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FDP bewegt sich bei Mindestlöhnen

20. Februar 2013

Eine große Mehrheit der Bürger ist laut Umfragen für die Einführung flächendeckender Mindestlöhne - und in sieben Monaten ist Bundestagswahl. Jetzt hat auch die FDP die Brisanz des Themas entdeckt.

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Eine Reinigungskraft schiebt in Düsseldorf einen Wagen mit Putzutensilien (Archivfoto dpa)
Bild: picture alliance/dpa

Der Chef der FDP-Bundestagsfraktion und Spitzenkandidat der Freien Demokraten für die Bundestagswahl im September, Rainer Brüderle, kündigte an, seine Partei wolle mit den Unionsparteien im Koalitionsausschuss Möglichkeiten der Verständigung über mehr Mindestlöhne ausloten. "Wir wollen sehen, ob sich zusätzliche Ansatzpunkte ergeben, etwas Weiteres auf den Weg zu bringen", sagte Brüderle in Berlin. Man werde versuchen, bis zur Bundestagswahl Ende September "etwas Gutes hinzubekommen". Bewegung gebe es jetzt nicht wegen der Bundestagswahl, "sondern von der Sache her", betonte der FDP-Politiker. Das nächste Treffen des Koalitionsausschusses wird voraussichtlich Anfang März stattfinden.

Einem gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohn, wie ihn die Opposition fordert, erteilte Brüderle eine Absage. Die Tarifautonomie müsse bestehen bleiben. Darüber gebe es in der Koalition "keinen Dissens". Eine Paketlösung in der Koalition, die etwa eine Zustimmung der FDP zu einer neuen Mindestlohn-Regelung von einer Senkung des Solidarzuschlags abhängig machen würde, wies Brüderle zurück: "Es geht um die Sache und nicht darum, irgendwelche Billiger-Jakob-Geschäfte zu machen." Auf die Frage, ob sich die FDP von ihrer bisherigen Haltung in der Mindestlohnfrage fortbewege, sagte Brüderle: "Wir bewegen uns ständig." Dass die Koalition das Thema nun aufgreife, liege auch an der "emotional aufgeheizten" öffentlichen Debatte über Mindestlöhne, die von SPD und Grünen geschürt werde. Die FDP sehe es als ihre Aufgabe, das Thema nun sachlich zu diskutieren.

Die Reichen werden reicher, die Armen ärmer - Brauchen wir einen Mindestlohn?

Die Unionsparteien mit der CDU-Vorsitzenden Bundeskanzlerin Angela Merkel an der Spitze fordert vom Koalitionspartner seit langem Bewegung beim Thema Mindestlohn. Zuletzt in einer Rede zum "Politischen Aschermittwoch" (13.02.2013) ihrer Partei hatte Merkel betont, die Menschen bräuchten Löhne, von denen sie leben könnten. Unions-Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer hatte erst jüngst erklärt, CDU und CSU würden "noch einmal einen Versuch unternehmen, die FDP für einen tariflich vereinbarten Mindestlohn zu gewinnen".

Das Unionsmodell sieht vor, verbindliche Lohnuntergrenzen in den Bereichen festzulegen, in denen es bislang keine Tarifverträge mit entsprechenden Regelungen gibt. Differenzierungen nach Branchen, Regionen und Arbeitnehmergruppen sollen möglich sein. Festgelegt werden sollen die Lohnuntergrenzen in einer paritätisch besetzten Kommission von Arbeitgebern und Gewerkschaften.

Mindestlöhne für 13 Branchen

Derzeit gibt es in Deutschland für rund vier Millionen Beschäftigte in 13 Branchen Mindestlöhne. Sie wurden von Gewerkschaften und Arbeitgebern ausgehandelt und dann vom Bundesarbeitsministerium für die jeweilige Branche für verbindlich erklärt. So gelten etwa für das Gebäudereiniger-Handwerk (siehe Artikelbild) mit rund einer Million Beschäftigten Mindestlöhne zwischen 7,56 Euro und 11,33 Euro.

Die oppositionellen Sozialdemokraten begrüßten den Schwenk der FDP in Richtung Mindestlohn. Auch die Liberalen merkten, dass es in Deutschland "ziemlich verkorkste Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt" gebe, sagte Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Die FDP-Überlegungen seien aber wie die Unions-Vorschläge unzureichend. Nötig sei ein flächendeckender Mindestlohn von 8,50 Euro, sagte Oppermann.

wl/kle (dpa,rtr, afp)