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Extremtourismus auf Russisch

Stephan Hille30. September 2003

Amerika, so heißt es, sei das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Doch was den extravaganten Abenteuer-Tourismus angeht, hat auch Russland einiges zu bieten. Allein der eigene Geldbeutel setzt dem Erlebnisdurst Grenzen.

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Die Angebots-Palette ist riesig, vom halbstündigen Flug im ausgemusterten Kampfjet bis hin zum kompletten Weltraumtraining und Flug ins All. Man muss ja nicht gleich 20 Millionen Dollar auf den Tisch legen, um wie die beiden Supermillionäre Dennis Tito und Marc Shuttleworth als private Weltraumtouristen in den Kosmos abzuheben.

Karussellfahrt für 2200 Dollar

Wer’s mag, kann sich den Magen auch für weniger Geld umdrehen lassen. Zum Beispiel in der Zentrifuge im Sternenstädtchen, dem Ausbildungszentrum der russischen Kosmonauten bei Moskau. Hier trainierten schon Jurij Gagarin und Sigmund Jähn, der erste Deutsche im All. Eigentlich ist das Sternenstädtchen für Normalsterbliche tabu, denn noch immer lassen sich die Russen ungern in die Karten gucken, auch wenn diese schon etwas veraltet sind. Doch für die entsprechenden Greenbacks und mit genügend Vorlaufzeit lässt sich diese Hürde locker nehmen.

Schlappe 2200 Dollar kosten zehn Minuten in dem Zentrifugal-Trainer. Wer das teuer findet, sollte bedenken, dass das Monstrum die Ausmaße eines mittleren Passierflugzeugs hat und, erst einmal auf Touren gebracht, sich schneller als jedes Kirmeskarussell dreht. Besser angelegt wären die 2000 Dollar jedoch für einen Flug in der Transportmaschine Iljuschin 76. Beim mehrmaligen und je drei Kilometer dauernden Sturzflug erlebt der Passagier im ausgepolsterten Frachtraum das Gefühl der Schwerelosigkeit.

Überschall-Ausflug im Kampfjet

Geschwindigkeitsfreaks dürften jedoch eher beim Flug in einem russischen Überschall-Kampfjet auf ihre Kosten kommen. Was früher für die Arsenale des Kalten Kriegs geschmiedet wurde, kann heute bei Moskau auf einem Flugfeld für Testpiloten geflogen werden. Im Angebot ist eigentlich alles, was das Herz begehrt und der Magen aushält: Von der MiG 21 bis zum modernen Kampfjet SU 27.

Der Einstiegspreis für die 30 Minuten im kleinsten Flieger inklusive Looping, liegt bei 3500 Dollar. Extrawünsche können mit dem Piloten vorher abgesprochen werden. Ein Flug in der SU 27 kostet 9500 Dollar, aber dafür schafft der moderne Kampfjet immerhin 2,35 Mach, das sind 2820 Kilometer pro Stunde und dürfte allerdings auch komplizierte Zahnfüllungen aus der Fassung bringen. Für alle Fälle überprüft ein Arzt vorher die Flugtauglichkeit des Passagiers.

Frühbucher gehen auf "Nummer sicher"

Für alle Flugwilligen gilt auch hier: möglichst weit im voraus buchen, denn neue Zeiten hin oder her - der Inlandsgeheimdienst FSB wirft auch noch einen letzten, aber entscheidenden Blick auf den Reiseantrag. Wer’s gerne bodenständiger und rustikaler mag, ist vielleicht besser beim Panzermuseum Klubinka im Süden von Moskau aufgehoben. Vom sowjetischen Klassiker T-72 bis zum ollen Wehrmachtspanzer, je nach Geschmack und Pietät des Kunden kann man auch hier fast alles mieten, was auf Ketten fährt und Krach macht. Die mehrstündige Schaukelei ist schon für einige Hundert Dollar zu haben.

Und wer unbedingt einmal aus allen Rohren feuern möchte, kann dieses Bedürfnis auch gleich an Ort und Stelle befriedigen. Allerdings nicht mit dem Panzer, sondern lediglich mit der schnöden Kalaschnikow. Irgendwann stoßen halt auch in Russland die Gelüste zahlungswilligerr Kunden auf Grenzen.