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Politik

Landtagswahl NRW: Die Fakten

Helena Kaschel
3. Februar 2017

Die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 14. Mai gilt im "Superwahljahr" 2017 als Test für die Bundestagswahl. Die DW beantwortet die wichtigsten Fragen zur Wahl im bevölkerungsreichsten Bundesland.

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Deutschland Sitzung des NRW-Landtags in Düsseldorf
Wie wird sich der NRW-Landtag zusammensetzen? Die Wahl 2017 ist besonders spannend - nicht nur wegen der AfDBild: picture-alliance/dpa/F. Gambarini

Warum gilt NRW als Stimmungstest?

Landtagswahlen sind ein Barometer für die Bundestagswahl. Je nach Bundesland wird alle vier oder fünf Jahre gewählt. 2017 stehen drei Landtagswahlen an: Im Saarland, in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen. Das bevölkerungsreichste Bundesland gilt mit seinen ländlichen und urbanen Regionen, seinen 18 Millionen Einwohnern und 13,2 Millionen Wahlberechtigten als besonders richtungsweisend für die Bundestagswahl. Hinzukommt, dass in Nordrhein-Westfalen so viele Muslime leben wie sonst nirgendwo in Deutschland.

Wer kandidiert?

Seit 2010 wird Nordrhein-Westfalen von Hannelore Kraft regiert. Die Sozialdemokratin will ihr Amt als Ministerpräsidentin 2017 verteidigen. Ihren Vorgängern Peer Steinbrück (SPD) und Jürgen Rüttgers (CDU) gelang dies nicht. Bei den Wählern ist Kraft weiterhin deutlich beliebter als ihr Konkurrent Armin Laschet (CDU): Umfragen zufolge würden 46 Prozent der Bürger Kraft wählen, nur 16 Prozent würden Laschet ihre Stimme geben - und das, obwohl die Ministerpräsidentin mit zahlreichen Problemen zu kämpfen hat.

Deutschland SPD Hannelore Kraft
Sicherheit, Bildung, Wirtschaft: Vier Monate vor der Wahl wächst der Druck auf Ministerpräsidentin Hannelore KraftBild: picture-alliance/dpa/W. Kastl

2015 war NRW mit einem Wirtschaftswachstum von null Prozent Schlusslicht der 16 Bundesländer. Nach Vorfällen wie der Kölner Silvesternacht und dem Anschlag auf den Berliner Breitscheidplatz - der Attentäter Anis Amri wurde von Behörden in NRW als "Gefährder" geführt - steht NRW auch in Sachen innere Sicherheit nicht gut da.

CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet hat die rot-grüne Landesregierung und Innenminister Ralf Jäger deshalb zuletzt wiederholt angegriffen. Laschet, der auch stellvertretender Vorsitzender der Bundes-CDU ist und als solcher die Flüchtlingspolitik Angela Merkels unterstützt, wirbt für einen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung des Falls Amri. Außerdem will er in NRW die Wirtschafts- und Bildungspolitik umkrempeln.

Dass die Umfragewerte der Bundes-SPD nach der Verkündung der Kanzlerkandidatur von Martin Schulz gestiegen sind, ist für Laschet kein Grund zur Sorge: Er sei überzeugt, "dass in Nordrhein-Westfalen die Schulz-Wirkung relativ gering ist", sagte er bei einer Pressekonferenz in Düsseldorf.

Für die Grünen tritt die stellvertretende Ministerpräsidentin und NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann an. Bei der Wahl zur Spitzenkandidatin erhielt sie von ihrer Partei nur 81 Prozent, vor der Wahl 2012 waren es noch 98 Prozent.

Bonn Demonstrierende Muslime gegen Rechtsradikalismus
Bei einer Demo in Bonn protestieren Muslime gegen Rechtsradikale. NRW ist das Bundesland mit dem größten Anteil muslimischer EinwohnerBild: dapd

Die nordrhein-westfälische FDP geht mit ihrem Vorsitzenden Christian Lindner ins Rennen, der gleichzeitig die Bundes-FDP anführt. In NRW hofft die FDP auf eine Koalition mit der CDU.

