1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Syrien Ultimatum

17. November 2011

Das Ultimatum und die Sanktionsdrohung der Arabischen Liga sind das Eine. Mit der härteren Gangart signalisiert die arabische Staatengemeinschaft auch, dass sie mit dem absehbaren Ende der Herrschaft Assads rechnet.

https://p.dw.com/p/13CYx
Demonstrant schlägt mit Schuh auf Assad-Plakat ein(Foto: AP)
Bild: AP

Die Arabische Liga hat der syrischen Regierung mit wirtschaftlichen Sanktionen gedroht, falls die Gewalt gegen Zivilisten nicht bis zum Wochenende beendet wird.

Dieser Vorstoß der Arabischen Liga gibt der Opposition in Syrien politisch erheblichen Auftrieb – davon ist Syrien-Experte Volker Perthes überzeugt. Er wertet das Ultimatum aber auch als "Signal an jene Syrer, die bis jetzt noch keine Partei ergriffen haben". Offenbar rechne man im arabischen Umfeld Syriens mit dem nahen Ende des Regimes, so Perthes.

Neues Selbstverständnis

Portrait Volker Perthes, Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik (Foto: SWP)
Volker Perthes, Stiftung Wissenschaft und PolitikBild: Stiftung Wissenschaft und Politik

Für die Arabische Liga ist es eine Zeitenwende: Noch beim Gipfel im März 2010 im libyschen Sirte empfing ein selbstsicherer Muammar al-Gadafi andere politische Schwergewichte der Arabischen Welt, deren Macht damals unanfechtbar schien und die trotzdem gut ein Jahr später vom Sockel gestoßen wurden. Der ägyptische Ex-Präsident Mubarak ist auf dem Gruppenfoto des Gipfels in Sirte genauso zu sehen wie Tunesiens Ex-Herrscher Ben Ali, Syriens Präsident Assad und sein jemenitischer Amtskollege Saleh.

Die Arabische Liga ist dabei, sich vom Club arabischer Autokraten zu einer Institution zu wandeln, die in Zukunft als moralische Instanz in der Region wahrgenommen werden will. Federführend dabei ist der frühere Außenminister der ägyptischen Übergangsregierung und heutige Generalsekretär Nabil al-Arabi. Mit Unterstützung des Golfstaates Katar treibt der Jurist, der von 2001 bis 2006 Richter beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag war, die Veränderungen in der Arabischen Liga voran.

Neue Mission

Für den Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik Volker Perthes ist die Arabische Liga dabei ihre künftige Rolle und Mission zu finden: "Es ist sehr interessant, wenn die Arabische Liga hier anfängt, was sie bis jetzt nur bei einem 'unwichtigen' Staat wie Libyen getan hat. Dieses Mal kümmert sie sich bei einem zentralen Staat der Region um die innere Entwicklung des Landes und sagt: 'Wenn das Morden nicht aufhört, dann werden wir Sanktionen verhängen'." Der Politikwissenschaftler beschäftigt sich seit mehr als zwanzig Jahren intensiv mit Syrien, forschte und lehrte in Damaskus und Beirut.

Nabil al-Arabi (li.) mit Katars Außenminister Hamad bin Jasim auf einer Dringlichkeitssitzung der Arabischen Liga am 12. 11. 2011 in Kairo (Foto: AP)
Nabil al-Arabi (li.) mit Katars Außenminister Hamad bin JasimBild: dapd

Wenn die Arabische Liga in absehbarer Zeit Sanktionen verhängt, dann wertet Perthes das als Signal an andere Staaten in der Region, vor allem an Syriens wichtigen Handelspartner Türkei. Außerdem würde damit der Druck auf Russland und China erhöht, im Weltsicherheitsrat einem Beschluss zur Verhängung von UN-Sanktionen zuzustimmen. "Wenn die Regionalorganisation die Dinge in die Hand nimmt und sagt 'wir orientieren uns in Richtung Machtwechsel und wir sehen das Ende des Regimes, wollen es sogar nach Möglichkeit beschleunigen', dann überlegt man sich natürlich auch in Moskau und in Peking, wie lange man noch an einem sterbenden Regime festhalten will.“

Besonders für Russland, das traditionell wirtschaftlich und militärisch eng mit dem Assad-Regime zusammenarbeitet, sei das ein schwieriger Lernprozess.

Außenpolitische Folgen

Völlig umdenken muss aber auch der Iran. Die Machthaber in Teheran verfolgen seit Monaten beunruhigt das Geschehen in Syrien und befürchten, den einzigen strategischen Verbündeten in der Region zu verlieren. "Für den Iran ist das politisch verheerend“, meint Volker Perthes: "Es ist geo-strategisch unangenehm für die Iraner, die über Syrien die Hisbollah im Libanon versorgen. Teheran würde sich noch isolierter fühlen, wenn das Regime in Damaskus fällt.“

Doch obwohl die Zeit gegen Assad läuft, kann sich Perthes nicht vorstellen, dass der syrische Präsident zu wirklichen Konzessionen bereit ist. "Der Countdown hat begonnen. Ich glaube nicht, dass sich das Regime noch sehr lange halten kann. Je länger es sich hält, je länger es gegen seinen eigenen Sturz kämpft, desto blutiger und schlimmer wird die Lage. Man kann nur hoffen, dass das Ende sich nicht allzu lange hinzieht.“

Autor: Thomas Kohlmann
Redaktion: Daniel Scheschkewitz