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Exportschlager Transrapid?

Jessica Sturmberg12. Juli 2002

Die ersten Exemplare des Transrapid sind auf der Reise nach Fernost. In China werden mit deutscher Technik künftig Passagiere mit Tempo 430 von Schanghai zum Flughafen der Metropole befördert.

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Der Zug der Zukunft ist auf dem Seeweg unterwegs nach SchanghaiBild: AP

Während sich in Deutschland Politiker und Experten noch immer über Machbarkeit und Finanzierung der Magnetschwebebahn zanken, haben die Chinesen längst die Weichen gestellt: Mit Hochgeschwindigkeit wird die erste Transrapidstrecke gebaut. Obwohl erst vor eineinhalb Jahren die Entscheidung für das Projekt gefallen ist, soll die Magnetschwebebahn bereits ab Januar 2003 über die 30 Kilometer lange Pilotstrecke rauschen. Wird die Premiere ein Erfolg, will Ministerpräsident Zhu Rongji weitere Strecken bei den deutschen Ingenieuren in Auftrag geben. Im Gespräch ist die 1.300 Kilometer lange Verbindung von Schanghai nach Peking.

Pläne wieder in die Schublade

Im Heimatland der Technik halten sich hingegen hartnäckig Bedenken am Einsatz des Transrapid, vor allem bezüglich seiner Finanzierbarkeit. Die Deutsche Bahn setzt statt der Magnetschwebebahn weiter auf das Zugpferd ICE. Denn der kann sowohl auf den neu gebauten Hochgeschwindigkeitstrassen wie auch dank der Neigetechnik auf dem herkömmlichen, weit verzweigten Schienennetz mit hohem Tempo fahren.

Im Vergleich zum ICE hat der Transrapid einen gewichtigen Nachteil: Vereinzelte Strecken blieben ohne Anbindung an ein umfassendes Netz. Wegen zu hoher Investitionskosten und zu großem finanziellem Risiko wurde die 1994 beschlossene Planstrecke Berlin – Hamburg wieder zurück in die Schublade gelegt.

Technische Dominanz

Den hohen Anschaffungskosten halten die Ingenieure immer wieder die technische Überlegenheit des Transrapid entgegen: Im Vergleich zu den Hochgeschwindigkeitszügen des Rad-Schiene-Systems wie den französischen TGV, den japanischen Shinkansen oder den deutschen ICE ist die Magnetschwebebahn schneller, leiser und in der Unterhaltung günstiger. "Während bei Rad-Schiene-Systemen die Gleise stark beansprucht werden und permanent gewartet werden müssen, ist die Magnetschnellbahn mit ihrer berührungsfreien elektromagnetischen Antriebstechnik verschleißfrei", betont Hubertus Christ, Präsident des Vereins deutscher Ingenieure (VDI), im Gespräch mit DW-WORLD.

Der Energieverbrauch des Transrapid sei geringer, zugleich die Beschleunigung schneller und die Technik sicherer. "Mit dem Transrapid sind neue Streckenführungen möglich, da die Magnetbahn zehn Prozent Steigung bewältigen kann im Vergleich zu Rad-Schiene mit nur bis zu fünf Prozent." Aber: Die hohen Anfangsinvestitionen schrecken ab, vor allem in Ländern mit einem bereits gut ausgebauten Schienennetz wie in Deutschland. Und mit dem seit 1964 betriebenen Shinkansen, dem 1981 gestarteten TGV und dem seit 1991 laufenden ICE können die Betreiber auf jahrelange Erfahrung zurückgreifen.

Inzwischen planen die Bundesländer Bayern und Nordrhein-Westfalen jeweils eine Verbindung mit der Magnetschwebebahn: einmal zwischen der Stadt München und dem Flughafen sowie durch das Ruhrgebiet von Dortmund nach Düsseldorf. Die von den Ländern in Auftrag gegebenen Machbarkeitsstudien bescheinigen beiden, dass sich die Investition lohnen würde. Hingegen wirft der Bundesrechnungshof den Länderregierungen vor, dass die in den Studien angenommenen Eckdaten zu optimistisch kalkuliert seien. Zudem stehe der Nutzen in keinem Verhältnis zu den Kosten.

Wettrennen der Bahnen

Im Wettbewerb der Hochgeschwindigkeitszüge um die lukrativen Strecken der Welt wird mit harten Bandagen gekämpft. Der TGV schlug 1998 den Transrapid bei einer Ausschreibung in Australien und hat auch 1993 in Südkorea das Rennen gemacht. Vor zwei Jahren unterlag der deutsch-französische Eurotrain dem japanischen Shinkansen bei einer Ausschreibung in Taiwan. In Spanien fuhr der ICE dem TGV bei zwei Aufträgen zum Bau von 16 Hochgeschwindigkeitszügen davon. Und auch um die Strecke Peking – Schanghai wird gerungen.

Den Politikern geht es vor allem darum, endlich eine Referenzstrecke für das Prestigeobjekt zu errichten. Ansonsten lässt sich der Transrapid im Ausland nur schwer vermarkten. Auch die Hoffnung auf viele neue Arbeitsplätze durch den Export der Magnetschwebebahn würden sich zerschlagen. "Stattdessen werden die Chinesen den Transrapid vermarkten", befürchtet Christ. "Denn wenn die Schanghai-Strecke läuft, haben die chinesischen Ingenieure nach kurzer Zeit das Know-How aus dem täglichen Gebrauch." Dann wäre der Zug für die deutschen Wissenschaftler abgefahren.