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US-Steuergelder gehen an Taliban

25. Juli 2011

Afghanische Sicherheitsfirmen sind oft für die Nachschubwege von US-Soldaten verantwortlich. Laut US-Medien haben viele von ihnen Verbindung zu den Taliban. DW-WORLD.DE sprach mit Dr. Hans-Georg Ehrhart über das Dilemma.

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Dr. Hans-Georg Ehrhart, Leiter des Zentrum für Europäische Friedens- und Sicherheitsstudien an der Universität Hamburg.
Dr. Hans-Georg Ehrhart, Leiter des Zentrum für Europäische Friedens- und Sicherheitsstudien an der Universität Hamburg.Bild: Hans-Georg Ehrhart

DW-WORLD.DE: Herr Ehrhart, nach Medienberichten sollen die Taliban ihre Kämpfe auch zum Teil durch Steuergelder aus den USA finanziert haben. Was sagt uns dieser Vorfall über die Arbeit der amerikanischen Behörden in und für Afghanistan?

Dr. Hans-Georg Ehrhart: Das sagt uns zunächst, wie die Lage in Afghanistan ist - äußerst verworren und kompliziert. Und über die amerikanischen Behörden sagt uns das, dass sie es von Washington aus sehr schwer haben, diese Dinge zu verhindern, obwohl der Sachverhalt schon seit längerem bekannt ist.

Hängt diese Verwirrung auch damit zusammen, dass der Krieg in Afghanistan ein sogenannter "privatisierter Krieg" ist? Viele private Firmen organisieren den Krieg mit und haben vor allem ein Ziel – ihre Gewinne zu optimieren. Dabei wird nicht genau kontrolliert, wer wen wofür beauftragt.

Natürlich. Das wichtigste ist, zunächst einmal an Verträge zu kommen. Und dann kommt es darauf an, welche Firma den Vertrag bekommen hat und wie verlässlich sie ist. Denn ab einem gewissen Punkt müssen die US-Firmen mit afghanischen Sicherheitsfirmen vor Ort zusammenarbeiten. Hier beginnt ein kompliziertes Spiel: Die afghanischen Firmen sorgen durch ihre Verbindungen für Sicherheit der Transportwege. Dabei müssen sie mit der afghanischen Polizei zusammenarbeiten. Die Polizei wiederum beauftragt ihrerseits andere Firmen, die die Sicherheit der Transportwege garantieren. Ob diese sogenannten privaten Sicherheitsfirmen tatsächlich privat sind oder zum Teil zu den Taliban gehören, wird im Einzelnen nicht geprüft.

Aber wenn dieses Problem schon seit Jahren bekannt ist, warum sind die amerikanischen Behörden nicht gegen diese Praxis vorgegangen?

Sie versuchen schon, dagegen vorzugehen und sie versuchen auch, Maßnahmen zu unternehmen. Das Problem ist nur, dass man nie genau weiß, mit wem man es in Afghanistan zu tun hat. Auch langjährige Partnerfirmen können ja durchaus unterwandert sein. Ab einem gewissen Punkt muss man sich für den Transport eben Sicherheit erkaufen. Da ist es sehr schwierig, den Geldfluss zu kontrollieren.

Mit anderen Worten: Für den Transport des benötigten Nachschubs müssen auch Querfinanzierungen der Taliban in Kauf genommen werden. Ein unlösbares Problem?

Es kann bestenfalls minimiert werden. Ganz ausschließen kann man es nicht. Wir wissen ja um das große Korruptionsproblem innerhalb der afghanischen Behörden, insbesondere in Kabul.

Kann es ein Teil der Lösung sein, wenn der Transport des Nachschubs nicht mehr über Pakistan sondern Russland und Zentralasien kommt?

Das wird ja schon versucht. Die unsichere Lage im Süden des Landes hat dazu geführt, dass eine Alternativroute im Norden aufgebaut worden ist. Dadurch gibt es auch mehr Unruhen und Kämpfe im Norden, wo die Bundeswehr für die Sicherheit mit verantwortlich ist. Natürlich wird man hier versuchen bessere Partner zu gewinnen. Aber das Problem wird das gleiche bleiben. Die erkaufte Sicherheit und die Zusammenarbeit mit den afghanischen Behörden bringen Risiken mit. Das heißt, eine Querfinanzierung der Taliban kann durch die Nutzung einer Alternativroute nicht ausgeschlossen werden.

Dr. Hans-Georg Ehrhart ist Leiter des Zentrums für Europäische Friedens- und Sicherheitsstudien (ZEUS) an der Universität Hamburg.

Das Interview führte Ratbil Shamel
Redaktion: Chi Viet Giang