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Grenzenlose Optimisten

Marisa Presti, Washington D.C.14. Februar 2009

Nach vielen Flugreisen in die USA dachte ich, mich könnte in Washington DC am Flughafen nichts mehr überraschen. Doch ich sollte mich irren.

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Bild: DW

Da stand ich nun nach neun Stunden Flug in der Schlange zur Passkontrolle. Nichts Ungewöhnliches, wären da nicht große Bildschirme gewesen, auf denen ein Film lief, wie ich ihn noch nie zuvor an einem Flughafen gesehen habe. Lauter fröhlich lächelnde Menschen jeden Alters laufen durch das Bild. Ein Opa mit seinem Enkel, Eltern mit ihren Kindern, Freunde, die ihre Freizeit miteinander verbringen, Sportmannschaften, die erfolgreich sind und anscheinend den Spaß ihres Lebens haben. Alle erzählen sie, was sich einem für Möglichkeiten bieten, wenn man in den USA lebt. Frei nach dem Motto “Amerika, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten”.

Positive Stimmung? Ja!

An dieser Stelle habe ich darüber nachgedacht, ob ich bisher tatsächlich einer solch positiven Stimmung in den USA begegnet bin. Ganz spontan würde ich sagen: Ja, auf jeden Fall. Menschen hier scheinen wirklich eine positivere und freundlichere Einstellung zu haben. Nachdem ich fünf Monate in Paris verbracht habe, ist es fast ein Schock so viel Freundlichkeit zu begegnen. Wenn man im Supermarkt etwas nicht finden kann, wird einem gerne weiter geholfen. Hat man sich verlaufen, findet man immer einen Passanten, der einem gerne den Weg erklärt. Mein Vermieter war sogar so freundlich, mit mir eine Tour durch das Wohnviertel zu machen, damit ich mich besser zu Recht finde. Natürlich begegnet man auch hier dem gestressten Businessmann und der gelangweilten, unfreundlichen Kassiererin im Supermarkt. Aber alles in allem war bei meinen bisherigen Aufenthalten jeder sehr freundlich.

Wirtschaftskrise im Bewusstsein

Obama inmitten von Anhängern (Foto: AP)
Präsident Obama inmitten begeisteter AnhängerBild: AP

Bei meinem ersten Besuch seit Beginn der Wirtschaftskrise fand ich es interessant zu sehen, ob sich die Stimmung jetzt verändert hat. Hat sich Pessimismus breit gemacht, oder kann die positive Art der Amerikaner nicht so schnell getrübt werden? Der Eindruck, den ich hier gewonnen habe ist, dass den Menschen durchaus bewusst ist, in welch einer schwierigen Lage sich das Land befindet. Sie wissen, dass sich dringend etwas ändern muss, und legen dabei ihre Hoffnung in ihren neuen Präsidenten. In Umfragen waren 69 Prozent der Befragten der Meinung, Obama mache seinen Job gut. Sie sind optimistisch, dass er die versprochenen Veränderungen bringt, die das Land so dringend braucht.

Extremer Fall von Obamamanie

Diese Hoffnung wurde diese Woche sichtbar, als Obama bei zwei Town Hall meetings von euphorischen Menschenmassen empfangen wurde. Sie waren alle gekommen, um ihn zu sehen und ihm Fragen zu stellen. Ein Student in Florida fiel dabei ganz besonders auf. Als er von Obama ausgewählt wurde, die letzte Frage der Veranstaltung zu stellen, war er vollkommen atemlos und aufgeregt, als hätte er zu viel Kaffee und Energiegetränke gleichzeitig getrunken. Er wollte es sich auch nicht nehmen lassen erstmal laut ins Mikro zu schreien, wie begeistert er von seinem neuen Präsidenten sei. Obwohl dies ein extremer Fall von Obamamanie war, beobachtet man ähnliches Verhalten überall, wo er hinkommt. Menschen sind begeistert ihn zu sehen, schreien seinen Namen und sind kaum wieder zu beruhigen. Von Pessimismus ist hier nicht viel zu spüren.

Ich sollte also eigentlich gar nicht so erstaunt über das Video am Flughafen sein. Man kann diese positive Stimmung und den Optimismus, die zugegebenermaßen übertrieben dargestellt werden, selbst in Zeiten der Krise beobachten. Warum also nicht schon am Flughafen die Besucher aus dem Ausland darauf aufmerksam machen, was dieses Land ausmacht: Ein immer noch fast grenzenloser Optimismus.