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Finanzinstitute mit Geldbedarf

Thomas Kohlmann / Klaudia Prevezanos27. März 2003

Die Finanzkonzerne Allianz und Hypo-Vereinsbank müssen die Kapitalmärkte um Geld anzapfen. Auch die Bilanz des weltgrößten Rückversicherers Münchener Rück für 2002 liegt unter den Erwartungen.

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Münchener Rück: Die Zeit der großen Sprünge ist vorbei

Die großen Drei aus München machen harte Zeiten durch: Für die Finanzkonzerne Allianz, Hypo-Vereinsbank und Münchener Rück dreht sich die Abwärtsspirale immer schneller. Zwar betrug der Jahresüberschuss, den die Münchener Rückversicherung am Donnerstag (27.3.2003) für 2002 bekannt gab, über eine Milliarde Euro. Doch das Gesamtergebnis liegt unter den Erwartungen der Analysten. Auch die zweitgrößte deutsche Privatbank, die Hypo-Vereinsbank, legte am Donnerstag ihre endgültigen Ergebnisse für 2002 vor: Angesichts schwacher Finanzmärkte und hoher Abschreibungen hat das Institut im vergangenen Jahr erstmals in seiner Geschichte einen Jahresverlust verzeichnet.

Langsam aber sicher wird das Geld knapp: Nach der Allianz, die in Kürze fünf Milliarden Euro am Kapitalmarkt aufnehmen wird, muss auch die Münchener Rück, der weltweit führende Rückversicherer, über eine Anleihe den Kapitalmarkt anzapfen. Bis zu drei Milliarden Euro sind im Gespräch.

Hypo-Vereinsbank wird aktiv

An Kapitalmaßnahmen wird auch die Hypo-Vereinsbank wohl nicht vorbeikommen. Seit Wochen halten sich Spekulationen über eine Zwangswandelanleihe. Eine solche Anleihe zur Geldbeschaffung kommt einer Kapitalerhöhung gleich, da sie am Ende ihrer Laufzeit automatisch in Aktien zurückgezahlt wird. Voraussichtliches Volumen: mindestens 1,5 Milliarden Euro. Seit geraumer Zeit suchen die Konzernstrategen der Hypo-Vereinsbank Käufer für ihre Töchter Norisbank und Vereins- und Westbank. Platzt der Verkauf, dürfte der Kapitalbedarf der Bank erheblich größer sein.

Am Donnerstag (27.3.2003) kündigte die Hypo-Vereinsbank zwar überraschend an, bis zu 25 Prozent ihrer Tochter Bank Austria an die Börse bringen zu wollen. Ob das ausreicht, um eine Kapitalerhöhung zu vermeiden, wird von Aktienhändlern unterschiedlich bewertet. Das Problem: Seitdem die Münchner das österreichische Geldinstitut gekauft hatten, gab der Aktienmarkt um 40 Prozent nach - und auch die Bankpapiere büßten an Wert ein. Ob die Anteile daher genug Geld einbringen ist fraglich.

Druck durch Kapitalbeteiligungen Jetzt leiden die großen Drei zudem unter Fehlern der Vergangenheit: Durch ihre gegenseitige Kapitalverflechtung ziehen sich Allianz, Hypo-Vereinsbank und Münchener Rück immer weiter in die Tiefe. Die Aktie der Münchener Rück geriet durch den Wertverfall ihres 25-Prozent-Anteils an der Hypo-Vereinsbank unter Druck. Umgekehrt litt die Münchner Großbank unter dem Kursverfall der Münchener Rück, an der sie rund 13 Prozent hält. An der Allianz besitzen beide Anteile: der Rückversicherer 20 Prozent, die Hypo-Vereinsbank immerhin 4,5 Prozent. Das Resultat: Die Kapitaldecke der drei Finanzkonzerne wird immer dünner.

Auch für Kleinaktionäre werden die Aktien der drei Unternehmen zunehmend zum Albtraum. So verlor die Allianz-Aktie, ehemals krisensicher und als "Witwen- und Waisenpapier" verspottet, seit Jahresanfang rund 40 Prozent ihres Wertes. Noch schlimmer fällt die Bilanz für Anteilseigner der Hypo-Vereinsbank aus: Sie verloren seit Anfang Januar die Hälfte ihres Geldes durch Wertverlust der Aktie um 50 Prozent. Mit minus 30 Prozent kamen da Münchener-Rück-Aktionäre geradezu glimpflich davon.

Kreditwürdigkeit leidet

Der finanzielle Druck nimmt weiter zu: Die beiden Rating-Agenturen Standard & Poor's und Moody's haben die Münchner Konzerne unter Beobachtung genommen. Selbst die immer als finanziell besonders stabil eingeschätzte Münchener Rück als Weltmarktführer ihrer Branche ist Börsen-Gerüchten zufolge akut von einer Abwertung bedroht. Kommt die Abstufung der Kreditwürdigkeit durch die Ratingagenturen, die internationale Konzerne finanziell bewerten, dann leidet nicht nur der Ruf des größten Rückversicherers der Welt. Jedesmal, wenn die Münchner den Kapitalmarkt anzapfen wollen, müssen sie noch tiefer in die Tasche greifen, denn die Zinsen für die Kreditaufnahme werden dann steigen.