1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Flexible Arbeitswelt macht viele krank

16. August 2012

Mobil und ständig erreichbar: Immer mehr Menschen machen Überstunden, nehmen Arbeit mit nach Hause und pendeln über weite Strecken – und werden dadurch öfter krank. Das ergab der Fehlzeiten-Report der Krankenkasse AOK.

https://p.dw.com/p/15qYa
Ein überarbeiteter Angesteller im Büro (Foto: Fotolia)
Symbolbild BurnoutBild: Fotolia/lichtmeister

Die zunehmende Flexibilisierung der Arbeitswelt in Form von wechselnden Dienstorten, vielen Überstunden oder pausenloser Erreichbarkeit lässt immer mehr Arbeitnehmer an die Grenzen ihrer psychischen Belastbarkeit stoßen. Kein Wunder, dass seit 1994 die Zahl der psychischen Erkrankungen um insgesamt 120 Prozent zugenommen hat. Das geht aus dem Fehlzeiten-Report 2012 des Wissenschaftlichen Instituts der Krankenkasse AOK hervor, der am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde.

Demnach erhält mehr als jeder dritte Erwerbstätige häufig Anrufe oder E-Mails außerhalb der Arbeitszeit (33,8 Prozent) oder leistet Überstunden (32,3 Prozent). Auch Arbeit mit nach Hause zu nehmen (12,0 Prozent) oder an Sonn- und Feiertagen zu arbeiten (10,6 Prozent), stellt kein Randphänomen mehr dar.

Psychische Beschwerden boomen

Menschen, die Beruf und Freizeit nicht miteinander vereinbaren können, klagen über mehr als doppelt so viele Symptome wie Erschöpfung, Niedergeschlagenheit oder Kopfschmerzen wie der Durchschnitt. Wer häufig private Aktivitäten wegen des Jobs verschiebt, an Sonntagen arbeitet oder viele Überstunden macht, hat häufiger psychische Beschwerden. Viele können nicht abschalten.

Insgesamt sind laut Studie rund 40 Prozent der Berufstätigen entweder Wochenendpendler, fahren täglich mindestens eine Stunde zur Arbeit oder haben ihren Wohnort aufgrund beruflicher Anforderungen gewechselt. Zwar vermeiden sie dadurch oft Arbeitslosigkeit oder sichern sich Aufstiegschancen. Doch die Belastung durch übermäßiges Pendeln gehe mit einer Zunahme von psychischen Beschwerden wie Erschöpfung oder Niedergeschlagenheit einher.

Psycho-Fehlzeiten dauern länger

Das alles macht sich bei den Fehlzeiten bemerkbar: 2011 waren Ausfallzeiten aufgrund psychischer Erkrankungen mit im Schnitt 22,5 Tagen je Fall mehr als doppelt so lange wie andere Erkrankungen mit durchschnittlich elf Tagen je Fall. "Flexibilität braucht ihre Grenzen", forderte der Report-Herausgeber Helmut Schröder.

Eine erschöpfte junge Frau sitzt vor ihrem Computer (Foto: dpa)
Zu viele Überstunden führen zu Stress und psychischen BeschwerdenBild: picture-alliance/dpa

Die kumulierten Belastungen münden der Untersuchung zufolge immer häufiger in der Diagnose "Burnout". Laut Fehlzeiten-Report wurden im Vorjahr mehr als 130.000 Menschen wegen Burnouts krankgeschrieben. Die Folge: 2,7 Millionen Fehltage. Betroffen waren insbesondere Beschäftigte in sozialen Berufen. Zudem waren Frauen häufiger betroffen als Männer.

Krankenstand insgesamt leicht gesunken

Der Fehlzeiten-Report berichtet seit 1999 auch jährlich über die Krankenstandsentwicklung. Er basiert auf den Arbeitsunfähigkeitsmeldungen von 10,8 Millionen erwerbstätigen AOK-Mitgliedern und gilt als repräsentativ.

Insgesamt ist der Krankenstand in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken und lag 2011 bei 4,7 Prozent. Im Durchschnitt dauerte eine Arbeitsunfähigkeit laut Untersuchung im vergangenen Jahr elf Tage. Dabei hat sich der Krankenstand auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau eingependelt. Die meisten der 140 Millionen Krankheitstage entfielen auf die Gruppe der Muskel- und Skeletterkrankungen (23,1 Prozent).

kle/nis (dapd, dpa, aok.de)