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Fett in Suburbia

Daniel Scheschkewitz1. September 2003

Das Leben in den amerikanischen Vorstädten ist ein trostloses Dasein: Bungalow reiht sich an Bungalow, Reihenhaus an Reihenhaus. Eine Wohnkultur, die zu einem entsprechenden Cholesterin-Spiegel führt.

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Ohne dass eine städtische Infrastruktur den Bürger auf die Straße lockt, lebt der größte Teil Amerikas hier und verfettet langsam aber sicher. Egal, ob beim Gang ins Kino oder in den Supermarkt, der Vorstadtamerikaner setzt sich immer ins Auto, denn Bürgersteige oder öffentliche Verkehrsmittel sind in weiten Teilen des suburbanen Nordamerikas unbekannt. Weil aber der Wohnraum in den Innenstädten entweder überhaupt nicht oder nur zu unerschwinglichen Preisen zur Verfügung steht, leben immer mehr US-Bürger in eben solchen Vorstadtsiedlungen. Neue Untersuchungen haben nun ergeben, dass gerade hierin ein wesentlicher Grund für das Übergewicht vieler Amerikaner liegt. Mehr als zwei Drittel aller US-Bürger leiden an Übergewicht und jeder Dritte von ihnen ist fettleibig.

Sicher, Fast Food und eine in jeder Hinsicht kalorienreiche Nahrung sind mit ausschlaggebend - doch die Bewegungsarmut des durchschnittlichen Nordamerikaners spielt eine bislang viel zu wenig beachtete Rolle bei der Fettleibigkeit. So sind in den am stärksten zersiedelten Gebieten der USA deutlich höhere Werte für Diabetes, Bluthochdruck und Herzkrankheiten festzustellen als in den kompakten städtischen Regionen der USA.

Keine Alternativen zum Auto

Wer in der Stadt lebt hat in der Regel kürzere Wege und bessere öffentliche Verkehrsnetze, also mehr Anreiz das Auto einmal stehen zu lassen. In einer Stadt wie Washington beispielsweise nimmt das Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln mit der Distanz zum Stadtkern dramatisch ab - ebenso wie die Versicherungsprämien für das Automobil. Da Benzin traditionell billig ist, gibt es außerhalb der Innenstädte weder echte Alternativen zum Auto noch finanzielle Gründe auf den mobilen Untersatz zu verzichten.

Selbst Kinder legen ihren Schulweg, wenn überhaupt, dann nur in den Innenstädten zu Fuß zurück. Andernorts werden sie morgens vom Schulbus abgeholt und abends teilweise viele Kilometer weit nach Hause zurück gebracht. Zu nahezu jeder Freizeitaktivität kutschieren Eltern ihre Kinder in der Familienlimousine, weswegen amerikanische Mütter einen guten Teil ihres Lebens "on the road" verbringen.

Auto als Schutz gegen die Welt

Aber gerade bei Kindern machen sich Fettleibigkeit und Diabetes in den USA immer mehr breit . Schon werden Stadtplaner und Architekten aufgefordert, bei der Planung neuer Lebensräume die Bewegungsarmut als Ursache für die Verfettung Amerikas stärker zu berücksichtigen. Und dennoch, vor die Wahl gestellt in der relativen Enge der Städte oder aber draußen in Suburbia zu leben, dürften sich die meisten Amerikaner für Letzteres entscheiden.

Ein Volk, dem der Drang in die unendliche Weite des Raumes quasi in die Wiege gelegt wurde, lässt sich nicht so leicht in Stadtwohnungen einpferchen. Freiheit wird nicht selten als die Freiheit verstanden, sich einfach ins Auto setzen zu können und auf den endlosen Highways davon zu brausen. Selbst dort, wo atemberaubende Naturschönheiten den Menschen zum Gang in die Natur bewegen, bleibt der Amerikaner lieber im Auto sitzen. Nur dort, in der klimatisierten und sicheren Umgebung des eigenen Wagens fühlt man sich wirklich gut aufgehoben und vor den Unbilden der gefährlichen Welt geschützt . Und wenn der Hunger ruft - das nächste Drive-In von McDonalds ist bestimmt nicht weit entfernt.