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Rauswurf

Maskwaith Ahsan, Pia Volk22. April 2007

Sie werden des Mordes bezichtigt und sind in Korruptionsaffären verwickelt. In Bangladesh will man die ehemaligen Premierministerinnen Khaleda Zia und Sheikh Hasina nicht mehr sehen. Doch das interessiert sie nicht.

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Menschen mit Stöcken vor brennenden Autos. Quelle: AP
Straßenkämpfe in DhakaBild: AP

Sheikh Hasina will in jedem Fall zurückkehren. Wo sonst solle sie leben, fragt sie und warum solle sie das tun. "Ich gehe zurück zu meinem Volk." Ihr Volk, das sind die Bangladescher. Sheikh Hasina ist Chefin der Awami-Liga, der zweitstärksten Partei des Landes. Während sie in den USA ihren Sohn besuchte, wurden in Bangladesch Anschuldigen wegen Erpressung und Mordes gegen sie erhoben. Zudem warnt die Regierung sie, in die Heimat zurück zu kehren, denn ihre Interviews mit ausländischen Medien könnten den Status Quo und die Stabilität des Landes gefährden.

Vergangene Woche hatte die Regierung bereits Khaleda Zia, Vorsitzende der Bangladesh National Party (BNP), der stärksten Partei des Landes, überzeugt, das Land zu verlassen. Ihr ältester Sohn ist bereits wegen Korruptionsanklagen hinter Gittern. Arafat Rahman, der jüngere Sohn, ist erst kürzlich aus dem Polizeigewahrsam entlassen worden. Sie selbst wird in den kommenden Tagen nach Saudi-Arabien reisen, wird gemeldet.

Familienfehde auf politischer Bühne

Sheikh Hasina und Khaleda Zia
Sheikh Hasina und Khaleda ZiaBild: AP/DW

Bangladesch befindet sich bereits seit Oktober 2006 im Ausnahmezustand. Die Wahlen, die am 22. Januar abgehalten werden sollten, wurden auf unbestimmte Zeit verschoben. Beobachter vermuten, dass sie nicht vor Ende 2008 stattfinden werden. Im Moment wird Bangladesch von einer Übergangsregierung geführt. Es ist unwahrscheinlich, dass sie es schafft innerhalb der verfassungsmäßig vorgeschriebenen drei Monate Neuwahlen anzusetzen. Das System der Übergangsregierung wurde bereits 1991 eingeführt. Damals haben Zia und Hasina einen Volksaufstand angeführt, der zum Sturz des Präsidenten führte. Die Übergangsregierung soll Wahlmanipulation durch die regierenden Parteien verhindern. Bis dato hat das System gut funktioniert.

Der Sturz von Präsident Hussain Muhammad Ershad war das einzige Gemeinschaftsprojekt der beiden Damen. Eigentlich sind sie erbitterte Konkurrenten. Sie führen eine Familienfehde weiter. Ziaur Rahman, Zias Mann, war der politische Nachfolger von Hasinas Vater Sheikh Mujibur Rahman. Er wurde noch im Jahr seines Amtsantritts 1975 während eines Militärputsch ermordet. Mit ihm starben zwölf weitere Familienmitglieder. Die kleine Hasina war mit ihrer Schwester im Ausland. Zwei Jahre herrschte die Militärregierung, dann wurde General Ziaur Rahman zum Präsident gewählt. Im Jahr 1981 wurde auch er bei einem Militäraufstand ermordet, einen erfolglosen allerdings. Zuvor hatte er die BNP gegründet, deren Führung seine Witwe übernahm.

Unmut über Regierung führt zu Ausnahmezustand

Die BNP gilt als Mitte-Rechts-Partei. Sie hat unter anderem den Islam in der Verfassung festgeschrieben. Die konservative Partei, die nationalistische und antiliberale Werte fördert, war unter der Führung von Khaleda Zia bereits 1991 bis 1996 stärkste Partei. Bis Oktober 2006 hat sie zusammen mit der Jamaat-e-Islami Bangladesh und Islami Oikya Jote die Regierung gestellt. Hasinas Awami-Liga stellte die Opposition. Die sekuläre links-liberale Partei war treibende Kraft der Rebellion von 1971, die Bangladesch, damals noch Ost-Pakistan, in die Unabhängigkeit führte.

