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FDP öffnet sich für Mindestlöhne

Marcel Fürstenau4. Mai 2013

Angela Merkels Regierungspartner könnte laut Umfragen im Herbst aus dem Bundestag fliegen. Deshalb gibt sich die FDP auf ihrem Sonderparteitag kämpferischer denn je. Und wirft alte Positionen einfach über Bord.

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FDP-Chef Philipp Rösler auf dem Nürnberger Parteitag (Foto: REUTERS)
Bild: Reuters/Michael Dalder

Die FDP hat erkannt, dass sie mit dem bisherigen strikten Nein zu Mindestlöhnen kaum noch Sympathiepunkte sammeln kann. Und so kam Philipp Rösler auch gleich zur Sache: "Wir sind, wir bleiben gegen einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland", positionierte sich der FDP-Chef in seiner Parteitagsrede. Er warnte aber auch davor, die Menschen in Regionen ohne starke Tarifpartner im Stich zu lassen. Ihnen nütze es nichts, wenn man auf die Tarifautonomie verweise. Als FDP-Vorsitzender und Bundeswirtschaftsminister wolle er nicht, "dass man in Deutschland ein Geschäftsmodell aufbaut, in dem man den Menschen nur drei Euro die Stunde zahlt", rief Rösler. Das habe nichts mit sozialer Marktwirtschaft zu tun.

Auf die Verwerfungen bei den Löhnen nicht zu regieren, stehe nicht im Einklang mit den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft, sagte auch Spitzenkandidat Rainer Brüderle. Wo keine Tarifparteien vorhanden seien, müsse nach einer anderen Möglichkeit gesucht werden. So folgten die 660 Delegierten nach einer kontroversen Debatte schließlich ihrer Parteiführung, die eine vorsichtige Öffnung für Lohnuntergrenzen in einzelnen Branchen und Regionen vorgeschlagen hatte. Das soll nun in das Wahlprogramm aufgenommen werden. Für diese Variante stimmten 57 Prozent der Delegierten.

Angriffslustiger Parteichef

Auch die FDP im Wahlkampfmodus

Zuvor hatte Parteichef Rösler in seiner Nürnberger Auftaktrede einen "Richtungswahlkampf" ausgerufen: "Der schönste, der stärkste Gegensatz zu Rot-Grün in Deutschland, das sind wir." In Umfragen zeichnet sich aktuell aber weder eine gesicherte Mehrheit für das bürgerliche Lager aus FDP und Union (CDU/CSU) noch für Sozialdemokraten und Grüne ab.

In den Wahlprogrammen von SPD und Grünen wimmele es nur von staatlichen Ausgabenprogrammen, 40 Milliarden Euro Mehrausgaben pro Jahr seien geplant, rief Rösler in den Parteitagssaal auf dem Nürnberger Messe-Gelände. Das sei ein "kapitaler Raubzug durch die Mitte der Gesellschaft".

Heftige Kritik an europäischer Schuldenpolitik

Der Anfang März nach einem parteiinternen Machtkampf im Amt bestätigte FDP-Chef unterstellt Rot-Grün, im Falle einer rechnerischen Mehrheit gemeinsame Sache mit der Linken zu machen. Die Opposition wolle in Deutschland die Steuern erhöhen, "um in Europa die Schulden zu bezahlen", sagte Rösler. "Und das müssen wir verhindern!" Gelingen könnte das nur mit den Konservativen. Die FDP wolle die erfolgreiche Koalition mit der Union fortsetzen. Die Wunschkoalition strebe man "nicht aus ewiger Liebe und Zuneigung" an, sondern weil es Deutschland nur mit der bürgerlichen Koalition gut gehe.

Heftig kritisierte der FDP-Vorsitzende die europäische Schuldenpolitik. Ohne Namen zu nennen warf Rösler anderen Ländern vor, Druck auf die Europäische Zentralbank auszuüben. Die EZB hat erst vor wenigen Tagen den Leitzins auf ein historisches Tief von 0,5 Prozent gesenkt. Rösler sieht die Unabhängigkeit der in Frankfurt am Main ansässigen Währungshüter in Gefahr. "Hände weg von der Unabhängigkeit unserer EZB!", forderte der Bundeswirtschaftsminister auf dem FDP-Sonderparteitag in Nürnberg.

Neue Partei könnte FDP gefährlich werden

Eindringlich warnte Rösler davor, die gemeinsame Währung, den Euro, infrage zu stellen. Dafür wirbt die vor kurzem neu gegründete Partei "Alternative für Deutschland". Die AfD strebt eine Rückkehr zur D-Mark an und spekuliert auf Wählerstimmen aus dem bürgerlichen Lager, aber auch von enttäuschten Linken. In Umfragen erzielen die Euro-Gegner Werte von bis zu drei Prozent. Bei der Bundestagswahl im Herbst könnten diese Stimmen der FDP fehlen, um die angestrebte Koalition mit Bundeskanzlerin Angela Merkel fortzusetzen.