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Fehlt dem eSport Struktur?

Fabio Schlößer Vila
22. Dezember 2016

Organisationen wie die FIFA haben die Aufgabe, eine faire Umgebung für Spieler und Vereine zu erschaffen. Dem eSport fehlen diese Strukturen, obwohl er einen Dachverband im Grunde bitter nötig hätte.

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ESL Pro League
Bild: DW/N. Peters

Valve und RIOT, die respektiven Entwickler von Counter-Strike: Global Offensive und League of Legends haben sehr unterschiedliche Herangehensweisen an die Profi-Umgebungen ihrer Spiele. Valve kümmert sich verhältnismäßig wenig und gibt praktisch jedem Veranstalter die Möglichkeit, CS:GO-Turniere abzuhalten. Als Resultat dieser Freiheiten haben sich dieses Jahr alleine so viele neue Turniere gebildet, dass an bestimmten Wochen drei internationale Events mit Top-Teams parallel stattfanden. Für die Spieler bedeutet das hauptsächlich unglaublichen Stress, die ersten Teams mussten wegen Erschöpfung schon Turniere absagen. "Es ist als Fan äußerst anstrengend, allen Turnieren zu folgen", kommentiert Paul "ReDeYe" Chaloner, ein renommierter Moderator der Szene, diese Entwicklung. "Man könnte argumentieren, dass die Anzahl an Turnieren runtergeschraubt werden muss, aber ohne einen Verband der dies gegenüber den Veranstaltern durchsetzt, wird das wohl nicht passieren." 

RIOT geht den anderen Weg und übt umfassende Kontrolle über sein Spiel aus. Auch wenn dies einheitliche Regelungen und kontrollierte Turnierstrukturen zur Folge hat, fehlt es dem Entwickler entscheidend an Transparenz. Zum wiederholten Male hat RIOT Teams illegale Aktivitäten vorgeworfen und sie sanktioniert ohne Beweise für die Anschuldigungen zu liefern. Als "Ankläger, Richter und Henker" zugleich muss sich der Entwickler vor niemandem rechtfertigen und hat deswegen in letzter Zeit negative Schlagzeilen gemacht. Beide Beispiele zeigen, wie wichtig ein Dachverband für den eSport sein kann, denn die Interessen der Spieler werden nur zu oft vernachlässigt. Was viele dabei vergessen, ist, dass es eigentlich schon einen großen Dachverband für den eSport gibt.

WESA: Ein Fehlschlag?

E-Sport Paul Chaloner
Paul Chaloner moderiert schon seit über einem Jahrzehnt die größten eSport-EventsBild: ESL | Helena Kristiansson

Die World Esports Association (WESA) wurde Mitte 2016 in Kooperation mit der Electronic Sports League (ESL), dem größten Turnierveranstalter im eSport, gegründet. Ziel war es, einen Dachverband für die gesamte Szene zu stellen. Die Organisation, welche sich auf nur acht Gründervereine stützt, war aber von Anfang an von Problemen geplagt. Der Verband erschien zu exklusiv und schreckte die anderen "Big Player" im eSport aufgrund seiner Intransparenz eher ab. Man warf der ESL vor, andere Veranstalter aus dem Geschäft drücken zu  oder mit der WESA zumindest Kontrolle über ihre Konkurrenz erlangen zu wollen. Paul Chaloner hat eine gespaltene Meinung zu der Organisation: "Ich denke, dass die Leute hinter WESA fähig sind, viele haben langjährige Erfahrung im eSport. Dennoch sehe ich hier eher eine Machtergreifung als einen Versuch, die Szene zu professionalisieren. Ich halte es für einen Schutzmechanismus der Involvierten, um ihren Platz im Markt zu sichern." Einer der Vereine, FaZe Clan, hat die Organisation bereits verlassen. Als Grund wurde die Undurchsichtigkeit der Motive des Verbandes genannt.

Ein halbes Jahr später hat sich bei der WESA nicht viel getan. Es sitzen nach wie vor nur sieben Vereine im Verband und bisher ist nicht bekannt, ob die neu eingeführten Strukturen wie der Spielerrat oder das Schiedsgericht nennenswerte Entscheidungen gefällt haben. Der Spielerrat besteht des Weiteren vollständig aus Spielern des Shooters Counter-Strike, eine gerechte Repräsentation des gesamten eSport wird somit ebenfalls nicht erreicht.

LOGO WESA

Die Ziele, die die WESA sich offiziell gesetzt hat, sind nobel, ob jedoch andere Interessen mitspielen oder die Organisation sich nach diesem wenig erfolgreichen Jahr überhaupt noch rehabilitieren kann, bleibt offen. Auf Nachfrage zum Stand der Entwicklungen haben wir von der WESA bislang keinen Kommentar erhalten.

Warum es Dachverbände im eSport immer schwer haben werden

Auch wenn die Strukturen, die im eSport vorherrschen, sehr ähnlich zu denen eines traditionellen Sportes sind und sich auch stetig professionalisieren, gibt es einen entscheidenden Punkt, an dem sich diese beiden Wettkampfumgebungen scheiden. Möchten Sie ein Fußballturnier veranstalten und haben sie die notwendigen Ressourcen, dann dürfen Sie das auch machen. Niemand kann ihnen das Recht wegnehmen, vor Tausenden von Menschen Fußball zu spielen, da dieser Sport gewissermaßen Allgemeingut ist.

Im eSport ist das anders. Jedes Game steht unter der Kontrolle seines Entwicklers. Um also Counter-Strike oder League of Legends auf der großen Bühne zu spielen, bedarf es Lizenzen und die bekommt man nur zu den Bedingungen des Entwicklers. Ein Dachverband der Spieler und Vereine würde sich somit über allen Teams einordnen, bliebe aber nichtsdestotrotz in der Hierarchie unter dem Hersteller des Spiels. Einheitliche Regulierungen und Rechtsprechungen hängen also nach wie vor von Firmen wie RIOT oder Valve ab, die  ihre Kontrolle aber nur ungern abgeben möchten. Einen funktionierenden Dachverband wird es daher in absehbarer Zukunft wohl nicht geben.