An der Spitze der nordrhein-westfälischen Piratenpartei steht der Essener Software-Entwickler Michele Marsching. 2012 zogen die Piraten mit 7,8 Prozent der Stimmen erstmalig in den Landtag ein. Dass sich dieser Erfolg im Mai wiederholt, ist nahezu ausgeschlossen: Aktuelle Umfragen sehen die Piraten bei maximal einem Prozent.

Chancen auf einen Einzug in den nordrhein-westfälischen Landtag kann sich hingegen Die Linke mit ihrem Spitzenkandidaten-Duo Christian Leye und Özlem Alev Demirel machen. Bei der letzten NRW-Wahl 2012 war die vor allem in Ostdeutschland erfolgreiche Partei allerdings mit 2,5 Prozent der Stimmen klar an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. 

Spitzenkandidat der AfD ist Marcus Pretzell. Der ehemalige FDP-Politiker ist in den eigenen Reihen umstritten: Im September 2016 wurde Pretzell nur mit 54 Prozent der Delegiertenstimmen an die Spitze der Landesliste gewählt. Für die AfD sitzt der 43-Jährige auch im Europaparlament - als Abgeordneter der oft als rechtsextrem bezeichneten ENF-Fraktion um die von Marine Le Pen geführte Front National.

Welche Koalitionen sind möglich?

Umfragen zufolge stehen die Zeichen auf Veränderung: Aktuell liegen in NRW SPD und CDU mit jeweils rund 31 Prozent gleichauf. Für die SPD ist das ein massiver Verlust im Vergleich zu 2012, die CDU kann dagegen einen Zuwachs von viereinhalb Prozentpunkten verzeichnen.

Damit hat seit langem weder Rot-Grün noch Schwarz-Gelb eine Mehrheit. Möglich wären eine große Koalition oder ein Bündnis aus SPD, Grünen und Linken. Hannelore Kraft hat Die Linke mehrfach als nicht regierungsfähig bezeichnet, dennoch will sie eine rot-rot-grüne Koalition nicht endgültig ausschließen. FDP-Chef Christian Lindner lehnt eine Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen ab. Ein Bündnis mit der AfD schließen alle Spitzenkandidaten aus.

Deutschland Innenausschuss Landtag NRW Ralf Jäger zum Terrorfall Amri
Angezählt: NRW-Innenminister Ralf Jäger hat beim Fall Amri keine gute Figur gemachtBild: picture-alliance/dpa/O. Berg

Welche Themen bestimmen den Wahlkampf?

Strittig sind in Nordrhein-Westfalen vor allem die Sicherheits-, Bildungs- und Wirtschaftspolitik. Die Aufklärung der Straftat von Anis Amri wird für die Regierung von Hannelore Kraft zur Belastungsprobe: Während die Ministerpräsidentin Kraft eisern an ihrem Innenminister Ralf Jäger festhält, wirft die Opposition den Behörden vor, Amri nicht schon früher aus dem Verkehr gezogen zu haben. Auch bei der allgemeinen Kriminalität setzen die Oppositionsparteien die Landesregierung unter Druck: Kritisiert werden sogenannte No Go-Areas in einigen Großstädten, Probleme mit Banden und Clans und ein Anstieg bei den Salafistenzahlen.

Beim Thema Bildung sind sich die Parteien vor allem über das Abitur nach acht Schuljahren (G8), die Umsetzung der Inklusion und die Finanzierung von Hochschulbildung uneinig. Angesichts schlechter Ergebnisse beim ökonomischen Wachstum und beim Schuldenabbau wirft die Opposition der Regierung Kraft eine falsche Wirtschaftspolitik vor.

Was bedeutet die Wahl für die AfD?

Als die Bürger Nordrhein-Westfalens 2012 zur Wahlurne gingen, existierte die AfD noch nicht. Jetzt wird sie mit hoher Wahrscheinlichkeit in den Landtag einziehen - und könnte dabei sogar drittstärkste Kraft werden: Eine aktuelle Umfrage sieht die Rechtspopulisten mit zwölf Prozent vor den Grünen. Ein solcher Erfolg könnte eine große Signalwirkung für die Bundestagswahl haben, nicht zuletzt, weil die NRW-Wahl die letzte Landtagswahl des Jahres ist.