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"Feuer lässt sich nicht mit Benzin löschen"

Das Gespräch führte Diana Peßler13. Februar 2004

In Uganda tobt ein grausamer Krieg, jenseits der internationalen Aufmerksamkeit. Der ugandische Erzbischof Odama will den Konflikt endlich publik machen. Er ist derzeit in Deutschland. DW-World hat mit ihm gesprochen.

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Seit 18 Jahren Bürgerkrieg - die Rebellen organisieren sich immer wieder neuBild: AP

DW-World: Was ist die Charakteristik des Konflikts in Uganda?

John Baptist Odama:

Es ist ein politischer Konflikt, der bereits seit 18 Jahren auf dem Rücken der Bevölkerung ausgetragen wird. Wir sprechen hier von einer humanitären Katastrophe, vor allem in der Acholi-Region. Die Rebellen vertreiben die Zivilisten aus ihren Dörfern, setzen sie auf unbewohntem Land wieder aus – ohne Hab und Gut. Sie sind von den Lebensmittelspenden des World Food Programm abhängig. Sie haben keine Unterkunft, können sich nur notdürftige Hütten bauen. Sie haben keinen Zugang zu medizinischer Versorgung. Diese Flüchtlingscamps sind AIDS-Herde, das HI-Virus verbreitet sich rasend schnell. Es gibt so viele Probleme.

Beschränkt sich die Probleme auf die Acholi-Region im Norden Ugandas?

Alle Rebellionen beginnen an einem bestimmten Ort. In diesem Falle war es diese Region, wo der Konflikt ausbrach – und sich von dort ausbreitete. Aber er beschränkt sich nicht mehr nur auf Acholi. Auch die Regionen Teso und Lango sind betroffen.

In dem ugandischen Konflikt haben sich ruhigere Phasen abgewechselt mit sehr gewalttätigen Phasen– in welchem Stadium ist Uganda heute?

Wir befinden uns in einer Situation, die von Gewalt bestimmt ist. Die ugandischen Regierungstruppen haben zwar eine Operation gestartet, die LRA-Basis auf sudanesischem Boden bekämpfen. Aber die Situation hat sich nicht gebessert. Sie ist weiter eskaliert. Rund 1,2 Millionen Menschen haben darunter zu leiden.

Woher kommt das hohe Gewaltpotential in diesem Konflikt?

Es wurde aus der Geschichte Ugandas geboren. Seit seiner Unabhängigkeit 1966 wurde sich politische Macht immer wieder gewaltsam angeeignet. Die Antwort darauf war Gewalt. Mit Präsident Musevini besserte sich die Situation teilweise, aber die Saat von Misstrauen und Argwohn hält sich bis heute. Der Konflikt in Acholi hat unter Musevini begonnen und gehalten.

Ein besonderes Problem bei diesem Konflikt ist die Zwangsrekrutierung von Kindersoldaten...

Da die Rebellen unter den Zivilisten keine Unterstützung fanden, sind sie dazu übergegangen, Kinder gewaltsam zu entführen. Kinder im Alter von neun bis vierzehn Jahren. Sie erziehen sie dazu, ihr eigenes Volk zu bekämpfen. Manche werden gezwungen, ihre eigenen Verwandten zu töten. Das ist eine Absage an ihr bisheriges Leben. Sie können nie wieder zurückkehren.

Was muss jetzt geschehen?

Für mich steht fest: Man kann Feuer nicht mit Benzin löschen. Das gäbe eine Explosion. Nur ein friedlicher Dialog kann uns aus der Misere führen. Wir haben versucht die Rebellen und die Regierung an den Verhandlungstisch zu bringen. Leider gab es Bewegungen, die die Gespräche nicht wollten. Wir brauchen internationale Hilfe. Wir leben in einem globalen Dorf, und die internationale Gemeinschaft muss bei den Friedensgesprächen eine Rolle spielen. Sie hat die Erfahrungen im Sudan, in Angola, Mocambique und neuerdings Liberia. Die wurden angesprochen. Wir brauchen Hilfe von Ländern, die Einfluss über die ugandische Regierung haben und den Sudan und entsprechend über die LRA. Länder wie Deutschland können da, in Allianz mit der UN eine Rolle spielen.

Will denn die ugandische Regierung internationale Hilfe?

Sie hat immer gesagt, dass sie den Konflikt allein lösen kann. Aber der dauert jetzt schon 18 Jahre. Zwei verlorene Generationen. Viele Kinder konnten nicht zur Schule gehen, sie haben keine Zukunft vor sich. Wie lange soll das weitergehen?

Wie erklären Sie, dass die internationale Gemeinschaft dem Konflikt bisher so wenig Aufmerksamkeit schenkt?

In der ugandischen Regierung unter Musevini war Konsens, dass Uganda von dem früheren brutalen Regime Idi Amins reingewaschen werden muss. Die internationale Gemeinschaft war nur an dem reingewaschenen Uganda interessiert. Der Bürgerkrieg wurde unterdessen verborgen gehalten. Und vergessen. Bis die Lage schlechter und schlechter wurde. Dann verschafften Friedensinitiativen und humanitäre Organisationen den Leuten Gehör.

Hat der ugandische Präsident Yoweri Musevini den Konflikt heruntergespielt, um Ugandas Vorbildrolle als demokratischer Staat in Afrika nicht zu gefährden?

Das war sicher seine Absicht. Aber jetzt muss man sehen, dass es besser gewesen wäre Uganda Frieden zu verschaffen. Dann hätte Uganda eine bessere Zukunft und einen besseren Ruf.

Welche Rolle soll die internationale Gemeinschaft Friedensprozess spielen?

Sie können diskutieren, wie Uganda auf den Weg zum Frieden gebracht werden kann. Und wir brauchen finanzielle Hilfe. Deutschland hat uns bisher nicht geholfen. Aber wie viel Hilfe hätten wir nicht gebraucht, um den Krieg im Norden zu beenden? Gerade der Norden war da immer benachteiligt. Uganda braucht Geld, aber unter der Bedingung, dass es für den Frieden eingesetzt wird. Und für Bildungsmöglichkeiten. Viele Kinder hatten nicht die Möglichkeit Schulen zu besuchen.