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Endlich an der Macht

19. Oktober 2009

Die Freien Demokraten sind die großen Sieger der Bundestagswahl. Nun muss die Bundestagsfraktion sich beweisen. <i>Teil 1 unserer Serie über die Fraktionen im neuen Deutschen Bundestag</i>

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Der FDP-Bundesvorsitzende Guido Westerwelle kratzt sich am Hinterkopf (Archivfoto: ap)
Jetzt wird's knifflig - denn Regieren ist schwieriger als OpponierenBild: AP

Viel hat nicht gefehlt und die FDP wäre in den Klub der 100er aufgenommen worden. Aber auch 93 Abgeordnete sind aller Ehren wert gegenüber 61 in den zurückliegenden vier Jahren. Ein Erfolg, der die Liberalen zunächst vor ein Problem stellte. Ein Luxus-Problem allerdings, über das Partei- und Fraktionschef Guido Westerwelle sich am Tag nach der Bundestagswahl am 27. September diebisch freute, als er das erste gemeinsame Treffen der alten und neuen Parlamentarier ankündigte. "Wir können allerdings noch nicht sagen, in welchem Raum, weil unser bisheriger Fraktions-Sitzungssaal zu klein geworden ist."

Vorübergehend dürfen die Freien Demokraten einen großen Saal in der zweiten Etage des Reichstagsgebäudes nutzen, der so genannten Präsidialebene. Um künftig allen FDP-Abgeordneten ausreichend Platz bieten zu können, werden nun Wände verschoben. Bis Ende des Jahres sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. Dann dürfte man auch schon einen ersten politischen Eindruck von den Liberalen gewonnen haben, die unter Westerwelle erkennbar erfolgreich ihr Image abgelegt haben, eine reine Wirtschaftspartei zu sein.

Mehr als eine reine Wirtschaftspartei

Das Partei-Logo der Liberalen: die Buchstaben F D P in blauer Schrift auf gelbem Grund und der Schriftzug "Die Liberalen' in gelber Schrift auf blauem Grund (Foto: dpa)

Mit forschen Versprechen machte die FDP Wahlkampf, mit forschen Worten will sie nun regieren: Ihre Wirtschaftspolitik sei die beste Arbeitnehmerpolitik, die man machen könne, weil sie Ausbildungs- und Arbeitsplätze schaffe. Ihre Bildungspolitik sei die beste Zukunftspolitik, die man machen könne, weil Bildung die wahre soziale Frage unserer Zeit sei. Und ihre Bürgerrechtspolitik sei die beste Innen- und Rechtspolitik, die man machen könne, denn das Land brauche wieder neuen Respekt vor den Bürgerrechten. So reden selbstbewusste Wahlsieger.

Westerwelle lässt keinen Zweifel daran, dass die FDP-Fraktion natürlich auch auf anderen Gebieten wie Außen-, Umwelt- oder Gesundheitspolitik eine gute Figur abgeben wird. Dabei kann sie auf eine Mischung aus älteren erfahrenen Abgeordneten wie der linksliberalen Rechtspolitikerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger setzen, aber auch auf jüngere Experten wie den Gesundheitspolitiker Daniel Bahr.

Zu den erfahrenen mittleren Alters gehört die innenpolitische Expertin Gisela Piltz, die von ihrer Fraktion sagt, sie habe in der Opposition ein gutes Profil entwickelt. Die Rheinländerin ist sich im Klaren darüber, dass es für die Liberalen in der Regierungsverantwortung schwerer wird. Denn jetzt beginne die Zeit der Kompromisse, die mit dem konservativen Koalitionspartner eingegangen werden müssen.

Kompromisse und Druck gehören dazu

Wie schnell man an Grenzen stoßen kann, musste die FDP schon bei ihrem Lieblingsthema Steuersenkungen erfahren. Wobei es weniger am Koalitionspartner liegt, dass der große Wurf wohl ausbleibt, als an der späten Einsicht, in Zeiten leerer Kassen einfach keinen nennenswerten finanziellen Spielraum zu haben.

Auch die Ankündigung, in Fragen der Bürger- und Freiheitsrechte an alte linksliberale Zeiten anknüpfen zu wollen, werden sich mit einer in Fragen der inneren Sicherheit stramm konservativen CDU/CSU wahrscheinlich als zu ambitioniert entpuppen.

Zu den eifrigsten Verfechtern eines weniger restriktiven Staates gehört der wieder ins Parlament gewählte Max Stadler. Polizei und Sicherheitskräfte bräuchten ausreichend Personal. Das sei die richtige Politik für innere Sicherheit und nicht ständig neue Gesetze und Grundrechtseingriffe. "Wir brauchen wieder ein Parlament, das von sich aus die Grundrechte achtet", fordert Stadler, dessen Fraktion indes den Druck von Linken und Grünen schnell zu spüren bekommen wird, wenn die FDP der Union beim Reizthema innere Sicherheit zu sehr entgegen kommen sollte.

Gute Ratschläge vom Alten Hasen

Der ehemalige FDP-Abegeordnete Detlef Parr (Foto: DPA)
Tipps vom Ex-Abgeordneten Detlef ParrBild: picture-alliance/ dpa

Und dann muss sich die neue Fraktion auch noch selbst beweisen. Denn mit dem Wechsel ins Regierungslager geht es für die eine oder den anderen auch um attraktive Posten. Davon konnte einer wie Detlef Parr zu Oppositionszeiten nur träumen. Er hofft, dass trotz der größeren Fraktion die Menschlichkeit, "das Herz und der Verstand in der FDP nicht auf der Strecke bleiben". Es sei sehr wichtig, dass Politik auch auf diese Weise glaubwürdig bleibe, sagt Parr.

Um dieses Ziel zu erreichen, will er seine Erfahrungen aus elf Jahren in der Opposition vor allem an die vielen neuen FDP-Abgeordneten weitergeben - allerdings nicht als Mitglied des Bundestages, sondern als eine Art ehrenamtlicher Berater. Denn der 67-jährige Düsseldorfer hatte nicht mehr kandidiert, um Jüngeren Platz zu machen.

Autor: Marcel Fürstenau

Redaktion: Martin Schrader / Kay-Alexander Scholz