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Filmportale im Internet

13. August 2010

Die Qualität der Filme im Internet ist häufig schlecht. Denn jeder kann dort alles hoch laden: den tobenden Hund oder den Sturz von der Schaukel. Aber im Internet gibt es auch Videoportale mit Qualitätskriterien.

https://p.dw.com/p/On2k
"Eine demokratische Entscheidung" von Nic Nagel thematisiert den Kampf von Künstlern für eine Nutzung des Palastes der Republik (Foto: realeyz.tv)
Ein Szenenfoto aus dem Film "Eine demokratische Entscheidung"Bild: realeyz.tv

Sie heißen "Realeyz.tv", "Vimeo.com", "Archive.org" oder "Onlinefilm.org", Internetportale, die Filme anbieten. Allerdings sind sie nicht wie youtube für alle und alles offen, sondern strukturieren ihre Inhalte oder suchen nach verschiedenen Kriterien die Werke aus, beziehungsweise unterstützen gezielt Filmemacher. "Onlinefilm.org" ist beispielsweise ein Portal, das von europäischen Dokumentarfilmorganisationen gegründet wurde, um das Schaffen ihrer Mitglieder sichtbar zu machen. Und "Vimeo.com" versteht sich zwar als Forum für nicht-kommerzielle Videos. Dort dürfen aber nur Leute Filme hoch laden, die maßgeblich an der Produktion beteiligt waren. In Deutschland wurde letztes Jahr mit "Realeyz.tv" das erste Online-Kino eröffnet, eine Video-on-Demand-Plattform, die sich dem Independent-Film widmet. Wir sprechen mit Andreas Wildfang, dem Geschäftsführer von "Realeyz.tv".

DW-WORLD: Herr Wildfang wie kamen Sie auf die Idee, ein Online-Kino aufzubauen?

Andreas Wildfang, Initiator und Geschäftsführer von Realeyz.tv (Foto: realeyz.tv)
Andreas WildfangBild: realeyz.tv

Andreas Wildfang: Unsere Firma EYZ-Media kommt aus dem Kinobereich. Der Begriff Online-Kino wird in der Kinobranche nicht gern gesehen, weil man sich als Kino immer abgrenzt gegenüber dem, was online als Film angeboten wird. Aber wir sind eine Firma, die bis 2004 selbst Kinos betrieben hat und die immer noch im Kinobereich arbeitet. Auch wenn wir die Seiten gewechselt haben. Die Idee, in den Online-Bereich zu gehen, habe ich schon viele Jahre verfolgt, etwa seit 2000. Damals waren die Bilder, die im Netz liefen, noch von relativ schlechter Qualität. Aber das hat sich inzwischen verändert.

Die Kosten für eine DVD-Veröffentlichung sind oft zu hoch

Die Kinos kämpfen ums Überleben. Warum sollte dann ein Online-Kino erfolgreich sein?

Die Kinobetreiberszene ist relativ konservativ, in die Jahre gekommen und ist nicht wirklich bereit, permanent neue Inhalte auf die Kinoleinwand zu bringen. DVD hat das Problem, dass die Kosten für eine Herausbringung relativ hoch sind und der geneigte Käufer vielleicht von einem Kaufpreis von fünfzehn Euro abgeschreckt wird. Es gibt viele Filme, die zeigenswert wären, die aber weder den Sprung ins Kino schaffen noch als DVD veröffentlicht werden. Und das ist ein sehr interessantes und weites Spektrum.

Man kann sich die Filme anschauen, aber nicht runterladen. Warum?

Das ist so eine Geschmackssache. Wir bieten echtes streaming an, aber kein download, weil der Film letztendlich dann die Festplatte zumüllt. So ein Film hat ja technisch gesehen rund 500 Megabite.

Werbung kann kontraproduktiv sein

Eine virtuelle Eintrittskarte für einen Film kostet zwischen 2 Euro 50 und 4 Euro 75. Davon bekommt der Filmproduzent wiederum die Hälfte. Wie kann sich "Realeyz.tv" da finanzieren? Werbung sieht man kaum auf Ihrer Website?

