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"Bis aufs Blut - Brüder auf Bewährung"

30. September 2010

Oliver Kienle bekam in diesem Jahr den begehrten Preis "First Steps Award". Der Film schildert die schwierigen Versuche von Jugendlichen ihre kriminelle Vergangenheit hinter sich zu lassen. Oliver Kienle im DW-Gespräch.

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Zwei Jugendliche in Halle gestikulierend - Szene aus "Bis aufs Blut" (Foto dpa/picture alliance)
Bild: picture alliance/dpa

DW-WORLD.DE: Wie würden Sie jemanden Ihren Film beschreiben, der ihn noch nicht gesehen hat?

Oliver Kienle: Es geht um die Hauptfigur Tommy, die nach sechs Monaten Jugendknast und einer reinen Tortour raus kommt und ihr Leben ändern will. In dem Film geht es um die Freundschaft zu Sule, seinem besten Freund seit Kindestagen, der ihn aber jetzt davon abhält die Zukunft in die Hand zu nehmen. Der Film beschreibt Tommys schmerzliche Erfahrung mit Freundschaft. Nämlich einer Freundschaft, die in Jugendtagen einmal sehr gut funktioniert hat. Jetzt, wo die beiden erwachsen werden, müssen sie getrennte Wege gehen. Tommy begreift, dass er seinen Freund, der ohne ihn definitiv komplett abstürzen wird, zurück lassen muss, um seine eigene Zukunft in die Hand zu nehmen. Das ist der Grundschmerz des Films.

War dieser Schmerz auch etwas, was Sie gereizt hat am Buch, am Film? Das Thema Freundschaft in Jugendgangs, in Cliquen?

Ja, ich denke das ist ein sehr klassischer Debütstoff. Man nimmt autobiografische Themen, die einen persönlich sehr berühren. Verpackt sie in das Milieu, das man kennt und von dem man herkommt. Und erzählt eine Geschichte, die hoffentlich sonst so keiner erzählen kann. Es war diese Freundschaftsgeschichte, die von Anfang an der Kern war. Das ist auch so geblieben. Das war der Hauptmotor der Geschichte. Es gibt auch das Thema Verrat, auch das ist sehr wichtig für den Film. Das ist auch sehr wichtig in meinem Leben. Und das steckte von Anfang an da drin.

Oliver Kienle (Foto: Jochen Kürten)
Oliver KienleBild: DW

Das heißt, Sie haben auch aus Erfahrung geschöpft, aus eigenem Erleben? Das ist also auch alles ins Buch eingeflossen? Ganz so, wie man sich das bei einem Spielfilmdebüt vorstellt?

Man weiß ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr, was kennt man selbst, was hat man erfunden, wo vermischen sich Realität und Fiktionen? Da blickt man selber nicht mehr durch. Und es sind meistens die alten Kumpels, die auf einen zukommen und sagen, Moment mal, diese Figur, die kennt ich doch, oder: Das bin doch ich, Du Schwein! Das kommt schon vor. Ich glaube aber, die grundsätzlichen Dinge, wo ich sagen kann, das ist autobiografisch, das sind auch die grundsätzlichen Themen, die in einem Film abgehandelt werden.

Mir geht es um Freundschaft. Dazu muss ich nicht im Jugendknast gewesen sein. Da kann ich von Geschichten von Freunden zehren. Ich muss es nicht selbst erlebt haben. Aber die grundsätzlichen Geschichten, das Thema, zu dem man eine Haltung hat und das Thema, über das man eine Erkenntnis liefern will, die müssen persönlich sehr verankert sein. Und das ist bei mir der Fall. Die Geschichte, ich hoffe das merkt man dem Film an, ist eine sehr persönliche.

Auffallend ist die Filmsprache, die Sie gewählt haben. Da hat man das Gefühl, das ist, vor allem auch mit der Musik, aus einem Guss inszeniert. Haben Sie versucht einen musikalischen Filmstil zu erarbeiten?

Bei der Premierenfeier: die Schauspieler von "Bis aufs Blut" (Foto: Daniel Karmann/dpa)
Bei der Premierenfeier: die Schauspieler von "Bis aufs Blut"Bild: picture alliance/dpa

Ja, das war von Anfang an sehr wichtig. Wir hatten auch einen Musik-Supervisor namens Stefan Broedner, den wir früh ins Boot geholt haben, weil wir wussten, das wird eine große Herausforderung. Nicht nur die richtige Musik zu finden, sondern auch die Verschmelzung von Filmmusik und dem Soundtrack zu schaffen. Dass alles zueinander passt. Wir haben da zwei sehr, sehr tolle Komponisten, Johnny Klimek und Reinhold Heil bekommen, die schon „Lola rennt“ gemacht haben und dann auf dieser Electronic-Techno-Schiene gearbeitet haben. Dann hat es sie gereizt, an meinem Film mit dem Thema HipHop da anzuknüpfen und weiterzuarbeiten.

Zusätzlich hatten wir sehr viel Glück, weil wir wirklich sehr, sehr viele namhafte deutsche Rapper mit ins Boot bekommen haben wie Curse, Samy DeLuxe, Kool Savas und andere. Das war aber auch viel Arbeit. Von denen haben wir teilweise fertig produzierte Titel in den Film genommen, die wunderbar reingepasst haben. Zum Teil aber haben die auch extra für uns geschrieben und produziert. Gerade im Zusammenhang mit Curse. Die passen wahnsinnig gut in den Film und erzählen und untermalen die Themen des Films auch indirekt.

Das Gespräch führte Jochen Kürten

Redaktion: Conny Paul