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Maschinenbau

2. November 2010

Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau setzt voll auf den Export. Entsprechend heftig wurde die Branche von der Krise getroffen. Doch jetzt erlebt sie eine wundersame Auferstehung.

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Maschinenbauer bei der Arbeit (Foto: dpa)
Wieder viel zu tun für die deutschen MaschinenbauerBild: picture-alliance / dpa/dpaweb

Hannes Hesse hat schon einiges erlebt. Seit vielen Jahren ist er Hauptgeschäftsführer beim Verband der deutschen Maschinen- und Anlagenbauer – kurz VDMA. Abschwung und Aufschwung, Krisen und Erholungsphasen: Alles schon da gewesen. Was allerdings in den vergangenen anderthalb Jahren geschah, das hat auch ihn überrascht. Er hätte sich nie vorstellen können, dass einzelne Unternehmen Einbrüche beim Auftragseingang haben von 70 Prozent und mehr – und dass es in der gesamten Branche auf minus 40 Prozent im Schnitt herunter gehen könnte. "Ich hätte mir auch nicht vorstellen können, dass die Unternehmen das überhaupt überstehen - und das, ohne nennenswert Leute zu entlassen." Wenn er heute auf den Zustand der Branche schaut, dann ist Hesse genauso verblüfft, "mit welchem Tempo wir aus der Krise herauskommen: Das alles grenzt an ein Wunder, aber ein schönes Wunder."


Arbeiter an einem Bauteil einer Anlage (Foto: DW)
Präzision auch bei ganz großen Teilen

Lob aus berufenem Munde

Auch Pascal Lamy, der Chef der Welthandelsorganisation lobte dieser Tage die deutschen Maschinenbauer: Wie sie es schaffen, genau die Produkte zu bauen, die in den Schwellenländern gebraucht werden, so der Franzose voller Bewunderung in einem Zeitungsinterview. Aber wie machen das diese Deutschen nur? So lautet die Frage, die sich die Konkurrenten stellen. Den Versuch, das Wunder zu erklären, unternimmt Thomas Lindner. Er ist seit gut einem Monat der neue Präsident des VDMA und verweist auf wettbewerbsfähige Produkte und Strukturen. "Und unsere Dienstleistungen entsprechen offenbar der Nachfrage", sagt Lindner und verrät schließlich das Erfolgsgeheimnis: Man habe es in einer "wahnsinnig tiefen Krise" geschafft, die qualifizierten Mitarbeiter mehr oder weniger durch die ganze Krise hindurch zu halten. "Und davon profitieren wir jetzt im Aufschwung, weil wir eben jetzt die personellen und fachlichen Kapazitäten haben, um den Aufschwung bewältigen zu können."

Fachkräftemangel als Wachstumsbremse

Thomas Lindner, neuer Präsident des Verbandes der Deutschen Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) (Foto: VDMA)
Thomas Lindner, neuer Präsident des VDMABild: VDMA

Und zudem werden auch wieder Leute eingestellt, ein Plus von 5000 meldeten die Unternehmen seit Juni. 909 000 Menschen finden somit derzeit in Branche einen Job. Und man würde sogar noch mehr qualifiziertes Personal brauchen – die Betriebe suchen händeringend derzeit 5000 Ingenieure. Das macht den Aufschwung fast schon zum Problem, sagt Lindner, selbst Chef eines Textilmaschinenbauers mit 6000 Mitarbeitern: "Das kann eine Wachstumsbremse sein. Das ist überhaupt keine Frage. Und das kann uns auch im Wettbewerb behindern." Denn wer in der Auftragsphase keine qualifizierten Angebote vorlegen kann, dem schnappt der Wettbewerber den Auftrag weg. "Deswegen ist das schon für unser Wachstum in Deutschland wichtig, in diesem Bereich ausreichend Fachkräfte vorzuhalten."

Zuwanderung allein löst die Probleme nicht

Monteur am Bauteil eines Eisenbahn-Drehkrans (Foto: dpa)
Kraft und Köpfchen sind gefragtBild: picture-alliance/dpa

Wenn es um Fachkräftemangel geht, ist die Frage der Zuwanderung nicht weit. Allerdings warnt der Verbands-Chef davor, allein darauf zu hoffen. Zwar sei eine gezielte Zuwanderung von Fachkräften hilfreich, doch der Versuch, das Problem des Fachkräftemangels alleine durch Zuwanderung in den Griff zu bekommen, hält Lindner für einigermaßen aussichtslos. "Auch die Schwellenländer brauchen Fachkräfte. Auch ein Land wie Indien möchte kein Fachkräfte-Exporteur sein. Die brauchen für den Aufschwung ihre Fachkräfte selber dringend."

Denn in Asien wächst derzeit eine eigene, leistungsfähige Maschinenbauindustrie heran – die Konkurrenz von morgen für die deutschen Hersteller. Schon heute ist China der größte Exportmarkt, ein Spitzenplatz, den sie Deutschland streitig gemacht haben. Für die deutschen Branche, die immerhin ein Drittel all ihrer Produkte exportiert gilt: Die Aufholjagd muss weitergehen: Denn trotz aller wieder positiver Zahlen: Das Niveau der Produktion ist nach dem schweren Einruch gerade mal auf dem vom Sommer 2006 angekommen.

Autor: Henrik Böhme
Redaktion: Andreas Becker