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Faruk Sen: Baden-Württemberg praktiziert "religiöse Ausgrenzung und Rassismus"

4. Januar 2006

Direktor des Zentrums für Türkeistudien im Interview von DW-RADIO

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"Jedes Land hat das Recht, mit bestimmten Fragen bei der Einbürgerung von Ausländern die Loyalität zur gesellschaftlichen Ordnung abzuklopfen. Wenn aber wie in Baden-Württemberg 30 Fragen nur gegen Moslems gerichtet werden, dann ist das nichts anderes als religiöse Ausgrenzung und Rassismus." Das sagte der Direktor des Zentrums für Türkeistudien (Essen), Faruk Sen, in einem Interview des Türkischen Programms von DW-RADIO. Die am 1. Januar 2006 in Baden-Württemberg eingeführte Befragung von einbürgerungswilligen Moslems leiste darüber hinaus der Angst vor dem Islam Vorschub und sei kontraproduktiv zu jeglichen Integrationsbemühungen. Im Rahmen eines "intensiven Gesprächs" müssen sich Muslime aus 57 Mitgliedsstaaten der Organisation Islamische Konferenz (OIC), zu denen auch die Türkei und Albanien gehören, zur demokratischen Grundordnung bekennen und sich u. a. zur Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie zur Religionsfreiheit äußern.

Unter den rund 2,7 Millionen Menschen aus der Türkei, die die größte Gruppe unter den rund 3,5 Millionen Moslems in Deutschland bilden, sei bislang "der Hang zur Einbürgerung groß gewesen. Doch derartig offenkundige Angst vor dem Islam und der Fragenkatalog des Bundeslandes beeinträchtigen die Einbürgerungsbereitschaft und damit auch die Bemühungen um Integration sehr negativ. Diese Entwicklung steht auch im krassen Widerspruch zum Gleichheitsprinzip des Grundgesetzes", erklärte der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler weiter. Das Zentrum für Türkeistudien habe inzwischen auch die Europäische Union aufgefordert, gegen die Maßnahmen in Baden-Württemberg vorzugehen. Faruk Sen: "Damit in Deutschland alle Menschen aus verschiedenen Kulturen und unterschiedlichen Religionen in Frieden zusammenleben können, muss in Deutschland so schnell wie möglich nach dem Beispiel Großbritanniens ein Anti-Diskriminierungsgesetz verabschiedet werden."

4. Januar 2006
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