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Festival gegen Rassismus

Amrei Vogel3. Juni 2013

Sprachprobleme, Bürokratie, aber auch Vorurteile - damit haben ausländische Studierende in Deutschland oft zu kämpfen. Mit einem Festival wollen deutsche Studenten das jetzt ändern.

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Festival contre le racisme Aktion in der Heidelberger Innenstadt Bild zugeliefert von Claudia Unseld/DW
Festival contre le racisme HeidelbergBild: Festival contre le racisme

Schwer zu verstehende Texte, komplizierte Formulare und die große Schwierigkeit, einen lukrativen Nebenjob zu finden – all das kennt Azzeddine Echcharif nur zu gut. Der in Marokkaner studiert in Münster Rechtswissenschaften und hat all diese Hürden genommen. "Wenn man das Studium erst einmal angefangen hat, muss man die Herausforderung annehmen", erklärt er. Weil das gar nicht so einfach ist, hilft Azzeddine Echcharif seinen ausländischen Kommilitonen, so gut er kann.

Da sei zunächst einmal die wissenschaftliche Fachsprache in den Seminaren und Vorlesungen, erzählt er. "Das ist für fast alle ausländischen Studierenden schwierig, selbst wenn sie im Alltag sprachlich gut zurechtkommen." Also heißt es: Fachtermini lernen, denn die Klausuren müssen bestanden werden. Das Ausländeramt verlangt Leistungsnachweise. Doch nicht nur das. Damit das Visum verlängert wird, müssen auch Nachweise über die Finanzierungsquellen erbracht und etliche Formulare ausgefüllt werden.

Studenten bei einer Aktion in der Heidelberger Innenstadt(Foto: Festival contre le racisme)
Viele Aktionen sollen zum Nachdenken anregenBild: Festival contre le racisme

Ein Festival, viele Orte

"Das führt alles dazu, dass ausländische Studierende oft mehr Semester brauchen, um das Studium abzuschließen, als deutsche Studierende", erklärt Azzeddine Echcharif. Viele Studenten litten zudem unter Diskriminierungen im Alltag. Da wollten Vermieter keine Ausländer im Haus, in der Straßenbahn setzten sich Mitfahrer bewusst weg, im Café gebe es abfällige Bemerkungen. Auf genau diese Probleme ausländischer Studierender, von denen ihre deutschen Kommilitonen oft nichts ahnen, möchte nun das "Festival contre le Racisme" (Festival gegen Rassismus) aufmerksam machen.

Die an französischen Unis gegründete Veranstaltung gibt es bereits seit zehn Jahren in Deutschland. In diesem Jahr findet sie vom 3. bis 14. Juni in vielen deutschen Hochschulstädten statt, unter anderem in Passau, Dresden und Heidelberg. Der "freie Zusammenschluss von StudentInnenschaften" (fzs) und der Bundesverband ausländischer Studierender (BAS) koordinieren die Aktionstage und sorgen für Austausch und Zusammenarbeit unter den Festivals in den verschiedenen Städten. In der Wahl ihres Festivalmottos ist jede Universität frei.

Ein Studium auch für Flüchtlinge

In Heidelberg etwa möchten die Studenten vor allem auf die deutsche Asylpolitik und die daraus entstehenden Probleme aufmerksam machen. "In Deutschland können sich Flüchtlinge an keiner Universität einschreiben, auch wenn sie dafür qualifiziert sind", kritisiert Carolin Ott, die im fzs tätig ist und das Festival in Heidelberg organisiert. "Das sollte sich ändern."

Vor einem großen Problem stünden ausländische Studierende auch, wenn sie mit dem Studium fertig sind, betont die Studentin. Die meisten könnten nämlich nicht bleiben, sondern müssten wieder ausreisen, weil sie das Visum nur zu Studienzwecken bekommen haben.

Gemeinsam erreicht man mehr

"Mit all unseren ernsten Themen ist das Festival sicher anders als andere interkulturelle Feste", betont Erik Marquardt aus Berlin. Er studiert dort Chemie und ist Vorstandsmitglied des fzs. Doch auch das Studentenfestival bietet Theater, Workshops, Lesungen, Konzerte, Podiumsdiskussionen, Ausstellungen und sogar Fußballturniere. Auf einem "Markt der Möglichkeiten" werden vor allem lokale Problembereiche und Möglichkeiten des Engagements vorgestellt.

Das Logo des Festivals auf einem Banner (Foto: Festival contre le racisme)
Das Festival setzt sich gegen Vorurteile einBild: Festival contre le racisme

Die Organisationsstruktur mit den lokalen Ebenen und dem nationalen Zusammenschluss hat für den Chemiestudenten große Vorteile. "Man bekommt gemeinsam mehr Aufmerksamkeit, als wenn jede Studierendenschaft ihr Projekt irgendwann einzeln macht", betont er. Da die Idee zum Festival von der Kampagne des französischen Studierendenverbandes UNEF stammt, tauschen sich die deutschen Organisatoren auch mit ihren französischen Kollegen aus und besuchen ihre Veranstaltungen gegenseitig.

Azzeddine Echcharif sieht in dem Festival eine große Chance, in der Gesellschaft Veränderungen zu erreichen, die nicht nur ausländische Studierende betreffen. "Die Existenz von Menschen mit anderen kulturellen Hintergründen, anderen Bedürfnisse und Merkmalen ist eine Tatsache, die anzunehmen und wertzuschätzen ist", meint er. Das sei eine Bereicherung und keine Bedrohung. "Insofern ist unser Festival eine gute Plattform zur Annäherung, Verständigung und Toleranz."