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Wandel eines Kultklubs

Torsten Ahles19. Januar 2009

Die Fans des FC Sankt Pauli träumen schon vom Aufstieg in Liga 1. Im Klub aber wird aber weiterhin nur vom Klassenerhalt gesprochen, damit sich Geschichte und vor allem alte Fehler nicht wiederholen.

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Der Club sah sich lange selbst gerne als Außenseiter der LigaBild: picture-alliance / dpa
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Fans von St. Pauli in AktionBild: picture-alliance / dpa

„Unsere Fans sind mit Sicherheit schon erstligareif, aber wir als Mannschaft noch lange nicht“. Man kann die Momentaufnahme von Mittelfeldspieler Filip Trojan als Tiefstapelei bezeichnen, man kann sie aber auch einfach als realistisch betrachten. Zwar stehen für die Hamburger nach der Hinrunde in der 2. Liga 27 Punkte und Tabellenplatz 7 zu Buche, die Aufstiegsplätze sind in Schlagdistanz – am Millerntor hebt deshalb aber noch niemand ab. Man hat eben aus den Fehlern in der Vergangenheit gelernt.

Ohne Sinn und Verstand Geld rausgeworfen

Rotlichtbezirk
St.Pauli bei Nacht - die Heimat des FußballclubsBild: dpa

In der Saison 2001/2002 fand der letzte Höhenflug des FC Sankt Pauli ein abruptes Ende. Eine Saison spielten die Hamburger damals in der 1. Liga. Danach begann ein rasanter sportlicher und finanzieller Abstieg.

Einer, der das damals noch als Spieler miterlebte, ist heute der Trainer. Holger Stanislawski erinnert sich mit Schrecken an die damalige Zeit: „Wir haben Gehälter bezahlt, wir haben Geld rausgeworfen ohne Sinn und Verstand. Das darfst du einfach nicht machen.“

Fans retteten den Klub

St. Pauli-Fans in Hamburg
Ohne die Fans wäre der Club längst verschwundenBild: picture alliance/dpa

Am Ende der Saison 2002/2003 stand nicht nur ein erneuter Abstieg zu Buche, nämlich der in die Regionalliga Nord – es drohte sogar der direkte Gang in die Oberliga Nord. Knapp 2 Millionen Euro fehlten dem Klub zu dieser Zeit in der Kasse. Geld, das dringend benötigt wurde, um vom DFB die Lizenz für die Regionalliga zu erhalten.

Eine wohl beispiellose Rettungsaktion der Fans bewahrte den Verein damals vor dem Totalabsturz. Die berühmteste Maßnahme war zweifelsfrei der Verkauf von rund 140 000 T-Shirts mit dem Aufdruck „RETTER“. Der FC Sankt Pauli überlebte, berappelte sich und kam langsam wieder auf sportlich erfolgreichere und finanziell gesündere Beine.

Selbstdarsteller fehl am Platz

Angesichts der Turbulenzen in den vergangenen Jahren ist Holger Stanislawski heute froh, dass sich sein Verein mittlerweile wieder in einem ruhigeren Fahrwasser befindet: „Ich glaube, da haben wir momentan auch fähige Köpfe dabei, die da schon eher mal 2 Euro zur Seite legen“. Einer dieser fähigen Köpfe ist Helmut Schulte. Seit dem 1. März 2008 ist der einstige Trainer und Manager zum dritten Mal am Millerntor. Diesmal als Sportdirektor und als solcher zieht er sachlich, nüchtern und mit Weitblick im Hintergrund die Fäden, denn für ihn ist es wichtig, „dass wir Selbstdarsteller draußen halten, die sich auf Kosten des Klubs wichtig machen wollen“. Schulte ist definitiv keiner von denen. Für ihn steht die Wahrung des Kultcharakters des Vereins im Mittelpunkt, auch beim Stadionumbau. Schritt für Schritt soll bis 2014 ein neues, modernes Millerntor entstehen. Eins, das im wesentlichen professionellere Bedingungen bietet als das bisherige, im besonderen aber weiterhin genauso kultig bleibt. Ein Spagat, der bislang gelingt. Auch dank des derzeitigen sportlichen Erfolges.

Saisonziel: Arbeitsplatzsicherung

Trainer Holger Stanislawski betont zwar immer wieder, dass der Klassenerhalt und damit die Arbeitsplatzsicherung für alle im Klub tätigen Personen oberste Priorität habe; allerdings ist es auch nicht von der Hand zu weisen, dass die Voraussetzungen momentan günstig sind, um einen erneuten Angriff auf den Aufstieg in die 1. Liga zu starten.

Aber egal welcher Platz am Ende der Saison für die Hamburger wirklich rausspringt, eins steht bereits fest: die jüngste Entwicklung des Kultklubs vom Millerntor ist schon jetzt erstligareif.