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Fadumo Dayib: "Mit Al-Shabaab verhandeln"

Fred Muvunyi / tk7. März 2016

Fadumo Dayib geht vermutlich als erste Frau ins Rennen für die Präsidentenwahlen in Somalia. Im DW-Interview spricht sie über ihre Strategie, die ihrem Heimatland den lang ersehnten Frieden bringen soll.

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Porträt Fadumo Dayib (Foto: Chris Schwagga)
Bild: Chris Schwagga

Die Exil-Somalierin lebt seit den 1990ern mit ihren vier Kindern in Finnland. Nun will sie in die Heimat zurückkehren und es bei den Wahlen im August 2016 nach ganz oben schaffen. Als Präsidentin hätte sie vor allem eine schwierige Aufgabe: den Terror der Miliz Al-Shabaab einzudämmen. Als offizielle Kandidatin braucht sie die Zustimmung vom somalischen Parlament. Die Entscheidung fällt im Juli. Außerdem muss Dayib für ihre Kandidatur etwa 20.000 US-Dollar (18.000 Euro) hinterlegen.

DW: Warum möchten sie als Präsidentschaftskandidatin ins Rennen gehen?

Fadumo Dayib: Ich möchte für die Präsidentschaft kandidieren, weil es meine moralische Pflicht ist, das Blutvergießen in Somalia zu stoppen. Wir haben mehr als 25 Jahre zugesehen. Es muss jetzt endlich jemand diese Verantwortung übernehmen. Die derzeitige und die vorige politische Führung haben versagt. Wir müssen die Sache jetzt in die eigenen Hände nehmen. Deshalb will ich Präsidentin werden. Ich bringe die Fähigkeiten, die Kompetenzen und die Motivation dafür mit.

Wie sicher sind Sie, dass Sie Unterstützung von den Somaliern bekommen werden? Somalia ist kein Land, das Frauen in höheren Positionen fördert.

Das ist ein globales Phänomen und gilt nicht nur für Somalia. Männer dominieren zwar in der Gesellschaft, aber den jungen Generationen ist es mittlerweile egal, ob die Person Mann oder Frau ist. Entscheidend ist, welche Kompetenzen und Führungsqualitäten sie mitbringt. Natürlich ist es nach wie vor eine große Herausforderung, aber wir werden Frauen fördern, die öffentliche Ämter anstreben. Ich bin sehr zuversichtlich, was die Unterstützung der Somalier angeht. Sie wollen endlich Frieden, kompetente Politiker und eine gute Schulbildung für ihre Kinder.

Somalia: kenianische Truppen auf Patrouille (Foto: picture-alliance/AP Photo/Ben Curtis)
Dayib: "Die nationalen Sicherheitskräfte stärken"Bild: picture-alliance/AP Photo/B. Curtis

Sie haben mehrere Todesdrohungen bekommen, seitdem Sie sich als Kandidatin angekündigt haben. Wie reagieren Sie darauf?

Es ist seltsam, aber das bedeutet auch, dass ich das Richtige tue, indem ich den Menschen, die mich als Bedrohung sehen, gegen den Strich gehe. Sie haben wahrscheinlich erkannt, wohin ich das Land bringen könnte. Sie sehen in mir eine gute Führungsperson - eine, die Visionen hat und dem Land dienen will. Ich bin das Gegenteil von ihnen. Sie wissen, dass ihre Karriere vorbei sein wird, sobald ich mein Amt antrete, und das macht ihnen Angst.

Die Europäische Union will ihre Unterstützung für die somalische Regierung reduzieren. Was halten Sie davon?

Ich denke, sie haben das entschieden, weil der Terror und die Gewalt in Somalia zunehmen. Die EU prüft ihre Ausgaben - und sie prüft, was sie dafür zurückbekommt. Sie hat alle Berechtigung, die finanzielle Unterstützung zu kappen. Ich würde zudem der Afrikanischen Union empfehlen, ihre Strategie in Somalia zu überarbeiten. Die Zeit ist reif, dass die AU unsere nationalen Sicherheitskräfte stärkt. So können wir die Führung wieder übernehmen.

Angenommen, Ihr Traum wird wahr und Sie werden Präsidentin. Was werden Sie zuerst tun, um die Sicherheitslage zu entspannen?

Wenn wir dieses Jahr die "4.5"-Regel anwenden (nach der Regel wird der Präsident in Somalia von den obersten Klanvertretern gewählt - Anm. d. Red.), dann werde ich dem nicht auch noch durch meine Kandidatur die Legitimation erteilen. Das ist ein System, das die meisten Somalier diskriminiert. Es ist sogar die Ursache für die unsichere Lage in Somalia. Es befördert den Terror im Land. Wer durch die 4.5-Regel Präsident wird, ist höchst inkompetent und korrupt. Es ist eine Person, die sich das Amt erkauft hat.

Somalias Präsident Hassan Sheikh Mohamud (Foto: picture-alliance/AP Photo/Kamran Jebreili)
Somalias Präsident Hassan Sheikh Mohamud konnte Al-Shabaab nicht eindämmenBild: picture-alliance/AP Photo/K. Jebreili

Wenn ich gewählt werde, dann lade ich Al-Shabaab an den Verhandlungstisch ein. Denn sie zu bekämpfen, hat nicht funktioniert. Sie sind es, die soziale und wirtschaftliche Missstände im Land kritisieren. Sie prangern die schlechte Schulbildung und die korrupten Politiker an. Sie wehren sich gegen die Verhältnisse, denen gegenüber sich die meisten Somalier hilflos fühlen.

Sie klingen wie eine sehr mutige und tapfere Frau, wer inspiriert Sie?

Meine Mutter. Ohne sie wäre ich heute nicht hier. Sie ist zwar schon 1995 gestorben, aber sie inspiriert mich immer noch.

Fadumo Dayib ist studierte Verwaltungswirtin und derzeit Doktorandin an der Univeristät Helsinki. Dort forscht sie zu den Themen Frauenrechte, Frieden und Sicherheit am Horn von Afrika. 2013 erhielt sie ein Stipendium der Kone Foundation und wurde 2014 von der finnischen Feminist Association Unioni zur Feministin des Jahres gekürt.

Das Interview führte Fred Muvunyi.