"China Blue" von Micha X. Peleds (Foto: realeyz.tv)
Nicht jeder Film eignet sich für ein kommerzielles WerbeumfeldBild: realeyz.tv

Wir haben sehr viele Filme mit politischen Inhalten. Wenn man sich also einen Film wie "China Blue" anschaut, der die Textilproduktionsbedingungen in China schildert, wäre es kontraproduktiv, wenn eine Puma- oder Adidas-Werbung erscheinen würde. Wir arbeiten eher mit Partnern aus dem NGO- oder institutionellen Bereich zusammen. Es gibt ein Interesse für diese Filme, aber man muss sich überlegen, wie diese Filme an den Nutzer kommen. Und wie kann auf der anderen Seite das gesamte Online-Geschäft dazu beitragen, dass unabhängige Inhalte auch produziert werden können? Natürlich sind viele dieser Plattformen, und auch wir, zurzeit querfinanziert über Förderungen. Aber im Prinzip muss sich die Online-Szene irgendwann beweisen, dass sie in der Lage ist, mit den Modellen, die sie entwickelt, auch sich selbst zu erhalten.

Gibt es eine ideale Größe (Filmangebot) für ein Online-Kino?

Höchstgrenzen gibt es nicht. Wir wollen mit einem klaren inhaltlichen Profil auftreten. Bei "Realeyz.tv" findet man engagierte Dokumentationen, ungewöhnliches Erzählkino sowie Grenzgänger dazwischen - mit den Schwerpunkten Musik, Popkultur, Kunst, Architektur, Film über Film, aber vor allem auch politische Inhalte. Wir arbeiten sehr viel mit NGOs zusammen. Greenpeace ist dabei, die "Gesellschaft für bedrohte Völker" ist dabei. Es sind Filme, die Leuten, die sich für soziale Sachen engagieren, am Herzen liegen. Perspektivisch kann es auch andere Schwerpunkte geben.

Der Mythos vom Online-Bereich

Wie kommen die Filme zu Ihnen?

Wir gucken auf Festivals und arbeiten mit Rechtehändlern und Produzenten zusammen. Aber von zehn Filmen, die uns angeboten werden, nehmen wir nur einen. Die Sachen müssen in unser Konzept passen. Es ist ein Mythos im Online-Bereich, dass man sagt, nur weil der Film jetzt online ist, werden sich das schon Leute anschauen. Hier hilft uns unsere Kinoherkunft oder Verleihervergangenheit. Denn egal in welchem Medium man arbeitet, ob virtuell oder real, man muss immer überlegen: Wie sieht die Zielgruppe aus? Wie erfährt die Zielgruppe, dass es diesen Film gibt, dass es diese Plattform gibt? Man muss sich Strategien überlegen, und da setzen wir vor allem auf Filmemacher, die selber richtig aktiv werden. Ein gutes Beispiel ist "Totally Wire". Das ist ein Film über die Elektronik-Musikszene, ausgehend von einem Laden, der früher am Alexanderplatz war und jetzt in Prenzlauer Berg ist. Der heißt Schneiders Büro. Das ist eine Dokumentation über diese Szene, über den Laden, über die Leute, die da ein- und ausgehen. Und das ist jetzt platziert in den Internet- und Synthesiserforen, natürlich auch in den Sites, die sich um die Musiker selbst drehen. Das funktioniert sehr gut.

Verwertungsfenster sollten eng aneinander liegen

Filmplakat "El Baño" von Regisseur Gregory Cohen (Foto: realeyz.tv)
Chilenische Geschichte in einem BadezimmerBild: realeyz.tv

Einige Ihrer Filme sind zuvor auch schon im Kino gelaufen, "El Baño" zum Bespiel?

Ja, der lief auf dem One World Filmfestival, also auf einem Festival zum Thema Menschenrechte, was wir auch machen. Nicht alles, was im Online-Bereich läuft, muss alt sein. Ganz im Gegenteil. Je kürzer die Verwertungsfenster aneinander liegen - also Kino, DVD, Online - desto sinnvoller ist das für den Film. Ich halte es - ehrlich gesagt - auch für einen Mythos, dass eine Video-on-Demand- oder DVD-Veröffentlichung sich zwingend auf den Kinobesuch auswirkt. Jedenfalls nicht im Independent-Bereich. In unserem Bereich befruchten sich diese Sachen eher gegenseitig. Sogar die Fernsehausstrahlung eines Films kann sich durchaus positiv auf den Kinoerfolg auswirken.

Das Gespräch führte Bernd Sobolla

Redaktion: Conny Paul