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Deutschland per Bus

3. August 2011

Streckennetze für Fernbusse sind in Deutschland an einer Hand abzuzählen - das wird sich in Zukunft ändern. Das Bundeskabinett hat eine weitgehende Freigabe des innerdeutschen Buslinienverkehrs beschlossen.

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Fahrgäste steigen in Hamburg in einen Fernbus ein (Foto: DW)
Neue Busverbindungen dürfen bald der Bahn Konkurrenz machenBild: Svenja Pelzel
Menschen im Wartesaal des Zentralen Omnibusbahnhofs in Berlin.(Foto: dw)
Wartesäle an Busbahnhöfen sind in Deutschland meist ungemütlichBild: Svenja Pelzel

In Deutschland gibt es bisher kaum nationale Buslinien, mit Ausnahme von und nach Berlin. Ein Gesetz aus dem Jahr 1931 erlaubt solche Verbindungen nur dann, wenn die vorhandenen Verkehrsbetriebe nicht benachteiligt werden, sprich die Deutsche Bahn AG einverstanden ist. Dieses Privileg soll nun spätestens 2012 wegfallen. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch (03.08.2011), dass Reisende bald bundesweit mit Fernbussen zwischen deutschen Städten fahren können.

Wer wissen möchte, welchen Stellenwert nationale Busse in Deutschland bisher haben, muss sich nur im Warteraum am Zentralen Omnibusbahnhof in Berlin umsehen. Ein paar Reisende sitzen auf orangefarbenen Plastikschalensitzen, kaufen am einzigen geöffneten Schalter Tickets, am kleinen Kiosk Zeitschriften oder Süßigkeiten. Kein Vergleich zu den schicken Busstationen in Lateinamerika oder den USA, eher wähnt man sich hier in einem Entwicklungsland und nicht am zentralen Busknotenpunkt der deutschen Hauptstadt.

Pendler, Kinder und Stammgäste

Zwei Busse stehen am Zentralen Omnibusbahnhofs in Berlin.(Foto: dw)
Sicher, billig und mehr Service - der FernbusBild: Svenja Pelzel

Draußen ein ähnliches Bild: unter grauen Wellblechdächern warten Busse und Reisende, dem Wind ungeschützt ausgesetzt. Petra Nießen und Anne Künne stört das nicht. Die beiden Frauen stehen neben einem laut dröhnenden Bus, umarmen sich. Die alte Dame fährt gleich zurück nach Hamburg, hat sich zum wiederholten Mal ganz bewusst für den Bus entschieden. "Weil es so günstig ist", sagt sie und lacht. 19 Euro bezahlt Anne Künne Hin und Zurück mit Frühbucherrabatt, 43 Euro kostet die Reise regulär. Mit der Bahn sind es 140 Euro.

Ihre Tochter Petra Nießen ist von Preis und Service so begeistert, dass sie regelmäßig ihre beiden Kinder, die zwölf und 15 sind, alleine mit dem Bus zur Oma schickt. "Meine Mutter kann die dann abholen in Hamburg, aber auch nur gegen Unterschrift. Und von daher ist das sicherer als mit dem Zug". Das jüngste Kind, erzählt Busfahrerin Angelika Bartels, das regelmäßig bei ihr mitfährt, ist fünf. Den Jungen kennt sie gut, ebenso wie viele Pendler und Stammgäste. Angelika Bartels ist Busfahrerin aus Leidenschaft, plaudert fröhlich mit den beiden Frauen, hievt mit Schwung Anne Künnes Koffer in den Laderaum, bevor sie geräuschvoll die Klappe schließt. Anne Künne sucht sich im modernen Doppelstockbus einen Platz mit Tisch und klappt ihr Buch auf. Währenddessen überprüfen Angelika Bartels und ihr Kollege, ob alle 35 angemeldeten Fahrgäste da sind, erledigen die letzten Formalitäten. Auf die Sekunde pünktlich geht's los.

Unterwegs mit Deutschlands sicherstem Verkehrsmittel

Fahrerin am Steuer ihres Buses mit Blick auf die Autobahn. (Foto: dw)
Die Gesetzesänderung im Fernbusverkehr war überfälligBild: Svenja Pelzel

Routiniert steuert Angelika Bartels den Doppelstock-Reisebus Richtung Autobahn. Die 50-jährige rundliche Blondine ist gelernte LKW-Fahrerin und seit über 20 Jahren leidenschaftlich gern mit Bussen unterwegs. Von Kurven und Beschleunigung ist bei ihrem sanften Fahrstil kaum etwas zu merken. Kein Wunder, regelmäßig schickt ihr Chef sie zum Sicherheits- und Ökotraining. Mit Erfolg. Angelika Bartels verbraucht unter 30 Liter auf 100 Kilometern, ihr Bus stößt damit weit weniger CO² und Schadstoffe aus als die Bahn. Busse sind die umweltfreundlichsten und sichersten Verkehrsmittel in Deutschland. Das hat das Institut für Energie und Umweltforschung im Auftrag des Umweltministeriums errechnet. Darauf ist Angelika Bartels stolz und darauf, dass die Reisenden ihr vertrauen. Sie lächelt zufrieden, als sie im Rückspiegel entdeckt, dass die ersten Fahrgäste bereits einschlummern. Exakt drei Stunden und zehn Minuten dauert die Reise Berlin-Hamburg. Wie immer ist der Bus pünktlich.

In Hamburg hilft Angelika Bartels den Reisenden mit ihrem Gepäck, leert Mülleimer, kontrolliert die Toilette, holt sich einen Kaffee. Nach kurzer Pause fährt sie mit einem fast vollen Bus zurück nach Berlin.

Autor: Svenja Pelzel
Redaktion: Beatrix Beuthner/Pia Gram