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Browsermarkt

Marcus Kreutler30. März 2007

Es hat etwas von David gegen Goliath: Der Internet Explorer des Weltkonzerns Microsoft kämpft gegen das Produkt eines Freiwilligen-Projekts. Mit wirtschaftlichen Mitteln ist da nichts zu machen. Und der Riese strauchelt.

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Das Firefox-Logo
Firefox macht Microsofts Strategen Sorgen

Monopolisten sind sich ihrer Position sicher, manchmal zu sicher. Hätte den Microsoft-Strategen vor fünf Jahren jemand gesagt, dass der hauseigene Internet Explorer noch einmal ernsthaft Konkurrenz bekommt, sie hätten vermutlich herzhaft gelacht. Auf neuen Computern ist das Betriebssystem Windows meist vorinstalliert, der Internet Explorer ist auch gleich dabei. Und nennenswerte andere Unternehmen arbeiteten nicht an einem Browser - logisch, denn Geld ist in dem Geschäft nicht zu verdienen.

Heute lachen sie nicht mehr. Zwar sind Marktanteile bei Browsern nur schwer zu berechnen, aber allen Veröffentlichungen zufolge ist der Anteil des Internet-Explorers von etwa 90 auf 50 bis 60 Prozent eingebrochen. Der Grund ist das Programm Firefox: Auf dw-world.de war im Jahr 2006 schon bei 18,5 Prozent der Besuche der "Feuerfuchs" im Einsatz. Inzwischen schreiben Marktforscher dem Programm über 30 Prozent Anteil zu.

Programmieren in der Freizeit

"Der Firefox ist ein typisches Open-Source-Projekt", erklärt Thomas Hess, Lehrstuhlinhaber am Institut für Wirtschaftsinformatik und neue Medien der Universität München: "Es gibt eine Community an Entwicklern, die sich zusammenschließen und so etwas gemeinsam weiter entwickeln."

Eine eng bedruckte, ganzseitige Werbeanzeige für Firefox, Überschrift: Feuer! (Quelle: firefox.de)
2403 Spender finanzierten die ganzseitige Firefox-Anzeige in der FAZ

Das machen sie so gut, dass Branchenprimus Microsoft die weitgehend ruhenden Arbeiten an seinem Internet Explorer wieder ankurbeln musste, um technisch zu Firefox aufzuschließen. Viel Aufwand für ein Produkt, mit dem sich kein Geld verdienen lässt – schließlich sind Internet Explorer, Firefox und fast alle kleineren Konkurrenten kostenlos zu haben. Doch Microsoft möchte mit seinem Betriebssystem ein möglichst komplettes Paket für den PC bieten, das wenig Raum für Mitbewerber lässt.

Ein bisschen verrückt

Und die Firefox-Gemeinschaft? Ist es nicht ein bisschen verrückt, als offenbar hoch qualifizierter Programmierer kostenlos zu arbeiten? "Auf den ersten Blick: Ja", bestätigt Thomas Hess. Ein wichtiges Argument für die Mitarbeit an Open-Source-Projekten sei schlicht die Freude an der Arbeit – für Ökonomen ein durchaus erstaunlicher Grund. Allerdings, ergänzt Hess, wollten einige der Programmierer mit ihrer Arbeit an Open-Source-Projekten auch dem Arbeitsmarkt signalisieren, wie qualifiziert sie sind.

Neben den guten technischen Eigenschaften spielt Firefox auch noch in die Karten, dass viele Nutzer eine Abneigung gegen den Branchenriesen Microsoft haben. Das Produkt Internet Explorer hat allenfalls Kunden, das Projekt Firefox dagegen Fans, und zwar im Wortsinn: fanatische Unterstützer. Mit dem Alternativ-Browser zu surfen gehört zum guten Ton, wer mehr tun will, verteilt Flugblätter, spendet Geld für Anzeigenwerbung oder bittet den Chef, auch auf dem Firmen-PC Firefox installieren zu dürfen.

Geschichtsstunde: Der Browser-Krieg

Dass aus der Wahl zwischen zwei ähnlichen Produkten eine Glaubensfrage wird, ist indes nicht neu, und verglichen mit dem letzten großen Kampf um Marktanteile ist der Ton der aktuellen Auseinandersetzung geradezu sanft: Als der Internet-Explorer in den 90-er Jahren das Konkurrenz-Produkt von Netscape verdrängte, war vom "Browser-Krieg" die Rede.

Die Geschichte dieses "Krieges" ist schnell erzählt. Anfang der 90-er Jahre ist Netscape mit weitem Abstand Marktführer bei den Browsern, verdient mit Lizenzgebühren gutes Geld. Dann entdeckt Microsoft-Chef Bill Gates das Internet als Markt der Zukunft, lässt mit großem Aufwand den Internet Explorer entwickeln und verschenkt das Programm an die Kunden. Gleichzeitig entwickeln die beiden Konkurrenten ständig neue Standards für Webseiten, die dann mit dem Programm des Wettbewerbers nicht mehr funktionieren.

Wie Phoenix aus der Asche

Bill Gates bei einer Produktpräsentation für den Internet Explorer (Quelle: AP)
Browser-Krieger: Microsoft-Chef Bill Gates 1997Bild: AP

Netscape muss gleichziehen und sein Produkt ebenfalls gratis anbieten, doch auf Dauer gehen der Firma die Kunden und das Geld aus. 1998 veröffentlicht sie den Quellcode, also die bis dato geheimen Innereien ihres Programms. Was wie die endgültige Kapitulation aussieht, ist die Geburtsstunde von Firefox: Das Open-Source-Programm baut auf eben diesen veröffentlichten Resten von Netscape auf und trägt zu Beginn die treffende Bezeichnung "Phoenix".

Einen neuen "Krieg", diesmal zwischen Explorer und Firefox, erwartet Thomas Hess nicht. Die Betreiber von Internetseiten wollten einfach eine große Reichweite, so dass sie diese nicht mehr nur für ein Programm optimieren. Und die Hersteller hätten den Stellenwert des Browsers in den 90-ern wohl einfach zu hoch eingeschätzt, sagt Hess: "Heute ist es eine Zugangssoftware. Die Bedeutung ist nicht mehr so groß, es ist mehr ein Symbol."