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Experten für ...

4. Oktober 2009

Egal, ob es um Literatur, Philosophie, Kunst oder Politik geht – die Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg bietet Studierenden einen umfassenden Einblick ins Judentum. Und das schon seit 30 Jahren.

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Ein Mann blättert in der Bibliothek der Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg in einem Buch (Foto: dpa)
Einzigartig in Europa: Die Hochschule für Jüdische StudienBild: picture-alliance/ dpa

Ist die Bibel ein historisches Buch oder die Offenbarung Gottes? Eine Streitfrage, über die Rabbiner Shaol Friberg gerne mit seinen Studenten diskutiert. Dabei geht es aber nicht um einen Schlagabtausch der eigenen Ansichten, sondern darum, wie die Studenten ihren Schülern im Religionsunterricht den Widerspruch zwischen Evolutionstheorie und Schöpfungsgeschichte vermitteln können. Eine ganz praktische Frage, die sich nicht nur für christliche, sondern ebenso für jüdische Religionslehrer stellt. Sie werden seit 2001 an der Hochschule für Jüdische Studien ausgebildet. Der einzigen Institution in Deutschland, an der sie - seit 2006 - ein staatlich anerkanntes Examen machen können.

Gegründet wurde die Hochschule für Jüdische Studien aber schon im Jahr 1979. "In ganz Europa gibt es keine vergleichbare Einrichtung, die einen so breiten und dichten jüdischen Fächerkanon anbietet", sagt der Vorsitzende des Hochschulkuratoriums, Salomon Korn. Acht Professoren unterrichten die jüdische Bibelauslegung, die Geschichte des jüdischen Volkes, Rabbinische oder moderne hebräische Literatur. Auch jüdische Kunst, Philosophie und nicht zuletzt Religionspädagogik werden den derzeit 150 Studenten aus 14 Nationen vermittelt. Bislang geschah dies an vier über die Stadt verteilten Instituten. Zum 30-jährigen Jubiläum wurde jetzt ein neues Gebäude eröffnet, das alle Studienorte unter einem Dach vereint.

Neubau der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg (Foto: HfJS)
Breiter Fächerkanon: Im modernen Neubau sind alle Studiengänge unter einem Dach vereint.Bild: HfJS

Zentrum der deutsch-jüdischen Kultur

Der moderne Glasbau auf einem historischen Ritterturnierplatz überspannt ein altes Gewölbe. Hochschulrabbiner Shaol Friberg freut sich besonders über den "Beyt Midrasch", einen neuen Raum, in dem sowohl gelehrt als auch gebetet wird. "Dieser Raum ist für mich das Herz des Neubaus", erklärt er, denn der "Beyt Midrasch" symbolisiere die enge Verbindung zu den jüdischen Gemeinden.

Denn die Hochschule wurde 1979 vom Zentralrat der Juden in Deutschland vor allem gegründet, um für die ersten versprengten jüdischen Gemeinden in der Bundesrepublik eigene Lehrer, Vorbeter oder auch Rabbiner auszubilden. Auch wenn das heute nur noch einen Teil des Studienangebots ausmacht, ist das jüdische Leben an der Hochschule doch stets präsent geblieben. Etwa, indem die Mensa nur koschere Speisen anbietet.

Eine weltweit gefragte Hochschule

Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Salomon Korn, bei der Eröffnung des Neubaus der Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg (Foto: AP)
Salomon Korn, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, bei der EröffnungBild: AP

Die breite Fächerkombination und die vielen verschiedenen Bachelor- und Masterstudiengänge machen die Hochschule bei Studierenden so beliebt. Zunehmend kommen Studierende und auch Dozenten aus dem Ausland – aus den USA, China, der Ukraine, Italien. Nur 40 Prozent der Studenten sind heute noch jüdisch. Einer von ihnen ist Mark Krasnov, der sich mit dem Studium einen Lebenstraum erfüllt. "Ich habe, seit ich 14 Jahre alt bin, Jugendarbeit in der jüdischen Gemeinde in Hannover gemacht", erzählt er. "Nach dem Abitur habe ich beschlossen, mein Hobby zur Lebensaufgabe zu machen."

Doch nicht nur in Fragen der Erziehung und Bildung möchte die Hochschule das Leben in Deutschland mitgestalten. Sie will sich auch politisch einmischen, erklärt Dozent Frederek Musall. Gerade über das Thema Israel- und Nahost-Konflikt rücke die Hochschule immer mehr in den Blickwinkel der Öffentlichkeit. "Es geht nicht darum, die Hochschule zu politisieren", betont Musall. "Aber wir können nicht nur in einem Elfenbeinturm bleiben, sondern müssen in die deutsche Gesellschaft hineinwirken."

Autoren: Sebastian Barth (mit kna) / Sabine Damaschke

Redaktion: Svenja Üing