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Feste feiern, feste kaufen

Konstantin Klein11. November 2002

Nichtamerikaner erfahren es auch an diesem Montag wieder aus dem Börsenbericht: "Wegen des Feiertags nichts neues von der Wall Street.“ Feiertag? DW-TV-Korrespondent Konstantin Klein über Feste und wie sie fallen.

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Der Himmel weint über dem Heldenfriedhof von Arlington, als George W. Bush, der Präsident der Vereinigten Staaten, seine Rede zum Veterans' Day hält. Der Tag sei ein Tag des Gedenken und der Trauer um verlorene Angehörige, sagt der Präsident, bevor er den obligatorischen Kranz niederlegt und salutiert.

Alte Herren mit Orden an ihren Regenmänteln werden auch an diesem Veterans’ Day wieder durch die Hauptstraßen amerikanischer Kleinstädte paradieren – und wie jedes Jahr wird die Parade wieder ein Stück langsamer vorwärtskommen – schließlich muss sie auf die Ältesten, die Teilnehmer des Zweiten Weltkriegs Rücksicht nehmen.

Und Restamerika? Restamerika feiert den Veterans' Day vor allem in Shopping Malls oder im Kaufhaus. Schon seit Wochen beherrschen ganzseitige Anzeigen mit Sonderangeboten die Zeitungen, und Autohändler werben im Lokalfernsehen mit Angeboten, die nie wieder kommen werden – bis zum nächsten Feiertag, versteht sich. Und der kommt bald – am 28. November begeht die amerikanische Familie Thanksgiving Day, indem die Frauen Truthahnrezepte austauschen, die Männer Bier trinken und Football gucken und alle sich ganz entsetzlich den Bauch vollschlagen.

Pragmatische Feiertagskultur


Nichtamerikaner erkennen bei einem Blick auf den hiesigen Kalender gerade mal zwei der zehn offiziellen Feiertage wieder: Weihnachten und Neujahr. Alle anderen Bundesfeiertage erinnern an Personen und Ereignisse der US-Geschichte, vom Columbus Day bis – immerhin! – zum Martin-Luther-King-Day. Und fast alle von ihnen fallen unweigerlich auf einen Montag, was die Gelegenheit zu verlängerten (Einkaufs-)Wochenenden bietet und von Pragmatismus zeugt. Nur der Independence Day wird immer am 4. Juli gefeiert – wohl, weil die Datumsangabe auf der Unabhängigkeitserklärung von 1776 auch heute noch deutlich lesbar ist.

Die offizielle Feiertagsliste der USA macht jedoch einen feinen Unterschied zwischen offiziellen Feiertagen (an denen der eine Teil der Bevölkerung hart arbeitet, um dem anderen Teil das sauer verdiente Geld abzunehmen) und echten "Fun Days", also Tagen, an denen man tatsächlichen, echten Spaß hat. Zu denen gehören solche Klassiker wie Halloween für die Kinder, St. Valentine’s Day für die Romantiker oder St. Patrick’s Day für die Iren (und Guiness-Trinker) in uns allen.

Was nur beweist, daß Bürokraten vom Feiern eben nichts verstehen.