dazu gebracht, sich mit neuen Ansätzen zu beschäftigen.

Babajew zufolge hat Baku klare Vorstellungen, wie der Konflikt beigelegt werden könne: Nach wie vor bestehe Aserbaidschan auf der Befreiung des von Armenien besetzten aserbaidschanischen Territoriums. Baku fordere die Wiederherstellung der territorialen Integrität Aserbaidschans und die Rückkehr der Flüchtlinge in ihre Heimatprovinz. Darüber hinaus sei Baku bereit, unter Berufung auf europäische Erfahrungen, Berg-Karabach Autonomie zu gewähren.

Der Wissenschaftler ist der Auffassung, dass eine baldige Lösung des Konflikts nur unter der Bedingung möglich ist, dass die Regelung des Status von Berg-Karabach vorerst ausgeklammert werde. Zudem müssten die USA und Russland an einem Strang ziehen und nicht mehr um Einfluss in der Kaukasus-Region ringen.

Russland als Partner

Gerade die Rolle Russlands in der Region, so Babajew, sei ein Grund dafür gewesen, dass Aserbaidschan während des georgisch-russischen Kriegs keine Solidarität mit Tiflis bekundet habe. Zwar hätten Aserbaidschan und Georgien in Sachen Erdölleitung Baku-Tiflis-Ceyhan und der geplanten Nabucco-Gaspipeline gemeinsame Interessen, aber Russland sei nach wie vor einer der wichtigsten politischen Partner Aserbaidschans.

Die Position der internationalen Gemeinschaft bezüglich der Frage nach Anerkennung der Unabhängigkeit Abchasiens und Südossetiens durch Russland, habe Baku überzeugt, mit dem Kurs in der Berg-Karabach-Frage richtig zu liegen. Laut Babajew hätte man folgerichtig davon ausgehen können, dass Russland im Zuge der Anerkennung der Unabhängigkeit Südossetiens und Abchasiens auch Berg-Karabach diesen Status zuerkennt. Doch nach Moskauer Lesart sei Berg-Karabach schon immer ein Sonderfall gewesen. So habe die russische Seite in den Diskussionen um die Unabhängigkeit des Kosovo stets Südossetien und Abchasien, aber nie Berg-Karabach als Beispiel angeführt.

Auch wenn es auf den ersten Blick paradox erscheine, so habe der Konflikt um Südossetien Babajew zufolge die Beziehungen zwischen Baku und Moskau konsolidiert. Zugleich warf er dem Westen vor, zweierlei Maß anzulegen. Während sich der Westen und die USA für den Erhalt der territorialen Integrität Georgiens aussprechen würden, seien ihre Forderungen in einer ähnlichen Situation rund um Berg-Karabach und Aserbaidschan weniger überzeugend.

EU soll Mittlerrolle übernehmen

Babajew beklagt, dass die EU-Außenpolitiker den Karabach-Konflikt seit vielen Jahren nur am Rande behandeln. Was die EU interessiere, sei einzig der Bau der Nabucco-Gaspipeline. Mit ihr verbinde Europa die große Hoffnung, die Energieversorgung zu diversifizieren. Babajew hofft aber, dass die EU mit ihrem Programm "Ostpartnerschaft" Aserbaidschan und Armenien auch dabei hilft, den Karabach-Konflikt beizulegen. Europa habe eine Fülle von Erfahrungen bei der Lösung solcher Probleme, und man könne von Europa eine Menge lernen, stellte er fest. Deshalb ist Babajew der Auffassung, dass die EU in Gesprächen zwischen Baku und Jerewan als Vermittler auftreten könnte.

Autorin: Oxana Evdokimova / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Birgit Görtz