Eine Menschenmenge streckt die Arme in den Himmel. Quelle AP
Auf den Straßen herrscht AusnahmezustandBild: AP

Auch im Oktober 2006 hat die Awami-Liga wieder ihren Unmut gegen die Regierung öffentlich gemacht. Zusammen mit verbündeten Parteien lieferten sich die Mitglieder der Awami-Liga Straßenschlachten mit der Polizei und riegelten die Hauptstadt Dhaka von der Außenwelt ab. Seit Amtsantritt der Übergangsregierung starben über 40 Menschen, hunderte wurden verletzt. Die Awami-Liga demonstrierte für Wahlreformen. Die Wahllisten seien veraltet und enthielten gefälschte Namen, argumentierte sie. Zudem seien einige Mitglieder der Wahlkommission nicht unparteiisch. Daraufhin trat der Leiter der Wahlkommission, Abdul Aziz, zurück. Doch auch Präsident Iajuddin Ahmed wird der Parteinahme für die bisher regierende nationalistisch-islamische Koalition beschuldigt. Er legte sein Amt nieder, nachdem er die angesetzten Wahlen auf unbestimmte Zeit verschoben hatte. Der Ausnahmezustand wurde bereits am 12. Januar verhängt. Sein Nachfolger Fakhruddin Ahmed wurde in seinen Reformvorhaben von Hasina unterstützt. Er macht die Korruption für die desolate Lage des Landes verantwortlich und hat ihr den Kampf angesagt.

Korruption ist Unterentwicklung aus eigener Kraft

Korruption ist ein andauerndes Problem in Bangladesch. "Die Bangladescher betreiben Unterentwicklung aus eigener Kraft", sagt Claudia Derichs, Professorin für Politikwissenschaft an der Universität Hildesheim. Hasina weist die Korruptionsvorwürfe zurück. Die Anschuldigen seien haltlos. Sie wolle nach Bangladesch zurückkehren und beweisen, dass sie unschuldig sei. "Es gibt keinen Grund für die Regierung mich im Exil zu verwahren." so Hasina. "Ich liebe Bangladesch. Mein Vater war Staatsgründer und ich habe während meiner Amtszeit von 1996 bis 2001 zum Wohle meines Volkes gehandelt."

Opferfest: Manche bringen größere, andere kleinere Opfer
Opferfest: Manche bringen größere, andere kleinere OpferBild: AP

"Zia und Hasina nutzen ihre Herkunft für progandistische Zwecke", erklärt Derichs. "Sie werfen der jeweils anderen Partei vor, Schuld am Tod des demokratischsten Führers zu sein, den das Land je hatte. Und wer der demokratischste Führer war, hängt natürlich davon ab, wenn sie fragen." Nach der Rebellion von 1971, wurde Hasinas Vater in der Verfassung als Staatsgründer angegeben. Die BNP ließ dies wieder aus der Verfassung streichen und förderte die Vorstellung, dass General Ziaur Rahman eine Schlüsselrolle im Unabhängigkeitskampf spielte.

Ihre Rivalitäten können die zwei Frauen nun im Ausland ausfechten. Neben ihnen wurden knapp 160 weitere Korruptionsverdächtige festgenommen. Beobachter vermuten, dass die Regierung unter dem Vorbild des pakistanischen Präsidenten Pervez Musharraf folgen will. Er zwang die ehemaligen Premierminister Nawaz Sharif und Benazir Bhutto ins Exil. Hasina jedoch findet, die Situation in Bangladesch unterscheide sich von Pakistan. Wer dem pakistanischen Modell folge, zerstöre die Demokratie.