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Finnland schwimmt gegen den Strom

André Moeller14. Juni 2002

Alle steigen aus, nur Finnland steigt ein. Im europäischen Trend gegen Atomkraft bildet das Land einen Gegenpol. Und das, obwohl es bislang als Ausstiegs-Pionier galt und anderen europäischen Staaten als Vorbild diente.

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Viel Wasser, das wenig genutzt wird: Energiepolitik in Finnland

Während sich mehrere Regierungen, nicht zuletzt die rot-grüne Koalition in Berlin, den Ausstieg aus der Nuklearenergie auf die Fahnen geschrieben haben, plant das Land im hohen Norden den Bau eines neuen Atomkraftwerks.

Erster Bauauftrag seit Tschernobyl

Unter dem Schock der Katastrophe von Tschernobyl 1986 folgten die meisten Regierungen dem Vorreiter Helsinki und legten ihre AKW-Projekte auf Eis. In Westeuropa ist als letztes neues Atomkraftwerk 1991 Golfech bei der französischen Stadt Toulouse ans Netz gegangen.

Der Bauauftrag dafür war aber bereits drei Jahre vor der Katastrophe in Tschernobyl erteilt worden. Mit der finnischen Entscheidung liegt also erstmals seit Tschernobyl wieder ein Beschluss zum Bau eines Atomkraftwerks in Westeuropa vor.

Alternative Energiegewinnung spielt fast keine Rolle

Finnland deckt 70 Prozent seines Energiebedarfs durch Importe, vor allem aus Russland ab. Das Land verfügt selbst weder über Erdöl noch über Erdgas. Bisher produzieren vier finnische Reaktoren in zwei Kraftwerken (Olkiluoto und Lovisa) 26,3 Prozent des heimischen Strombedarfs.

Der geringe verbleibende Anteil wird durch alternative Energiegewinnung (z.B. Wind, Wasserkraft) bereit gestellt. Umweltschützer sehen hier ein erhebliches Ausbaupotenzial und stützen sich dabei auf Studien unabhängiger Wissenschaftler.

Ungelöstes Problem: Atommüll

Der jetzt genehmigte Reaktor soll privat finanziert werden, zwischen 1,7 und 2,5 Milliarden Euro kosten und ab 2008 Energie liefern. Der Energiekonzern Teollisuuden Voima (TVO), der auch die anderen Atomkraftwerke betreibt, will ein Groß-Kraftwerk mit einer Nettoleistung von 1.000 bis 1.600 Megawatt und einem Wärmeeffekt von 4.300 Megawatt bauen. Schon heute liegt Finnland beim Pro-Kopf-Stromverbrauch im europäischen Spitzenfeld.

Ein Endlager gibt es in Finnland nur in Konzeptform. Dieses Konzept sieht mehrere tiefe Tunnel in Granit vor. Dazu werden in Loviisa Erkundungen durchgeführt. In Olkiluoto existiert zudem ein Zwischenlager für schwach und mittelradioaktiven Atommüll in tieferen geologischen Schichten.