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Politik

"Fire and Fury" überrollen die USA

5. Januar 2018

Donald Trump? Ein eitler, fauler Lüstling. Seine Familie? Dumm und verbrecherisch. Diese verheerende Bilanz wird in dem Buch "Fire and Fury" gezogen, das schon vor dem Erscheinen Furore machte.

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USA Vorwahlen Präsidentschaftskandidat Donald Trump in Illinois
Bild: Reuters/J. Young

"Fire and Fury: Inside the Trump White House"  - zu deutsch: "Feuer und Wut: In Trumps Weißem Haus" -  sollte ursprünglich erst am kommenden Dienstag in den USA erscheinen. Aber weil alle über das Enthüllungsbuch reden, für das der Journalist Michael Wolff mehr als 200 Interviews führte, kam es schon an diesem Freitag in die Buchhandlungen. Das Buch dürfte sich verkaufen wie geschnitten Brot, denn es bestätigt alle Klischees, die über den 45. Präsidenten der USA kursieren. Auf 320 Seiten wird Hohn und Spott über Trump ausgegossen - was dessen Sprecherin Sarah Sanders zu der Aussage verleitete, das Buch sei "Müll" und ein "Werk voller Lügen und Gerüchte".  Trumps Anwälte wollten das Erscheinen des Buches in letzter Minute verhindern. 

Cover von "Fire and Fury"
Bild: Henry Holt and Co.

Nach Wolffs Recherche wollte Trump die Wahl gar nicht gewinnen. Sein Plan war, möglichst knapp gegen seine Konkurrentin Hillary Clinton zu verlieren, um sich dann, mit neu gewonnener Popularität, wieder seinen Geschäften widmen zu können. Er dachte darüber nach, seinen eigenen TV-Sender zu starten, und seine Wahlkampfmanagerin Kellyanne Conway habe noch am Wahltag Bewerbungsgespräche für neue Jobs geführt, schreibt Wolff.

Bittere Tränen über den Wahlsieg

Doch der Plan ging bekanntlich nicht auf: "Kurz nach 20 Uhr in der Wahlnacht, als der unerwartete Trend - Trump könnte tatsächlich gewinnen - sich zu bestätigen schien, erzählte (Donald Trumps Sohn) Don Junior einem Freund, dass sein Vater aussah, als ob er einen Geist erblickt hätte." Trumps Frau Melania brach demnach unmittelbar nach dem feststehenden Wahlsieg in Tränen aus. "Melania weinte - aber nicht vor Freude", heißt es in "Fire and Fury". 

Wolff beschreibt Trump als Mensch, der keine Lust habe, sich in komplexe Inhalten einzuarbeiten: Er zitiert die ehemalige Vize-Stabschefin Katie Walsh mit der Aussage, von Trump Anweisungen über politische Pläne zu erhalten, sei so schwierig, wie die Wünsche eines Kindes herauszufinden. Außerdem lese er nicht. Schon als Kandidat habe Trump beispielsweise kein Interesse daran gehabt, etwas über die US-Verfassung zu lernen, von der er so gut wie nichts gewusst habe. "Ich bin bis zum Vierten Verfassungszusatz gekommen, bevor er seinen Finger auf seine Lippe legte und seine Augen verdrehte", sagte demnach Wahlkampfhelfer Sam Nunberg.

Mit Cheeseburger und fremden Frauen im Bett

Am liebsten verbringe der US-Präsident seine Abende im Bett (allerdings nicht im gleichen wie Melania): "Wenn er nicht um 18:30 Uhr mit Steve Bannon zu Abend aß, dann war er zu diesem Zeitpunkt im Bett mit einem Cheeseburger, beobachtete seine drei Fernseher und telefonierte", heißt es in dem Buch. In den Telefonaten soll er sich vor allem über seine unfähigen Mitarbeiter beschwert haben. So sei Steve Bannon "illoyal", sein Stabschef Reince Priebus ein "Zwerg", seine Beraterin Kellyanne Conway eine "Heulsuse" und Schwiegersohn Jared Kushner ein "Schleimer".

Apropos Bett: Mit der ehelichen Treue hält es Trump offenbar nicht so genau: "Trump sagte gern, dass eines der Dinge, die das Leben lebenswert machen, darin besteht, mit Frauen seiner Freunde ins Bett zu gehen", behauptet das Buch. Um sie dahin zu bekommen, versuchte Trump die Frauen zu überzeugen, dass ihre Männer selbst untreu wären.

Während sein sexueller Appetit groß sei, wird Trump, was das Essen angeht, in "Fire and Fury" eher als Phobiker beschrieben: "Er hatte über viele Jahre hinweg Angst, vergiftet zu werden. Das ist ein Grund, warum er gerne bei McDonalds essen wollte. Denn dort wusste niemand, dass er kommen würde und das Essen war schon sicher zubereitet", schreibt Wolff.

Das Geheimnis um die Trump-Frisur

Der Autor lüftet auch das Geheimnis um Trumps erratische Frisur, das Ivanka ihren Freundinnen beschrieben haben soll: Weil sich Trump einer Kopfhautverkleinerung unterzogen habe, habe er eine kahle Stelle, "umgeben von einem pelzigen Kreis aus Haar an den Seiten und der Stirn, von wo alle Enden zur Mitte hingezogen, dann nach hinten gestrichen und mit Haarspray fixiert werden". Die Farbe stamme von einem Produkt mit dem Namen "Just for Men" ("Nur für Männer") - je länger man es einwirken ließ, desto dunkler wurde es. Weil Trump sehr ungeduldig sei und nicht bis zum Ende der Einwirkungszeit warte, komme die orange-blonde Haarfarbe zustande.

Alles in allem wird der amtierende US-Präsident in "Fire and Fury" also als fauler, dummer, eitler Egomane geschildert. Auch seine Familie kommt schlecht weg. Der ehemalige Trump-Intimus Steve Bannon - augenscheinlich eine der Hauptquellen von Wolff - bezeichnet in dem Buch Tochter Ivanka als "dumm wie ein Ziegelstein". Sohn Donald Jr. und Schwiegersohn Kushner seien in Geldwäsche-Geschäfte verwickelt. Die Aussagen Bannons über die Russland-Treffen führten schon am Mittwoch zum endgültigen Bruch zwischen den beiden einst engen Partnern Trump und Bannon.

Doch wie wahr sind die Aussagen? Wolff gilt im politischen Washington keineswegs als unumstritten, er wurde schon mehrmals beschuldigt, seine Darstellungen zu übertreiben. Und: Nicht wenige seiner Informanten mögen ein eigenes Interesse daran haben, Trump und seine Familie zu diskreditieren. Denn die Liste der Menschen, die Trump öffentlich gedemütigt hat, ist lang. Doch Wolff und seine Lektoren dürften gut beraten sein, auf wasserdichte Quellen zurückzugreifen. Denn ansonsten könnte ihn Trumps "Feuer und Wut" ungezügelt treffen.

Kommentarbild Muno Martin
Martin Muno Digitaler Immigrant mit Interesse an Machtfragen und Populismus