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Fit für den Beitritt?

Alexander Andreev 18. Juli 2003

Das bulgarische Parlament hat die Regierung umgebildet. Die neuen Mitglieder sollen sicherstellen, dass das Land die Termine für den Beitritt zur EU einhalten kann. Der bisherige Knackpunkt ist die Justiz-Reform.

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Will sein Land EU-fit machen: Ministerpräsident Simeon SaxkoburggotskiBild: AP

Es gab nicht nur ein Stühle-Rücken innerhalb des Kabinetts, sondern auch personelle Neuerungen: Die erfolglosen Minister für Gesundheit, Verkehr, Telekommunikatio, für Bildung sowie für Notfälle müssen ihre Sessel räumen. Hinter der Regierungsumbildung in Bulgarien am Donnerstag (17. Juli 2003) steckt der wachsende innen- und außenpolitische Druck auf Ministerpräsident Simeon Saxkoburggotski.

Die Bilanz der ersten Hälfte der Regierungszeit von Ex-König Simeon Saxkoburggotski fällt mager aus. Im Wahlkampf hatte er eine Verbesserung des Wohlstands der Bevölkerung innerhalb von 800 Tagen angekündigt. Diese 800 Tage sind im Herbst um. Oppositionspolitiker kritisieren, dass sich die miserable Lage der Menschen in Bulgarien in den vergangenen zwei Jahren kaum geändert hat - trotz der vollmundigen Versprechen des Ministerpräsidenten.

Aus Fehlern lernen

Ministerpräsident Saxkoburggotski steht unter Erfolgsdruck - und versucht das mit Änderungen im Kabinett zu erreichen. Diesen Schritt kommentiert er mit den knappen Worten: "Das Wichtige ist, im Interesse des Gemeinwohls das Regieren zu optimieren und von den vielleicht begangenen Fehlern zu lernen."

Auch der Druck aus Brüssel wächst: Mitte Juli war EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen in der Hauptstadt Sofia. Er mahnte erneut und ausdrücklich die notwendigen Verfassungsänderungen im Hinblick auf den Beitritt Bulgariens in die Europäische Union (EU) an. Dabei geht es darum, den Grund- und Bodenbesitz für Ausländer zu ermöglichen und ein besseres Gleichgewicht zwischen Legislative, Judikative und Exekutive herzustellen.

Streitpunkt Justiz-Reform

Gerade die Justiz-Reform ist in Bulgarien heftig umstritten: Anfang der 1990er-Jahre hatte man, vor dem Hintergrund des jahrzehntenlangen Machtmissbrauchs der kommunistischen Regierungen, Staatsanwälten und Richtern umfangreiche Befugnisse erteilt. Sie wurden mit unverhältnismäßigen Immunitäts- und Unabsetzbarkeitsrechten geschützt, die der Gewaltenteilung nach EU-Standard keinesfalls entsprechen. So haben bulgarische Richter mehrmals eigenmächtig in wichtige Privatisierungsgeschäfte eingegriffen. Sie haben die Justiz-Reform, mit der die Regierung den Forderungen der EU-Kommission nachkommen wollte, kurzerhand für verfassungswidrig erklärt. Und bei dem Streit um die Schließung von Reaktoren im Atomkraftwerk Kosloduj hat das Oberste Verwaltungsgericht entschieden, dass die Regierung überhaupt nicht berechtigt war, die diesbezüglichen Verhandlungen mit der EU abzuschließen.

Verheugen machte klar, dass der anvisierte Beitrittstermin für Bulgarien - im Jahre 2007 - unter diesen Umständen gefährdet sei. Um im Zeitplan für den EU-Beitritt zu bleiben, muss das Land die Justiz-Reform noch in diesem Herbst durchführen.

Umplatzieren von Hauptpersonen

Doch dafür hat Ministerpräsident Sakskoburggotski noch nicht die notwendige Parlamentsmehrheit. Die Regierungsumbildung soll nicht zuletzt auch dazu dienen, die pro-europäischen Kräfte zu stärken. So hat er den bisherigen Fraktionsvorsitzenden Plamen Panajotow zum Vize-Regierungschef ernannt. Panajotow, der künftig die bulgarische EU-Politik koordinieren wird, und sein Nachfolger an der Fraktionsspitze, Stanimir Iltschew, gelten als Verfechter eines schnellen EU-Beitritts. Zusammen mit Außenminister Solomon Passy und Europaministerin Meglena Kunewa, die ihre Posten im Kabinett behalten, soll Panajotow für die Erfüllung der EU-Kriterien sorgen. Vordringliches Projekt dürfte wohl die umstrittene Justiz-Reform sein.

Die Opposition bezeichnet die Kabinettsumbildung jedoch als Augenwischerei. Der Personalwechsel sei oberflächlich - zu oberflächlich, um den Reformstillstand zu beenden. Das kritisiert auch Nadeschda Michailowa, die Vorsitzende der oppositionellen Mitte-Rechts-Partei "Union Demokratischer Kräfte": "Was wir erleben, ist nur eine Umplatzierung von Hauptpersonen. Die Minister und die Geschäftsbereiche, die am schwersten in die Kritik geraten sind, bleiben auch in der neuen Regierung bestehen."