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Filmfestival Mannheim

Jochen Kürten23. November 2006

Das Filmfestival Mannheim/Heidelberg gehört zu den ältesten in Deutschland. Es genießt weltweit einen hervorragenden Ruf bei Produzenten und Regisseuren - nicht zuletzt, weil es konsequent antikommerziell ist.

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Kartenspieler am Tisch
Szene aus dem Film 'Treseta - Die Kartenspieler' von Pavo Marinkovic

Das Festival ist tatsächlich ein Weltfestival, ermöglicht es doch einen Blick auf Kinematografien, die - trotz oder gerade wegen der fortschreitenden Globalisierung - kaum noch im normalen Kinoalltag zu sehen sind. Und so sind fast alle Vorführungen, die Festivaldirektor Michael Koetz dem Publikum präsentiert, außerhalb ihres Entstehungslandes vorher noch nicht zu sehen gewesen.

Rund 40 neue Filme werden gezeigt - beinahe eintausend waren in den Monaten zuvor von den Auswahlgremien gesichtet worden. Es sind Filme aus allen Erdteilen - traditionelle Schwerpunkte des Festivals wie Skandinavien und Osteuropa setzen Akzente.

Buntes Nebeneinander

Den berühmten "Roten Faden" sucht man vergeblich, die Festivalmacher möchten einfach nur interessante und gute Filme zeigen. So stehen schonungslose Inzestdramen aus Kanada und Dänemark neben Meditationen über den Tod und das Alter aus Frankreich, ein afrikanisches Märchen über den Kreislauf des Lebens aus Marokko wird ebenso gezeigt wie die Familiengeschichte aus Korea oder die Großstadt-Studie aus Südamerika.

Auch das deutsche Kino ist stark vertreten in diesem Jahr, der junge Markus Passera etwa ist für sein Debüt "Seht zu, wie ihr klarkommt“ in den Kongo gereist. Eine deutsche Journalistin versucht dort etwas über Bürgerkrieg und Wahlen, über Kindersoldaten und örtliche Korruption herauszufinden.

Auf eine ganz andere Reise haben sich die beiden jungen Regisseure Stefan Hillebrand und Oliver Paulus begeben. In ihrem Film "Wir werden uns wiederseh'n“ erzählen sie eine zunächst nicht einmal originelle Dreiecksgeschichte, ein Mann zwischen zwei Frauen. Doch das ganze spielt in einem Alters- und Pflegeheim. Ein Krankenpfleger, die Leiterin der Einrichtung und eine Küchenhilfe sind die Hauptpersonen des Films, der mit wenig Geld und viel Lust an der Improvisation gedreht wurde.

Erstaunliches Niveau ohne Glamour

Auch einige Filme aus Osteuropa hinterließen einen starken Eindruck in Mannheim. "Die Liebenden von Marona" aus Polen etwa, ein schwermütig melancholisches Drama, eine Krankengeschichte in einem Sanatorium, inszeniert in einer Traumlandschaft mit wunderschönen Bildern. Oder "Das geheimnisvolle Buch“ aus Mazedonien: ein mystisches Spiel um Alchimie, Mönche und alte Schriften. Dem kroatischen Film "Die Kartenspieler - Geschichte einer Insel“ von Pavo Marinkovic wurde die Ehre zuteil, im Mittelpunkt der festlichen Gala zum 55. Jubiläum des Festivals zu stehen.

Fazit: auch in diesem Jahr blickte man wieder auf ein erstaunliches Niveau in Wettbewerb und Nebenreihen. Nicht das Meisterwerk, von dem man auch in zehn Jahren noch reden wird, das man mit ein wenig Glück manchmal in Berlin oder Cannes zu sehen bekommt, war zu entdecken. Dafür aber auch kaum Ausreißer nach unten, wie sie auf den großen Festivals öfters vorkommen. Mannheim verzichtet auf Glamour, Blitzlichtgewitter und Sternchen und konzentriert sich ganz auf die Qualität der Filme!