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Sommerserie

Silke Ballweg

Kleine Wasserläufe und ruhige Kanäle: das ist der Spreewald, südlich von Berlin gelegen. Eine Bootsfahrt ist bei Touristen beliebt, rund 700 Fährmänner verdienen damit ihr Geld. Reinhard Krüger ist einer von ihnen.

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Bootstour im Spreewald
Alles ohne MotorBild: dpa - Report
Etwas wackelig ist es schon
Etwas wackelig ist es schonBild: Silke Ballweg

Sie stehen etwas ungelenk am Wasserrand, halten sich aneinander fest und versuchen, mit einem großen Schritt in das leicht wackelnde Boot zu kommen. Rund 30 Männer und Frauen fortgeschrittenen Alters machen während einer Deutschlandreise im Spreewald halt und rüsten sich nun für eine Bootstour. Kahnfährmann Reinhard Krüger, ein Mit-Sechziger mit trainiertem Körper und gebräuntem Gesicht steht dabei, reicht den älteren Damen hier mal helfend eine Hand, gibt da mal einen Tipp fürs Einsteigen.

Idyllische Ruhe – ohne Motorboote

Nach ein paar Minuten sitzt die Reisegesellschaft schließlich auf hölzernen Sitzbänken in dem langen Kahn. Fährmann Krüger steigt am Ende des Kahns hinzu. Er bleibt stehen und nimmt eine lange Stange in die Hand. Denn im Spreewald werden die Boote nicht mit einem Motor angetrieben, erklärt Krüger. Hier wird gestakt: Mit einer langen Stange, der Rudel, wie man im Spreewald sagt, schiebt er das Boot vom Grund des Flussbettes her vorwärts.

Und tatsächlich: Langsam gleitet der Kahn vom Ufer weg durch einen kleinen Kanal hindurch. Rechts und links säumen hohe Bäume die Fahrt und spenden an diesem warmen Sommertag erholsamen Schatten. Die Reisegruppe genießt die Fahrt sichtlich. Die Gäste blicken interessiert nach rechts und links und betrachten die Häuser und die Blumen-Gärten, an denen sie im Schritttempo vorbeifahren.

Die Post kommt, der Müll geht

Kahnfährmann Reinhard Krüger
Kahnfährmann Reinhard KrügerBild: Silke Ballweg

Denn noch immer gibt es zwei Dörfer im Spreewald, die nur übers Wasser zu erreichen sind, erzählt Krüger. "Die Post wird hier mit dem Kahn ausgefahren. Auch die Müllabfuhr muss mit dem Kahn durch. Alles, was sich hier drin bewegt, passiert auf dem Wasserwege. Somit sind sie immer auf den Kahn angewiesen. Auch ein Haushalt braucht im Schnitt drei oder vier Kähne von unterschiedlicher Größe, mit denen man hier unterwegs ist."

Reinhard Krüger ist im Spreewald groß geworden. Das Kahnfahren hat er schon als kleiner Junge gelernt. Mehrere Stunden lang im Kahn zu stehen und Besucher übers Wasser zu staken, strengt ihn deswegen nicht an. Die Arbeit an der frischen Luft, die gefällt ihm. Auf dem Boot gebe es mit den Gästen immer was zu schwatzen, meint er, und manchmal könne man auch richtig was erleben.

Vatertag mit nassen Hosen

Zum Beispiel am so genannten Vatertag, wenn Männer einen traditionellen Tagesausflug machen. "Da sind auch Gruppen dabei, die dann schon einiges getrunken haben. Und wenn die aus'm Bus kommen, dann fallen die schon fast in den Kahn rein." Und dann könnte es schon mal passieren, dass auch mal eines ins Wasser fällt. Krüger schmunzelt: Aber das sei eigentlich nie besonders schlimm, eigentlich würden alle nur drüber lachen.

Kein Verdienst im Winter

Idylle am Uferrand
Idylle am UferrandBild: Silke Ballweg

Eine normale Kahnfahrt dauert im Schnitt zwei bis sechs Stunden. Gefahren wird aber nur in den Sommermonaten, so zwischen April und Oktober. Im Herbst und im Winter kommen kaum Gäste: Früher überbrückten Krüger und die anderen Fährmänner die Wintermonate in einem Heizkraftwerk, dort waren sie als Zusatz-Kräfte eingestellt. Seit das aber 1994 zumachte, müssen er und die meisten seiner Kollegen nun ohne regelmäßigen Verdienst über den Winter kommen.

Feierabend im Spreewald

Nach vier Stunden Bootsfahrt ist für die heutige Reisegruppe Schluss. Auch Krüger geht gleich nach Hause. Vorher macht er aber noch seinen Kahn für die Nacht fertig. Stellt die Tische und Bänke zurück, die er für die heutige Fahrt nicht brauchte. Und spannt ganz zum Schluss eine große Plastikplane über den Kahn, damit der bis zum nächsten Morgen vor Regen geschützt ist. Als die sitzt, fängt Krüger an zu grinsen: "Der Fährmann fährt jetzt nach Hause und widmet sich seiner Familie, die ihm ja vielleicht schon ein schönes Abendbrot zugemacht hat." Endlich Feierabend im Spreewald.