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Für die Freiheit, gegen Menschenrechte

Jens Thurau28. Mai 2003

Amnesty International hat am Mittwoch (28.5.) in Berlin den Jahresbericht 2003 zur Lage der Menschenrechte vorgestellt. Die Organisation prangert Menschenrechts-Verletzungen in rund 150 Ländern an - auch in Deutschland.

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Im Interesse der GefangenenBild: DW

Der Kampf gegen den internationalen Terrorismus wird weltweit - vor allem von den USA - im Namen der Menschenrechte geführt. Allerdings: Oft genug, so die Gefangenen-Hilfs-Organisation Amnesty International im Jahresbericht 2003, werden dabei aber Menschenrechte verletzt - unter Berufung auf die verschärfte Sicherheitslage. Der fortlaufende Ruf nach mehr Sicherheit werde von vielen Regierungen missbraucht, um die Einschränkung von Menschenrechten zu rechtfertigen. Besonders sorgenvoll blickt Amnesty nach Indien: Hier seien den Sicherheitskräften nach den Terror-Anschlägen vom 11. September 2001 weitreichende Befugnisse eingeräumt worden, mit denen Minderheiten - beispielsweise Muslime - unterdrückt würden. Und in Russland benutze die Regierung den Anti-Terror-Kampf, um mit größter Härte gegen tschetschenische Rebellen vorzugehen.

Kritik an USA

Erfolge im Kampf für mehr Menschenrechte waren aber auch zu verzeichnen: Die Generals-Sekretärin der Deutschen Amnesty-Sektion, Barbara Lochbihler nannte hier die Erweiterung der UN-Kinder-Rechts-Konvention, die den Einsatz von Kindern als Soldaten verbietet. Zudem hat der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag, der Verbrechen gegen die Menschlichkeit und schwere Kriegsverbrechen ahndet, seine Arbeit aufgenommen. Amnesty kritisiert hier jedoch die Aushöhlung des Gerichtshofs durch die USA. "Derzeit haben 139 Staaten das Statut des Strafgerichtshofes unterzeichnet und 90 von ihnen ratifiziert", sagte Lochbihler, "Allerdings müssen wir feststellen, dass mindestens 35 Staaten ein bilaterales Abkommen mit den USA über die Nicht-Auslieferung US-amerikanischer Soldaten an den Strafgerichtshof unterzeichnet haben."

Babara Lochbihler Generalsekretärin von Amnesty International Deutschland
Babara Lochbihler Generalsekretärin von Amnesty International DeutschlandBild: ai

Eine spezielle Forderung hat Amnesty auch an die Verantwortlichen für den Wiederaufbau im Irak: Viel werde über den wirtschaftlichen Wiederaufbau gesprochen, so Lochbihler, aber zu wenig über die Vergangenheits-Bewältigung nach den langen Jahren der Diktatur von Saddam Hussein. Opfer und Familienangehörige hätten einen Anspruch darauf, dass Menschenrechtsverletzungen konsequent aufgeklärt und die Verantwortlichen in fairen und unabhängigen Gerichtsverfahren strafrechtlich belangt werden. "Dazu gehört auch, dass Akten und Unterlagen in Ministerien, Geheimdienstgebäuden und lokalen Verwaltungen sicher gestellt werden", sagte Lochbihler - vieles sei aber leider bereits durch Plünderungen verloren gegangen.

Menschenrechtsverletzungen in 150 Ländern

In 151 Ländern - und somit fast überall auf der Welt- registrierte Amnesty Menschenrechtsverletzungen. Darunter findet sich auch Deutschland. Hier machte eine Kindes-Entführung in Frankfurt am Main Schlagzeilen: Der Verdächtige hatte das Kind bereits ermordet, als er verhört wurde. Während des Verhörs jedoch wurde er mit Folter bedroht. Gegen den verantwortlichen Vize-Polizei-Präsidenten wird ermittelt, ein Prozess ist wahrscheinlich. Doch dass sich auch einige Politiker zustimmend zu den Methoden der Frankfurter Polizisten geäußert hatten, hält Lochbihler für das eigentliche Übel: Es sei erschreckend, dass von Seiten der Politik nicht sofort klargestellt wurde, dass Folter ein absolut striktes Verbot ist in Deutschland, das auch für solche Notfälle gilt. "Vielmehr hat man bei einzelnen Politikern gemerkt: Sie warten ab, wie die Öffentlichkeit reagiert." Und wenn es - wie erwartet - zum Prozess gegen den Frankfurter Vize-Polizeichef kommt, dann fürchtet Lochbihler ein Wiederaufflammen der Debatte. Und die sei - angesichts des kaltblütig ermordeten 11-jährigen Jungen - auch schwer emotionslos zu führen, meinte die deutsche Amnesty-Chefin.