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Farbenfrohe Schmerzensfrau

Ingrid Arnold6. März 2003

"Frida", die filmische Biografie der mexikanischen Malerin Frida Kahlo, ist eine der Kinoüberraschungen dieses Frühjahrs. Der unabhängig produzierte Hollywoodfilm ist für sechs Oscars nominiert.

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Salma Hayek als Frida KahloBild: Pressefoto

Sie ist eine der Ikonen des 20. Jahrhunderts. Dabei war Frida Kahlo (1907 bis 1954) bis in die 1980er Jahre außerhalb Mexikos kaum bekannt. Dann lebte das Interesse am so genannten lateinamerikanischen magischen Realismus auf. 1983 machte Hayden Herreras feministische Biografie "Frida", die auch dem Film zugrunde liegt, die kraftvollen und radikal persönlichen Bilder Kahlos endgültig berühmt.


Doch im nachrevolutionären Mexiko war Kahlo auch eine politische Künstlerin. Mexiko-Stadt bot während des Zweiten Weltkriegs vielen Flüchtlingen aus Europa Exil. Zu ihnen gehörte auch der russische Revolutionär Leo Trotzki - der von Stalins Agenten in Kahlos Haus aufgespürt und ermordet wurde. Die politische Dimension ihres Lebens mag mit ein Grund dafür sein, dass Hollywood ihre Geschichte erst spät entdeckt hat.

Vielleicht musste sich auch deshalb erst die mexikanische Schauspielerin Salma Hayek engagieren, um das lange geplante Filmprojekt endlich zum Laufen zu bringen. Finanziers mögen eine gewisse Scheu gehabt haben vor einem "Historienfilm über eine verkrüppelte, bisexuelle, kommunistische Malerin", sagt Hayek. Aber das Leben Frida Kahlos bietet alles, was ein Hollywoodfilm braucht: Liebe und Schönheit, Leid und Schmerz. Da lassen sich auch Kunst und Politik noch unterbringen.

Lebenslanges Leiden

Frida Kahlo Selbstportrait
Bild: AP

Frida Kahlo, Tochter eines aus Deutschland ausgewanderten jüdischen Fotografen, trug mit 18 Jahren nach einem Busunfall in Mexiko-Stadt so schwere Verletzungen davon, dass sie zeitlebens unter den Folgen litt. Über Monate musste sie in Gips und Streckverbänden im Bett liegen. In dieser Zeit fängt Kahlo mit dem Malen an. Mit ihren Bildern, meist surrealistischen Selbstporträts, findet sie einen Weg, offensiv mit ihren Wunden, ihren körperlichen und seelischen Schmerzen umzugehen. Mit traditioneller Indio-Kleidung und passendem Haarschmuck stilisiert sie später auch sich selbst zum Kunstwerk.

Als sie unter Qualen wieder laufen kann, bittet Kahlo den schon berühmten kommunistischen Wandmaler Diego Rivera um eine Beurteilung ihrer ersten Werke. Zwischen dem 21 Jahre älteren Hünen und der zierlichen, aber zähen Nachwuchskünstlerin beginnt eine wechselvolle Liebesgeschichte. Die beiden schwören sich Loyalität statt Treue und heiraten 1929 zum ersten Mal. Frida ist Diegos Muse, während sie um künstlerische Eigenständigkeit kämpfen muss. Als der notorische Frauenheld eine Affäre mit Fridas Schwester hat, kommt es zur Scheidung, bevor sie 1940 zum zweiten Mal zusammenfinden. Ihre Partnerschaft blieb privat wie künstlerisch aufreibend und dauerte bis zu Kahlos frühem Tod mit 47 Jahren.

Glücksfall Salma Hayek

Wenn sich Hollywood einer politischen Künstlerin annimmt, kommt natürlich keine dokumentarische Biografie heraus. Das Mexiko in "Frida" ist sehr bunt, es wird viel gesungen, gefeiert und getrunken. Der von der unabhängigen Filmfirma Miramax produzierte Film führt die junge Frida als so lebenslustig und ungestüm vor, dass die Umstellung zur Schmerzensfrau - dem öffentlichen Bild von Kahlo - nach dem Unfall wohl zu hart gewesen wäre. Also stützt sich Regisseurin Julie Teymor nicht auf die politische und leidende Frida, sondern auf die trotz aller Schicksalsschläge lebenslustige und freizügige Liebende. Das ist einerseits sicher eine Konzession ans breite Kinopublikum, andererseits eine begrüßenswerte Erweiterung der Persönlichkeit Kahlos für die Öffentlichkeit - und ein Glück für die Darstellerin der Titelrolle.

Um die Rolle hatten sich auch Madonna und Jennifer Lopez bemüht. Für Hayek, die den Film auch koproduziert hat, ist "Frida" ein Triumph: Ihrem herben Vorbild angepasst bis hin zum Damenbart - nur die berühmten Augenbrauen Kahlos sind bei ihr nicht ganz so dicht zusammengewachsen - macht sie ihre Identifikation in jeder Szene spürbar. Am 23. März geht "Frida" mit sechs Nominierungen ins Oscar-Rennen, darunter der für die beste weibliche Hauptdarstellerin.