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FDP-Parteitag im Zeichen des Umbruchs

13. Mai 2011

Nach Wahlschlappen und Umfragetiefs sucht die FDP bei ihrem Parteitag einen Ausweg aus der Krise. Fraktionschef Brüderle rief die Delegierten zum Neuanfang auf. Dazu stand auch die Wahl der FDP-Spitze auf dem Programm.

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FDP-Parteitag, Blick aus dem Saal auf das Rednerpult (Foto: dapd)
Die FDP sortiert sich neu: Parteitag des Umbruchs und des AufbruchsBild: picture alliance/dpa

Zum Auftakt des 62. Parteitags bescheinigte der neue Fraktionschef der FDP einen schlechten Zustand: "Unsere Partei befindet sich in einer schweren Krise", sagte Brüderle am Freitag (13.05.2011) in Rostock. Rainer Brüderle nannte auch die Gründe: Vor der Bundestagswahl habe die Partei bei den Bürgern hohe Erwartungen geweckt und danach nicht genügend geliefert. Die FDP habe Veränderungen von Positionen nicht ausreichend begründet mit dem Ergebnis, dass die Liberalen Wahlen und Glaubwürdigkeit verloren hätten. Wo die FDP erfolgreich gewesen sei, seien die Botschaften nicht ausreichend bei den Menschen angekommen.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle (l.) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (Foto: dapd)
Das neue Spitzenduo: FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle (l.) und Wirtschaftsminister Philipp RöslerBild: ap

Sein Fazit: Die FDP müsse zu ihren "Brot- und Butter-Themen" zurückfinden und diese klar und deutlich machen. Daher werde man in den kommenden Stunden und Tagen um Inhalte ringen. Als Beispiele nannte Brüderle die Sicherheits-, die Bildungs- und die Steuerpolitik. Auch die neue Mannschaft werde dazu beitragen. Er sagte Phillip Rösler, noch vor dessen Wahl zum neuen Parteichef, die volle Unterstützung der Partei zu. "Die ganze liberale Familie wird dich unterstützen. Darauf kannst du zählen." Ausdrücklich dankte er dem bisherigen Parteichef Guido Westerwelle. Die FDP habe ihm viel zu verdanken, unter anderem den größten Wahlerfolg in ihrer Geschichte. Den Delegierten sprach er Mut zu: "Auf, auf, ihr Liberalen, fürchtet Euch nicht."

Westerwelle räumt Fehler ein

Westerwelle zog in seiner Abschiedsrede eine selbstkritische Bilanz. Wer so lange eine Partei führe, mache auch Fehler, sagte Westerwelle vor den 662 Delegierten. Niemand wisse das besser als er. Er stehe für jeden Fehler, den er gemacht habe, gerade und entschuldige sich dafür. Insgesamt aber seien die zehn Jahre unter seiner Parteiführung so schlecht nicht gewesen. "Wir haben mehr richtig als falsch gemacht."

Christian Lindner, Philipp Rösler, Guido Westerwelle (Foto: dapd)
Seine Zeit ist abgelaufen: Guido Westerwelle (r) nach seiner letzten Rede als FDP-ParteichefBild: ap

Es falle ihm schwer, den Parteivorsitz abzugeben, räumte der 49-Jährige ein. Doch die "hervorragende Führungsmannschaft", die die FDP jetzt übernehme, mache ihm den Abschied leichter. Der Parteitag in Rostock sei ein Parteitag des Umbruchs in der FDP. Von Rostock werde ein Zeichen des Aufbruchs für die Liberalen ausgehen. Westerwelle versprach Philipp Rösler Unterstützung ohne Einmischung. "Ich werde meinem Nachfolger nicht ins Lenkrad greifen."

Auch Westerwelle dankte ausführlich seinen Mitstreitern der vergangenen zehn Jahre. "Wir haben die besten Mitarbeiter, die eine Partei nur haben kann, auf allen Ebenen."

Keine Generalaussprache über Westerwelle

Westerwelle hatte Anfang April nach mehreren Wahlschlappen und anhaltend schlechter Umfragewerte nach zehn Jahren seinen Abschied aus dem Amt des Parteichefs angekündigt. Der Außenminister war zuletzt auch in den eigenen Reihen umstritten. Eine Abrechnung mit seinen Leistungen fand in Rostock jedoch allenfalls am Rande statt. So zog Fraktionsvize Martin Lindner seinen Antrag, über den Verbleib Westerwelles im Außenministerium zu diskutieren, nach einem Gespräch mit dem neuen Fraktionschef Brüderle zurück.

Delegierte jubeln (Foto: dapd)
Beifall statt Abrechnung: Delegierte jubeln Westerwelle zuBild: ap

Auch der ehemalige stellvertretende FDP-Chef Gerhart Baum hatte kurz vor dem Parteitag den Rückzug Westerwelles als Außenminister gefordert. "Die Ära Westerwelle ist zu Ende, ob man das will oder nicht", sagte er am Freitag im ARD-Morgenmagazin.

Generalsekretär Christian Lindner – mit Martin Lindner nicht verwandt – erklärte jedoch, Anträge auf einen Rücktritt Westerwelles lägen nicht vor. Es handele sich um unbedachte Äußerungen eines Einzelnen, denen er nicht viel Bedeutung beimesse. Zudem sei ein Parteitag nicht das Gremium, das über Kabinettsmitglieder befinde.

Rösler: "Jetzt geht's los"

Bei den Neuwahlen für die Parteispitze stimmten die Liberalen dann am Freitagabend mit breiter Mehrheit für Philipp Rösler als neuen Parteichef. Er erhielt 619 von 651 gültigen Stimmen und damit rund 95 Prozent. Der Wirtschaftsminister, der zuvor das Gesundheitsressort im Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel inne hatte, ist der jüngste Vorsitzende in der Geschichte der Partei. Rösler bedankte sich für das Vertrauen und versprach den Delegierten: "Ab jetzt, ab heute, geht der Wiederaufstieg der Freien Demokraten endlich los." Der 38-Jährige wird seinen Vorgänger Westerwelle auch als Vizekanzler der schwarz-gelben Koalition ablösen.

Zu Röslers Stellvertretern wurden die Ex-Fraktionschefin im Bundestag, Birgit Homburger, Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und der sächsische FDP-Chef Holger Zastrow gewählt. Die in der Partei zuletzt umstrittene Homburger erhielt mit rund 66 Prozent ein eher mäßiges Ergebnis.

Trotz des geplanten personellen Umbaus kommt die FDP nicht aus dem Stimmungstief heraus. Nach einer Umfrage des ARD-Deutschlandtrends legte sie zwar um einen Punkt auf fünf Prozent zu. 86 Prozent aber glauben, dass sich die Partei mehr mit sich selbst beschäftigt als mit den Problemen Deutschlands. 61 Prozent meinen, dass eine verlässliche Politik mit der FDP nicht mehr möglich sei. Und nur 30 Prozent sehen die Liberalen mit Rösler auf dem richtigen Weg.

Autor: Gerhard M Friese (dpa, afp, dapd, rtr)
Redaktion: Ursula Kissel