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Hannover Messe

23. April 2009

Die Hannover Messe ist so etwas wie das Mekka der Maschinenbau-Ingenieure und Techniker. Roboter, Maschinen, Motoren und viele neue Technologien werden hier präsentiert. Wir stellen einige der Messe-Highlights vor.

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Ein elektromechanischer Pinguin wird in Hannover auf dem Messestand der Firma Festo in ein Wasserbassin gesetzt (Foto: dpa)
Hingucker in Hannover: Ein künstlicher PingiunBild: picture-alliance/ dpa

Eine Schau wie die Hannover Messe ist sicher nichts für jedermann. An den Ständen sind Getriebeteile zu besichtigen, riesige und winzige. Roboter, große wie kleine, die stumm ihre Arbeit verrichten. Kompressoren, die vor sich hin summen - alles nicht gerade attraktiv. Aber in der Summe ergibt sich ein faszinierendes Bild: In Hannover kann man modernste Technologien für eine hocheffiziente Produktion sehen. Niemand zählt die einzelnen Exponate der über 6100 Aussteller. Aber schwimmende und fliegende künstliche Pinguine am Stand des schwäbischen High-Tech-Unternehmens Festo sind genau so ein Hingucker wie ein nagelneues Antriebssystem für Windräder.

Windkraft ganz gleichmäßig

Windrad-Antrieb der Voith Turbo Wind GmbH (Foto: DW)
Windrad-Antrieb der Voith Turbo Wind GmbHBild: DW/Böhme

Ausgedacht haben sich das die Ingenieure von Voith Turbo Wind, eine Tochter des traditionsreichen deutschen Maschinenbauers Voith aus Baden-Württemberg. Der Clou: Das Getriebe als Herzstück einer Windanlage versetzt diese in die Lage, trotz der unterschiedlichen Drehzahl der Rotoren konstante Drehzahlen an den Stromgenerator zu liefern. Geschäftsführer Andreas Basteck steht vor dem 1:1-Modell des Getriebes, nicht größer als vier Umzugskartons. "Wind bläst mal stärker, mal schwächer, demzufolge wird auch die Stromeinspeisung hoch und runter gehen." Weil die Stromkunden aber für eine vernünftige Lieferung bezahlen, "ohne dass die Wohnzimmerleuchte flackert", habe man darüber nachgedacht, wie das zu realisieren sei. Am Ende entschieden sich seine Ingenieure für eine Lösung, die in herkömmlichen Kraftwerken seit langem zum Einsatz kommt: die so genannten Synchrongeneratoren. Gewollter Nebeneffekt: Das Getriebe ist kleiner und damit auch leichter als die derzeit verwendeten Antriebssysteme.

Kostenlose Energiequelle

Der Energy Harvester der britischen Firma Perpetuum (Foto: DW)
Der Energy Harvester der britischen Firma PerpetuumBild: Henrik Böhme/DW

Das Getriebe namens Win-Drive ist übrigens schon im Einsatz: In einem Windrad in 4300 Meter Höhe in den argentinischen Anden. Nicht ganz so spektakulär ist das, was eine britische 15-Mann-Firma an ihrem sehr kleinen Stand in Hannover zeigt: Perpetuum, so der Name des vor vier Jahren gegründeten Start-Up-Unternehmens, hat einen so genannten Energy-Harvester entwickelt, der seine Energie aus der Vibration eines Elektromotors erntet. Per Magnet wird das Bauteil einfach an den Motor geheftet - und schon kann die Energie-Ernte beginnen.

Chefingenieur John Parker zählt drei Vorteile des gerade mal faustgroßen Bauteils auf. Erstens müsse man keine Batterien mehr austauschen. Der Vorteil liege auf der Hand: "Wenn Sie vielleicht 5000 Sensoren in Ihrer Fabrik haben, und Sie rechnen mit einer Batterie-Lebensdauer von zwei bis drei Jahren, dann müssen Sie täglich zehn Batterien wechseln. Mit unserem Gerät müssen Sie das nicht mehr tun." Zweitens könne man ungenutzte Energie des Motors wieder verwenden - und drittens müsse man die teilweise giftigen Batterien nicht mehr entsorgen. Und wenn Parker stolz die Namen seiner Kunden nennt, dann hört sich das an wie die Hitliste der großen Player der Industrie.

