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Fair reisen

12. Dezember 2011

Fliegen ist extrem klimaschädlich. Wie kann man überhaupt noch in die Ferne reisen in Zeiten des Klimawandels? Eine mögliche Lösung: Fairer Tourismus. Eine Beispiel aus Südafrika.

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Flugzeug im sonnenuntergang (Foto: dpa)
Nur zwei Prozent der Menschen fliegt regelmäßigBild: picture-alliance/dpa

Das Flugzeug ist immer noch vor allem das Verkehrsmittel der Reichen. Nur zehn Prozent der Weltbevölkerung hat laut Tourism Watch je ein Flugzeug von Innen gesehen. Und nur zwei Prozent der Menschheit – also jeder 50. Erdenbürger – zählen zu den regelmäßigen Flugpassagieren. Der Luftverkehr ist aber mittlerweile, je nach Rechenart, für rund ein Zehntel der weltweiten Treibhausgase verantwortlich.

Viele der Flüge gehen zu Urlaubszielen, die Tausende von Kilometer entfernt liegen. Die Rechtfertigung ist dann oft, dass Tourismus ja zur Entwicklung beitrage und Einkommensgrundlage der Lokalbevölkerung sei, sagt Sabine Minninger vom Tourism Watch des deutschen Evangelischen Entwicklungsdienstes eed. Auch bei den UN-Klimaverhandlungen im südafrikanischen Durban war das ein Argument gegen die Einführung einer Flugemissionsabgabe, die den kommenden Grünen Klimafund mitfinanzieren könnte.

Nur wenige profitieren vom Tourismus

Frau mit Einheimischen am Strand in Kenia (Foto: dpa)
Wem hilft der Tourismus?Bild: picture alliance/dpa

Doch das Argument sei beim näheren Hingucken nicht zu halten, betont Minninger. Denn meist ist es gar nicht die Bevölkerung, die vom Tourismus profitiert, sondern es sind Investoren im In- und Ausland: "Tourismus ist häufig nur eine Einkommensquelle für eine kleine Elite im Land oder im schlimmsten Fall sogar für Militärdiktaturen", betont sie.

Im Normalfall geht die Bevölkerung jedoch leer aus oder steht sogar schlechter da, weil Wasser und Energie für die Touristen genutzt werden. Oft steigen die Preise, wenn kaufkräftige Touristen ins Land kommen – und werden für die Lokalbevölkerung unerschwinglich.

Südafrika setzt auf Fair

Der eed schlägt daher zusammen mit Partnern einen neuen, anderen Tourismus vor. "Man kann fairen Kaffee und faire Bananen kaufen, wieso denn nicht faire Reisen?", fragt Sabine Minninger. Sie will einen Tourismus, der nachhaltig, umweltfreundlich und sozialverträglich ist und zur Entwicklung beitragen kann. Südafrika hat 2003 als erstes und bisher einziges Land eine Zertifizierung des Fair Trade Tourismus eingeführt. "Wir haben drei Gruppen, die eingehalten werden müssen, damit eine Firma zertifiziert wird: Umwelt-, Wirtschaft- und soziale Kriterien", erzählt Kathy Bergs, Leiterin der Organisation Fair Trade in Tourism South Africa. Neulich sind diese Kriterien auch vom Internationalen Council für nachhaltigen Tourismus anerkannt worden.

Bisher haben 65 Tourismusunternehmen in Südafrika das Siegel erhalten, unter anderem weil sie umweltverträglich arbeiten, ihren Angestellten internationale Sozialstandards und den Mindestlohn garantieren und auch in die Lokalgesellschaft investieren. "So kann Tourismus tatsächlich zur Entwicklung beitragen", sagt Kathy Bergs.

Weltnaturerbe fair erleben

Ein Beispiel für fairen Tourismus ist das Unternehmen Advantage Tours in St. Lucia in Südafrika, nahe der Grenze zu Mocambique. Das Gebiet ist als Weltnaturerbe auserkoren – und Advantage Tours bietet Bootsausflüge in das Lagunengebiet zu den Krokodilen und Flusspferden an.

Nilpferde (Foto: dw)
Das Weltnaturerbe St. Lucia lockt mit Nilpferden und KrokodilenBild: DW

Die Organisation iSimangaliso achtet dabei darauf, dass benachteiligte soziale Schichten und die Lokalbevölkerung auch zu Tourguides und Betreiber ausgebildet werden. "Sie sollen später die Firmen übernehmen können, die heute die Touren anbieten", erzählt Sean Gass, der 20 Jahren als Bootsführer im Naturschutzpark arbeitet.

Allerdings kämpft das Naturgebiet heute schon ums Überleben. Der Klimawandel gehört noch nicht zu den größten Bedrohungen des empfindlichen Öko-Systems, durch die Eukalyptusplantagen in den benachbarten Gebieten wird Wasser in so großen Mengen entzogen, dass der Wasserpegel im Naturschutzpark sinkt. Aber auch die Dürren der vergangenen Jahre haben den Zustrom der Flüsse reduziert. Heute ist der Pegel so niedrig, dass der notwendige Zufluss von Salzwasser aus dem Meer nicht mehr gegeben ist.

Ein zusätzlicher Temperaturanstieg würde dann innerhalb den nächsten Jahrzehnten das Aus für dieses einzigartige Weltnaturerbe bedeuten. Und damit auch alle Bestrebungen nach einer fairen Entwicklung durch Tourismus für die Lokalbevölkerung zu Nichte machen.

Autorin: Helle Jeppesen

Redaktion: Oliver Samson