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Finanzspritze für Lateinamerikas Mittelstand

Jan D. Walter28. Oktober 2014

Der Mittelstand wird für Lateinamerika immer wichtiger. Doch bisher haben kleine und mittlere Unternehmen dort Schwierigkeiten, sich zu finanzieren. Eine Finanzspritze der Europäischen Investitionsbank soll dies ändern.

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Illustration Wirtschaftswachstum in Lateinamerika
Bild: picture-alliance/dpa

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) stehen im Fokus der Lateinamerikatage 2014 (27.- 28.10.2014) in Köln. Zum Abschluss des ersten der beiden Konferenztage unterzeichneten die Präsidenten der Interamerikanischen Entwicklungsbank IDB, Luis Alberto Moreno, und der Europäischen Investitionsbank EIB, Werner Hoyer, ein Abkommen zur Förderung von KMUs. Jedes der beiden Institute verpflichtet sich, 500 Millionen Euro für transatlantische Projekte und Kooperationen zur Verfügung zu stellen.

Im Fokus der Förderung stehen Unternehmen, die im weitesten Sinne zum Klimaschutz beitragen - sei es in Form von erneuerbaren Energien, sparsamen Mobilitätskonzepte oder sonstiger Einsparung von Klimagasen.

Über die Vergabe der Kredite werden beide Banken grundsätzlich unabhängig voneinenander entscheiden. "Jede Bank hat ihre formale Prozedur, aber unsere Zusammenarbeit hat eine lange Tradition und das Vertrauen ist sehr groß", erklärte EIB-Chef Hoyer nach der Unterzeichnung. Auf einen bestimmten Zeitraum sei die Summe nicht festgelegt: "In einem Jahr ziehen wir Bilanz, und dann entscheiden wir, ob wir die Summe noch einmal aufstocken", so Hoyer.

Unterschiedliche Mittelstände

Der Mittelstand gilt als tragende Säule der deutschen Wirtschaft. Kleine und mittlere Unternehmen generieren mehr als die Hälfte der gesamten Wirtschaftsleistung der Bundesrepublik und stellen fast 60 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze.

Ganz so bedeutend sind die KMU in Lateinamerika nicht. Noch nicht, wenn es nach Bodo Liesenfeld geht: "Der lateinamerikanische Mittelstand stellt inzwischen hoch innovative Produkte her, die auch für den deutschen Markt hoch interessant wären", sagt der Vorstandsvorsitzende des Lateinamerikavereins (LAV), der das jährliche Unternehmertreffen seit 1923 ausrichtet.

Geringe Internationalisierung

"Wir müssen weg von der Entwicklungspolitik und uns darauf besinnen, die Wettbewerbsposition der europäischen Unternehmen zu stärken", stellt auch EID-Präsident Hoyer klar und fordert einen Neustart der Beziehungen zwischen der EU und den Ländern Lateinamerikas.

Ein Ansatz dazu könne die Vergabe von Krediten sein. Denn trotz ihrer Innovationskraft tun sich lateinamerikanische Unternehmen schwer, ihre Investitionen zu finanzieren. Darunter leidet ihre Expansionsfähigkeit und schlussendlich ihre Internationalisierung.

Zwar steigt ihr Anteil am Export. Bisher liegt der aber deutlich niedriger als in anderen Ländern mit vergleichbarem Pro-Kopf-Einkommen: Einer Studie der IDB zufolge verkaufen 13,4 Prozent der lateinamerikanischen KMU ihre Produkte direkt ins Ausland, in Südkorea exportieren 18,9 Prozent, in Thailand 47 Prozent und in Malaysia sogar 54,7 Prozent der Mittelständer ihre Produkte.

Schlechte Finanzierungsmöglichkeiten

Beim Exportweltmeister Deutschland sind 97,5 Prozent aller Exportunternehmen Mittelständler. Doch in Lateinamerika fehlt auch manch deutschem Mittelständler die Präsenz seiner Hausbank. "Die deutschen Privaten tun sich schwer, wirklich global zu denken", konstatiert EIB-Präsident Hoyer. Damit erschweren sie die Expansion der Unternehmen in Lateinamerika.

Das ungehobene Potenzial der lateinamerikanischen KMU macht IDB-Präsident Moreno an deren heimischen Finanzierungsmöglichkeiten fest: "Inzwischen haben zwar fast alle Banken der Region den lateinamerikanischen Mittelstand als strategisches Kundenfeld identifiziert, aber KMU müssen immer noch viele höhere Zinsen zahlen als große Konzerne, teils doppelt so hohe."

Die IDB geht davon aus, dass lateinamerikanischen KMU mehr als 100 Milliarden Euro fehlen, die sie gerne als Kredit aufnehmen würden, wenn die Konditionen es zuließen. Die eine Milliarde von IDB und EIB könnte ein Anfang sein. Vor allem aber soll sie die zuletzt etwas eingeschlafenen Beziehungen zwischen EU und Lateinamerika wiederbeleben und vertiefen.