Elektroautos als Stargäste

Ein Mann nimmt den Tankstutzen aus der Elektro-Zapsäule (Foto: DW)
So einfach wie das Tanken von Benzin: Eine Elektro-Zapfsäule von RittalBild: Henrik Böhme/DW

Überhaupt ist Energie das Top-Thema in Hannover. Ganz neu: Viele Elektroautos sind zu sehen. Am Stand des Familienunternehmens Harting aus Minden in Niedersachsen ist ein Elektro-Flitzer namens "Tesla" aus Kalifornien der Publikumsmagnet, in dem Bauteile der Firma Harting zum Einsatz kommen. Ein lokaler Energieanbieter aus Oldenburg zeigt gemeinsam mit dem Autobauer Karmann den Prototypen eines selbst entwickelten Elektromobils. Und am Stand des hessischen Unternehmens Rittal gibt’s zum E-Car des jungen deutschen Unternehmens Loremo sogar die Tankstelle dazu. Frederik Horn von Rittal-Team greift beherzt zum Tankstutzen und zeigt, wie wir in vielleicht zehn oder 20 Jahren tanken werden.

Rittal, eigentlich spezialisiert auf Schaltschränke, wie sie millionenfach in den Fabriken dieser Welt stehen, will Vorreiter sein, wenn es darum geht, eine Infrastruktur für die Elektro-Mobilität aufzubauen. "Wir wollen den weiteren Standardisierungs-Prozess in Gang setzen, um eine abgestimmte Lade-Infrastruktur bereitstellen zu können, die nicht nur deutschlandweit, sondern in ganz Europa und weltweit ausgerollt werden kann." Daher habe man sich entschlossen, die Elektro-Zapfsäule hier in Hannover zu zeigen. Die Resonanz sei überwältigend, sagt Horn: "Wir werden überrannt."

Hannover Messe 2009 Elektro - Zapfsäule (Foto: DW)
Bild: DW/Böhme

Ballett der Roboter

Die Technik für das Tanken von Strom steht an der Schwelle zur Markteinführung. Die Standards für die elektrische Mobilität werden jetzt gesetzt - und wer dabei sein will, muss jetzt die richtigen Entscheidungen treffen. Schon länger fahrtüchtig als Elektroautos sind so genannte fahrerlose Systeme. Sie tun ihre Dienste in vielen Fabriken der Welt, aber auch in Krankenhäusern. Sie bringen Teile an ein Produktionsband oder das Essen ans Bett. Die jeweiligen Leitsysteme unterscheiden sich jedoch.

Ferngesteuerte Transportgeräte (Foto: DW)
Fahrerlose Fahrzeuge bitten zum TanzBild: Henrik Böhme/DW

In Hannover hat die Firma Götting, ein führender Hersteller solcher Leitsysteme aus Lehrte in Niedersachsen, erstmals verschiedene Leitsysteme zusammen auf eine Bühne gebracht. Geschäftsführer Hans-Heinrich Götting schaut sieben fahrerlosen Fahrzeugen zu, die sich wie nach einer Choreographie auf einem 100 Quadratmeter großen Parcours bewegen. Es sei nicht einfach gewesen, alle Hersteller unter einen Hut zu bringen, schließlich seien alle Konkurrenten. Aber nun, sagt der Firmenchef stolz, "fahren diese verschiedenen Technologien erstmals zusammen in einer Anlage. Das gab es weltweit bislang nicht." Ziel der Übung: mehr Flexibilität in der Produktion - und das alles praktisch unfallfrei.

Autor: Henrik Böhme

Redaktion: Zhang Danhong